Schlagwort-Archive: Sünde

Sünde (als Tat) im vollen Sinn („schwere Sünde») ist die freie, existentiell radikale Entscheidung gegen den in der Ordnung der Natur und Gnade und in der Wortoffenbarung geoffenbarten Willen Gottes (Voraussetzung: voll einsichtiges Wissen, Freiheit und sachgemäß wichtige Materie; vgl. Akt). In ihr versagt sich das Geschöpf dem Willen des Schöpfers zu den Grundstrukturen seiner Schöpfung und seines Bundes (so im Sündenbegriff des AT) und dem Willen Gottes zu seiner Selbstmitteilung an die Kreatur in der Gnade und widerspricht so auch seinem eigenen Wesen und dem Sinn seiner Freiheit, Liebe zum höchsten verwirklichten Wert, zum persönlichen Gott, zu sein. Sünde ist wesenswidrig, aber möglich, als Tatsache bezeugt in der Erfahrung der eigenen Freiheit und durch das Wort der Offenbarung (im AT: das Erheben der Hand gegen Gott, Nm 15,30 usw.). Sie partizipiert als Mysterium iniquitatis (Geheimnis der Bosheit; Böse) an dem Geheimnis, daß kreatürliche Freiheit nicht nur von Gott her, sondern auch vor und gegen Gott möglich ist trotz (und zugleich wegen) der schöpferischen Allmacht und Allwirksamkeit Gottes. Angesichts der Einheit von Gottes- und Nächstenliebe ist zu beachten, daß sich die Sünde gegen Gott und gegen die Mitmenschen (in Einheit) richtet. Der Sünder hält vor sich selbst seine Schuld in Finsternis nieder, er verdrängt sie. So sehr die schwere Sünde Wissen und Freiheit voraussetzt und sich am konkreten «Material» vollzieht, so kann diese wissende Freiheit als Schuld sich doch sehr unthematisch als totale Haltung und Befindlichkeit des personalen Grundes des Menschen vollziehen, die nicht adäquat reflektierbar sind, so daß der Mensch ein reflexes Urteil absolut sicherer Art über sich nicht fällen kann (Heilsgewißheit). Ihr Eingeständnis ist selbst schon erste Wirkung der erlösenden Offenbarung und Gnade Gottes. Als aus der Tat entspringender Zustand (habituelle Sünde, bei Paulus griechisch hamartia, die Sünde: vgl. Röm 5 ff) ist die Sünde in der realen Ordnung (von Natur und Gnade) der schuldhaft herbeigeführte, Gottes Willen widersprechende Nichtbesitz der heiligmachenden Gnade, sei es als Erbsünde, sei es als persönlich bewirkter Sündenzustand. Sünde kann nur in Freiheit und nur im Maß dieser Freiheit geschehen. Die Begierde ist Folge der Erbsünde, Anreiz zur persönlichen Sünde, aber als solche noch nicht Sünde. Wo zwar ein Verstoß gegen Gottes Willen, aber ohne genügende Freiheit (wegen unvollkommener Kenntnis oder Freiheitshemmung) oder nicht gegen ein wesentliches Moment der durch Gottes Willen sanktionierten Wertordnung geschieht, ist eine „läßliche» Sünde gegeben, durch welche die grundsätzliche Hinordnung auf Gott in der Gnade nicht aufgehoben wird. Ist das Grundwesen der (schweren) Sünde als radikales Nein gegen Gottes Willen auch immer dasselbe, so spezifiziert sie sich doch je nach dem Material aus der pluralen Wertwelt, an dem dieses Nein realisiert wird, in verschiedenen Sündenarten (Laster: vgl. Lasterkataloge). Wo die Sünde in der vollendeten Selbstverfügung des Menschen in Freiheit durch den Beschluß seines zeitlichen Lebens im Tod ihre Endgültigkeit fände, wäre sie Verdammnis (Hölle). Trotz ihres Ursprungs aus dem Freiheitsgebrauch gegen den Willen Gottes entkommt durch sie die endliche Kreatur nicht dem Willen Gottes, der an ihr seine heilige Gerechtigkeit und sein grundloses Erbarmen offenbaren kann. Der protestantische Begriff der Sünde ist durch den Gegensatz zum katholischen bestimmt: er betont die jeder Tatsünde zugrunde liegende, sündhafte Grundverfassung des Menschen, die zunächst kein moralisches Versagen durch Übertretung der göttlichen Gebote ist, sondern personaler Unglaube gegenüber Gott aus seinshafter = ererbter Selbstsucht und Ichperversion; der Mensch ist Sünder, d.h., er kann nicht Gott und den Nächsten spontan lieben, es sei denn, der Heilige Geist bekehrt ihn allein aus Gnade zum Glauben; diese Rechtfertigung beseitigt aber auf Erden nicht die Sündhaftigkeit (simul iustus et peccator). – Zur Umkehr aus der Sünde vgl. Metanoia, Reue, Taufe, Bußsakrament. kthW

