Bild: L'Osservatore Romano

Freiheitsberaubung ist schwerste Entbehrung menschlichen Seins

25. Katechese zur Barmherzigkeit im Licht des Neuen Testaments von Papst Franziskus

Bild: InternetIn der Katechese bei der Generalaudienz vom Mittwoch, 9. November 2016, wurde diesmal eine Lesung aus dem Markusevangelium vorgetragen (siehe unten Mk 1,30-34). Das Leben Jesu, vor allem in diesen drei Jahren seines öffentlichen Wirkens, ist vor allem eine ständige Begegnung mit Personen. Und er hat eine besondere Aufmerksamkeit auf die Kranken gerichtet. Wieviele Seiten des Evangelium erzählen von diesen Begegnungen: der Gelähmte, der Blinde, der Leprakranke, der Besessene, der Epileptiker, unzählige Krankheiten jeder Art. Jesus hat sich ihnen genähert, hat sie geheilt mit seiner Gegenwart und der Macht seiner heilenden Kraft. Deswegen kann unter den Werken der Barmherzigkeit nicht das Werk fehlen, die Kranken zu besuchen und ihnen beizustehen. Und wir schauen auch zusammen auf dieses Werk, die Gefangenen im Gefängnis zu besuchen, ihnen nahe zu sein. Denn beiden ist gemeinsam, den Kranken und Gefangenen, dass sie ihrer Freiheit beraubt sind. Es genau das, was uns da fehlt, was uns besonders wertvoll ist. Jesus hat uns die Möglichkeiten gegeben, dass wir frei sind, trotz der Beschränkung der Krankheit oder anderen Beschränkungen. Er ermöglicht uns die Freiheit, die aus der Begegnung mit ihm stammt und die uns neuen Sinn schenkt, von dieser Begegnung, die uns zu einer persönlichen Beziehung führt. Anteilnahme ist das Wichtige, die Anteilnahme. Mit diesen Werken der Barmherzigkeit lädt uns der Herr zu diesen grossen menschlichen Geste der Anteilnahme ein. Denn wer krank ist, fühlt sich vor allem einsam. Wir können nicht verbergen, dass in unserer Zeit, besonders in der Krankheit, wir die Erfahrung machen, dass wir die Einsamkeit spüren. Und ein Besuch, kann einer kranken Person das Gefühl geben, dass sie bisschen Gesellschaft hat. Das ist die beste Medizin: ein Lächeln, eine Zärtlichkeit, ein Händedruck sind einfache Gesten, aber die sind so wichtig für diejenigen, die sich verlassen und sich selbst überlassen fühlen. Wie viele Personen besuchen Kranke in den Krankenhäusern oder in ihren Häusern? Das ist ein Werk des Ehrenamtes, das unbezahlbar ist. Wenn es im Namen des Herrn getan wird, dann wird es auch ein beredter und wirksamer Ausdruck der Barmherzigkeit. Lassen wir die Kranken nicht allein. Verhindern wir nicht, dass sie Erleichterung finden und uns, dass wir bereichert werden durch die Nähe, die wir spüren, wenn wir diesen nahe sind, die leiden. Die Krankenhäuser sind heute wahre Kathedralen des Schmerzes geworden, aber da wird auch dann die Kraft der Nächstenliebe sichtbar und deutlich, wenn jemand Mitleid zeigt und jemandem beisteht. Auf ähnlicher Ebene ist auch jemand, der im Gefängnis eingeschlossen ist. Jesus hat die auch nicht vergessen. Unter den Werken der Barmherzigkeit ist auch der Besuch der Gefangenen. Er möchte uns senden. Und vor allem sollen wir uns nicht als Richter über irgendjemanden aufspielen. Sicher, derjenigen der im Gefängnis ist, hat irgendwie gefehlt, hat das Gesetz und das mitmenschliche Zusammenleben nicht beachtet. Deswegen ist er im Gefängnis und sitzt seine Strafe ab. Aber egal, was er tut und warum er dort sitzt, er bleibt immer geliebt von Gott. Wer kann denn in das innere des Gewissens eintreten und verstehen, was derjenige dort spürt? Wer kann denn den Schmerz, Gewissensbisse und Schuldgefühle verstehen? Es ist zu leicht, sich die Hände zu waschen und einfach zu sagen, dass der einen Fehler gemacht hat. Ein Christ ist berufen, dass er sich der Aufgabe annimmt, dass derjenige, der im Gefängnis versteht, dass er gefehlt hat, dass er das Böse versteht, das er da getan hat, und sich besinnt. Die Beraubung der Freiheit ist ohne Zweifel eine der Entbehrungen, die das Schwerste ist für das menschliche Sein.  (… Forts. siehe Radio Horeb Podcast vom 9.11.2016 @ 7 min 5 sec). Die Lesung zur heutigen Katechese ist dem Markusevangelium entnommen (siehe Mk 1,30-34):

