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Das Opfer vergibt dem Schuldigen und hilft ihm zu Reue und Umkehr

Papst Franziskus erklärt die Lehre der Kirche zum Begriff Gerechtigkeit

Bild: InternetPapst Franziskus fuhr bei der Generalaudienz am Mittwoch, 3. Februar 2016, in seiner Katechesenreihe fort, die biblischen Grundlagen der Barmherzigkeit darzulegen. Die Heilige Schrift zeige Gott als unendliche Barmherzigkeit, aber auch als vollkommene Gerechtigkeit. Wie kann man beides in Einklang bringen, fragte Franziskus, da es sich doch anscheinend um zwei einander widersprechende Konzepte handle. Der Kern sei, dass das Böse nicht mittels Gerechtigkeit, sondern nur mit dem Guten wirklich besiegt werden könne. Gerechtigkeit wie die, die ein Übeltäter vor Gericht durch die Strafe erhalte, „besiegt in Wirklichkeit nicht das Böse, sondern begrenzt es bloß“. Die Bibel zeige also einen alternativen „Meisterweg“ auf, um in Streitfällen für Gerechtigkeit zu sorgen, fuhr Franziskus fort. Statt vor Gericht zu ziehen, solle das Opfer sich direkt dem Schuldigen zuwenden, „ihn zur Umkehr einladen, ihm dabei helfen zu verstehen, dass er etwas Böses tut, und an sein Gewissen appellieren“. Das sei etwa eine erprobte Methode der Konfliktbeilegung in Familien. Wichtig: „Niemals die Beziehung abbrechen“, riet der Papst. Die Katechese basiert auf einer Bibelstelle aus dem Buch der Sprüche (Spr 11,19-21):

Wer in der Gerechtigkeit fest steht, erlangt das Leben, wer dem Bösen nachjagt, den Tod. Verkehrte Menschen sind dem Herrn ein Gräuel, er hat Gefallen an denen, die den rechten Weg gehen. Gewiss, der Böse bleibt nicht ungestraft, doch die Söhne der Gerechten werden gerettet.

Zusammenfassung der Katechese von Papst Franziskus vom 3. Februar 2016

Liebe Brüder und Schwestern, die Heilige Schrift zeigt uns Gott als den unendlich Barmherzigen wie auch als den absolut Gerechten. Im irdischen Bereich wird die Gerechtigkeit häufig mit Hilfe des Gesetzes eingefordert, wenn z. B. das Opfer eines Übergriffs sich an einen Richter wendet. Es handelt sich um eine Art von Gerechtigkeit, nach der ein Schuldiger den Schaden, den er angerichtet hat, zu erstatten hat. Diese Regelung besiegt das Böse nicht, sondern dämmt es nur ein. Es gibt aber noch eine andere Art von Gerechtigkeit, welche die Bibel uns als den Königsweg vorstellt. Man vermeidet hier den Gang vor Gericht. Das Opfer wendet sich vielmehr selbst an den Schuldigen und lädt ihn zur Umkehr ein. Es appelliert an sein Gewissen und hilft ihm zu verstehen, dass er Böses tut. Auf diese Weise kann der Täter sich der Vergebung öffnen, die ihm vom Geschädigten angeboten wird. Nur so sind die Konflikte in unseren Beziehungen, z.B. in der Ehe, wirklich zu lösen. Dazu bedarf es natürlich seitens des Opfers einer inneren Stärke, der Bereitschaft zu vergeben und des tiefen Verlangens nach dem Seelenheil des Anderen. Aber nur so kann das Böse wirklich besiegt werden. Das ist eben auch die Weise, wie Gott gegenüber uns Sündern handelt. Der Herr will nicht unser Verderben, sondern unsere Rettung. Dies hat Jesus uns durch sein Leben und Sterben offenbart.  © Copyright – Libreria Editrice Vaticana

Für die deutschsprachigen Pilger wurden folgende Grußworte auf Italienisch verlesen:

Einen herzlichen Gruß richte ich an die Pilger deutscher Sprache, besonders an die Brüder, Schwestern und Familiaren des Deutschen Ordens, die anlässlich des 825. Ordensjubiläums nach Rom gekommen sind. Bitten wir darum, dass Jesus Christus uns fähig mache, die Vergebung des himmlischen Vaters anzunehmen und so selber unseren Mitmenschen aufrichtig zu vergeben. Der Herr segne euch und eure Familien. © Copyright – Libreria Editrice Vaticana