Misericordia et misera – die Barmherzigkeit und die Erbärmliche

Apostolisches Schreiben zum Abschluss des Heiligen Jahres der Barmherzigkeit

Bild: EWTN livePapst Franziskus erbittet allen Lesern des Apostolischen Schreibens «Misericordia et misera» zum Abschluss des Außerordentlichen Heiligen Jahres der Barmherzigkeit «Barmherzigkeit und Frieden«. Der folgende Wortlaut in offizieller deutscher Übersetzung wurde von Radio Vatikan, Artikel 1273677, übernommen:

Misericordia et misera – die Barmherzigkeit und die Erbärmliche, das sind die beiden Worte, die der heilige Augustinus gebraucht, um die Begegnung zwischen Jesus und der Ehebrecherin zu beschreiben (vgl. Joh 8,1-11). Eine schönere und schlüssigere Formulierung als diese konnte er nicht finden, um das Geheimnis der Liebe Gottes verständlich zu machen, wenn diese dem Sünder begegnet: » Es blieben nur zwei: die Erbärmliche und die Barmherzigkeit. «[1] Wie viel Erbarmen und göttliche Gerechtigkeit liegt in dieser Erzählung! Ihre Lehre wirft ein Licht auf den Abschluss des Außerordentlichen Jubiläums der Barmherzigkeit und zeigt zugleich den Weg auf, den wir in Zukunft gehen sollen. Misericordia et misera – die Barmherzigkeit und die Erbärmliche weiterlesen

In den Armen und Geringen ist Jesus leiblich und geistig gegenwärtig

22. Katechese zur Barmherzigkeit im Licht des Neuen Testaments von Papst Franziskus

Bild: InternetIn der Katechese bei der Generalaudienz vom Mittwoch, 12. Oktober 2016, wurde diesmal wieder eine Lesung aus dem Matthäusevangelium (siehe unten Mt 25,31-36) vorgetragen.  In den vorhergehenden Katechesen haben wir uns dem grossen Geheimnis der Barmherzigkeit Gottes genähert. Wir haben das Verhalten Gott Vaters im Alten Testament betrachtet, haben die verschiedenen Evangelienabschnitte betrachtet und wir haben gesehen, wie Jesus in seinen Worten und Gesten die Fleischwerdung der Barmherzigkeit ist. Und er hat seine Jünger gelehrt: «Seid barmherzig wie der Vater.» Es ist eine Aufgabe, die das Gewissen und die Handlung jedes Christen herausfordert. Es reicht nicht, die Barmherzigkeit Gottes im eigenen Leben zu erfahren, es ist nötig, dass alle die die Barmherzigkeit empfangen, auch Zeichen und Instrument für die anderen werden. Die Barmherzigkeit ist nicht auf besondere Momente begrenzt, sondern soll die ganze tägliche Existenz ergreifen. Wie können wir Zeugen der Barmherzigkeit sein? In den Armen und Geringen ist Jesus leiblich und geistig gegenwärtig weiterlesen

Bekehrung ist immer Entdeckung der Barmherzigkeit Gottes

18. Katechese zur Barmherzigkeit im Licht des Neuen Testaments von Papst Franziskus

Bild: InternetIn der Katechese bei der Generalaudienz vom Mittwoch, 14. September 2016, wurde wieder eine Lesung aus dem Matthäusevangelium (siehe unten Mt 11,28-30) vorgetragen. Während dieses Jubiläums haben wir oft über die Tatsache nachgedacht, dass Jesus sich mit einer einzigartigen Zärtlichkeit ausdrückt: Ein Zeichen der Gegenwart und der Güte Gottes. Heute wollen wir uns mit einem Evangelium befassen, das uns sehr bewegt. Das, was wir gerade gehört haben, als Jesus gesagt hat: «Kommt alle zu mir, alle, die ihr müde seid und euch plagt und schwere Lasten zu tragen habt, ich werde euch Ruhe verschaffen. Nehmt mein Joch auf euch und lernt von mir, denn ich bin gütig und von Herzen demütig. So werdet ihr Ruhe finden für eure Seelen.» Die Einladung des Herrn ist überraschend. Er ruft gerade die Personen auf, die einfach sind, die ein schwieriges Leben haben, die dadurch beschwert sind, irgendwie. Und er verspricht ihnen, dass sie in ihm Ruhe und Erleichterung finden werden. Die Einladung, die er ausdrückt, ist im Imperativ ausgedrückt: «Kommt zu mir», «Nehmt mein Joch» und «Lernt von mir». Vielleicht alle Führer der Welt können so etwas sagen. Versuchen wir den Sinn dieser Ausdrucksart zu verstehen. Bekehrung ist immer Entdeckung der Barmherzigkeit Gottes weiterlesen