Die Schwiegermutter des Simon lag mit Fieber im Bett. Sie sprachen mit Jesus über sie, und er ging zu ihr, fasste sie an der Hand und richtete sie auf. Da wich das Fieber von ihr und sie sorgte für sie. Am Abend, als die Sonne untergegangen war, brachte man alle Kranken und Besessenen zu Jesus. Die ganze Stadt war vor der Haustür versammelt, und er heilte viele, die an allen möglichen Krankheiten litten, und trieb viele Dämonen aus. Und er verbot den Dämonen zu reden; denn sie wussten, wer er war.

Zusammenfassung der Katechese von Papst Franziskus vom 9. November 2016

Liebe Brüder und Schwestern, die Werke der Barmherzigkeit, Kranke und Gefangene zu besuchen, nehmen Menschen in den Blick, deren Freiheit eingeschränkt ist. Jesus schenkt uns die Freiheit, die von der Begegnung mit ihm kommt, die unserer persönlichen Lage neuen Sinn verleiht. Der Herr lädt uns zum Teilen von Menschlichkeit ein. Wenn wir Kranke besuchen, lindern wir ihre Einsamkeit und ihren Schmerz; sie empfangen Trost und wir selbst werden reich beschenkt. Tun wir es im Namen des Herrn, dann sind wir beredter und wirksamer Ausdruck seiner Barmherzigkeit. Gefangene zu besuchen ist uns eine Hilfe, uns nicht als Richter über andere aufzuspielen. Was auch immer jemand verbrochen hat, er ist stets von Gott geliebt. Es muss uns Christen ein Anliegen sein, den Gefangenen ihre Würde zurückzugeben, ihnen Achtung entgegenzubringen und ihnen nahe zu sein. Vergessen wir nicht, dass Jesus selbst wie auch die Apostel das Los der Gefangenschaft geteilt haben. Die Werke der Barmherzigkeit, Kranke und Gefangene zu besuchen, sind immer aktuell. Wir dürfen nicht in Gleichgültigkeit verharren, sondern wollen Werkzeug der Barmherzigkeit Gottes sein, um denen Freude und Würde zu geben, die sie verloren haben. © Copyright – Libreria Editrice Vaticana

Für die deutschsprachigen Pilger wurden folgende Grußworte auf Italienisch verlesen:

Von Herzen grüße ich die Brüder und Schwestern deutscher Sprache aus Österreich, Deutschland, aus der Schweiz und Italien sowie die Pilger aus den Niederlanden. Besonders heiße ich die Gläubigen des Bistums Osnabrück willkommen. Dieses Heilige Jahr helfe uns, unsere Gleichgültigkeit zu überwinden und Leben und Hoffnung mit denen, die leiden oder nicht frei sind, zu teilen. Der Herr erfülle euch mit seinem Frieden und seinem Segen. © Copyright – Libreria Editrice Vaticana

Weitere Hinweise und Quellen

2 thoughts on “Freiheitsberaubung ist schwerste Entbehrung menschlichen Seins”

Kommentare sind geschlossen.