Seien wir dem barmherzigen Handeln Gottes kein Hindernis

17. Katechese zur Barmherzigkeit im Licht des Neuen Testaments von Papst Franziskus

Bild: InternetIn der Katechese bei der Generalaudienz vom Mittwoch, 7. September 2016, wurde wieder eine Lesung aus dem Matthäusevangelium (siehe unten Mt 11,2-6) vorgetragen. Die Intention des Evangelisten ist es, dass wir tiefer in das Geheimnis Jesu eintreten, um seine Güte und seine Barmherzigkeit zu erfassen. Dies ist die Szene: Johannes der Täufer, der im Gefängnis war, sendet seine Jünger zu Jesus, um ihm eine klare Frage zu stellen: «Bist du derjenige, der kommen soll, oder sollen wir auf jemand andern warten?» Er war wirklich in einem Moment der Dunkelheit. Der Täufer hatte mit Sehnsucht den Messias erwartet und in seiner Predigt hat er ihn mit einem starken Anstrich als Richter gemalt,  der letztendlich das Reich Gottes aufbaut, das Volk reinigt, die Guten belohnt und die Bösen bestraft. So hat er auch dann gepredigt: «Schon ist die Axt an die Wurzeln der Bäume gelegt. Jeder Baum, der keine gute Frucht hervorbringt, wird umgehauen und ins Feuer geworfen. Jetzt aber hat Jesus seine öffentliche Mission mit einem ganz andern Stil begonnen. Johannes leidet. Er ist in einer doppelten Dunkelheit, in einer Dunkelheit des Gefängnisses, der Zelle, und in einer Dunkelheit des Herzens. Er versteht diesen Stil nicht. Seien wir dem barmherzigen Handeln Gottes kein Hindernis weiterlesen

Jesus würdigt Menschen, die für die Gesellschaft Müll sind, und heilt sie

16. Katechese zur Barmherzigkeit im Licht des Neuen Testaments von Papst Franziskus

Bild: InternetIn der heutigen Lesung aus dem Matthäusevangelium (Mt 9,20-22) zur Katechese bei der Generalaudienz vom Mittwoch, 31. August 2016, wird uns eine Figur gezeigt, die heraussticht durch ihren Glauben und ihren Mut. Es handelt sich um die Frau, die Jesus von ihrem Blutfluss geheilt hat. Sie kommt aus der Menge des Volkes und nähert sich Jesus von hinten her, um seinen Mantelsaum zu berühren. «Denn», sagte sie zu sich selbst, «wenn es mir nur gelingt, den Saum seines Mantels zu berühren,  dann werde ich geheilt.» Wie viel Glaube hatte diese Frau? Jesus würdigt Menschen, die für die Gesellschaft Müll sind, und heilt sie weiterlesen

Oh Gott, habe Erbarmen mit mir armem Sünder!

9. Katechese zur Barmherzigkeit im Licht des Neuen Testaments von Papst Franziskus

Bild: InternetPapst Franziskus ging bei seiner Generalaudienz am Mittwoch, 1. Juni 2016, auf dem Petersplatz vom Gleichnis Jesu im 18. Kapitel des Lukasevangeliums aus, welches das Gebet eines hochmütigen Pharisäers mit dem eines zerknirschten Zöllners vergleicht. Aus der vom Herrn geschilderten Szene folgerte der Papst, dass das Gebet eine Frage der Haltung sei, denn nicht das arrogante, sondern das demütige Gebet ziehe die göttliche Barmherzigkeit auf sich. „Beide kommen in den Tempel, um zu beten, aber sie tun es auf sehr unterschiedliche Weise und bekommen gegensätzliche Ergebnisse. Der Pharisäer betet stehend und braucht viele Worte; er streicht vor allem seine eigenen Verdienste heraus und fühlt sich anderen Menschen überlegen … zum Beispiel dem Zöllner. Aber hier liegt genau das Problem: Dieser Pharisäer betet zwar zu Gott, aber in Wirklichkeit denkt er nur an sich selbst. Er betet zu sich selbst! Statt den Herrn vor Augen zu haben, hat er da einen Spiegel.“

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Niemand kann uns die Würde der Kindschaft Gottes wegnehmen

6. Katechese zur Barmherzigkeit im Licht des Neuen Testaments von Papst Franziskus

Bild: InternetIns Zentrum seiner Generalaudienz am Mittwoch, 11. Mai 2016, stellte Papst Franziskus die Bibelstelle «Das Gleichnis vom barmherzigen Vater». Mit Gott mache man keine Tauschgeschäfte, man bekomme nichts von ihm als Preis für Wohlverhalten. Stattdessen sei Gottes Barmherzigkeit überfließend und ohne jede Bedingung. Beide Söhne, der ‚verlorene Sohn’ und der ältere Bruder, entdecken die Barmherzigkeit, aber auf ganz verschiedene Weise. „Der jüngere Sohn glaubte, eine Strafe für seine Sünden verdient zu haben, der ältere Sohn erwartete eine Belohnung für seine Dienste”, fasste der Papst die Einstellung der beiden zusammen. Beide werden vom Vater überrascht. Den jüngeren Sohn überrascht der Vater zunächst mit den Worten „,Feiern wir ein Fest, denn mein Sohn war tot und lebt wieder; er war verloren und ist wiedergefunden worden´ (Lk 15,11-32), das unterbricht den Sohn in dem Augenblick, in dem er von seiner Schuld berichtet: ,ich bin es nicht würdig, dein Sohn zu sein´. Aber dieser Ausdruck ist für den Vater unerträglich.“ Niemand kann uns die Würde der Kindschaft Gottes wegnehmen weiterlesen

Der Hirte sucht seine Schafe in der Wüste der Wegwerfgesellschaft

5. Katechese zur Barmherzigkeit im Licht des Neuen Testaments von Papst Franziskus

Bild: InternetBei seiner Generalaudienz am Mittwoch, 4. Mai 2016, hat der Papst die Gläubigen einmal mehr zum Rausgehen ermuntert. Denn wenn Christen in sich selbst verschlossen seien, dann würden sie nach abgestandener Luft riechen.. Sie sollten es halten wie der Hirte im Gleichnis Jesu, der dem verlorenen Schaf nachgeht, bis er es wieder zur Herde zurückgebracht hat. „Für Gott ist niemand definitiv verloren – niemals! Gott sucht uns, bis zum letzten Moment.“ Der Hirte sucht seine Schafe in der Wüste der Wegwerfgesellschaft weiterlesen

Kein Heiliger ohne Vergangenheit, kein Sünder ohne Zukunft

2. Katechese zur Barmherzigkeit im Licht des Neuen Testaments von Papst Franziskus

Bild: InternetPapst Franziskus hat sich am Mittwoch, 13. April 2016, gegen eine „Fassaden-Religiösität“ gewandt, die „nur auf den Anschein, auf die Formen achtet, aber nicht auf den Kern der Gnade, auf das Geschenk, das (uns) gemacht wird. … Das ist, als ob man dir ein Geschenk machen würde, und du siehst nur auf das Geschenkpapier und achtest gar nicht darauf, was das eigentliche Geschenk ist!“ Vor Zehntausenden von Menschen auf dem Petersplatz sprach der Papst, passend zum Heiligen Jahr, über die göttliche Barmherzigkeit. Dabei ging er von der Berufung des Matthäus durch Jesus aus – ein Text, der ihm besonders am Herzen liegt, weil er sich analog zum Zöllner Matthäus als unwürdig Berufener fühlt.

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Christus selbst stellt sich in die Reihe der Sünder und lässt sich taufen

1. Katechese zur Barmherzigkeit im Licht des Neuen Testaments von Papst Franziskus

Bild: InternetJesus ist die reine, kostenfreie und absolute Liebe. Das betonte Papst Franziskus bei strahlendem Sonnenschein auf dem Petersplatz während seiner Generalaudienz.. Er setzte am Mittwoch, 6. April 2016, seine Katechese zum Evangelium der Barmherzigkeit fort. Nachdem er die letzten Male über die Barmherzigkeit Gottes im Alten Testament gesprochen hatte, wollte Franziskus an diesem Mittwoch über die Vollendung Jesu sprechen. „Eine Barmherzigkeit, die er stets zum Ausdruck gebracht, realisiert und kommuniziert hat, in jedem Moment seines irdischen Lebens. Indem er die Menschen traf, das Evangelium verkündete, die Kranken heilte, sich den Letzten annäherte und den Sündern vergab, macht Jesus eine für jeden offene Liebe sichtbar: keinen ausgenommen! Christus selbst stellt sich in die Reihe der Sünder und lässt sich taufen weiterlesen