Archiv der Kategorie: Kirche

Kirche heisst griechisch kyriake = dem Herrn gehörig, zu ergänzen griechisch ekklesia = das hl. Volk und vor allem dessen Festversammlung, Kirche also = die heilige Gemeinde des Herrn (lat. ecclesia).

I. In der Schrift
Der Ansatzpunkt für die Herkunft einer Kirche von Jesus Christus liegt in seiner Predigt an sein Volk Israel, das er in die Basileia Gottes rufen will. Dieses Volk war das Volk Gottes, dessen Festversammlung hebräisch qahal, griechisch ekklesia hieß. Der Ruf an Israel erging zunächst innerhalb des Bundes, des Alten Testamentes; die Erwählung von zwölf Aposteln bedeutete Jesu Anspruch auf sein ganzes Volk, auf alle zwölf Stämme. In der Verwirklichung dieses Rufes benützt Jesus das in der jüdischen Umwelt seiner Zeit gebräuchliche «Material», indem er als ein religiöser Wanderlehrer seinen Schülerkreis aufbaut, wenn sich diese Gemeinde gegenüber ähnlichen Gruppen vor allem auch dadurch unterscheidet, daß auch und gerade die Sünder und Verlorenen hineinberufen werden (Mk 6,34; Mt 10,6). Nach der Ablehnung des Rufes Jesu durch große Teile Israels predigt er nicht eine spirituelle Kirche, den «heiligen Rest» einer messianischen Sondergemeinde, sondern er führt den Jüngerkreis tiefer in das Geheimnis seiner Sendung und seines Todes ein, er rechnet mit einer Zwischenzeit zwischen seinem Tod und dem enthüllten Anbruch der Basileia (vgl. Mk 2,19f; 13,9f; vor allem den Auftrag zur Wiederholung des Gedächtnismahles: 1 Kor 11,24; Lk 22,16.19f.30a; vgl. auch 22,31 f). Dieser Ansatz wird von Jesus selbst nicht weiter institutionalisiert. Von ihm aus verstehen die Schriftsteller des Neuen Testamentes jedoch die Kirche, in der sie bereits leben, vgl. die Kirchenstiftungsworte Mt 16,18f: auf dem Fundament des Petrus (das also fortdauern muß, solange der Bau dauert) will Jesus „seine Kirche“ bauen, die noch nicht Basileia ist, aber auch nicht unabhängig von ihr steht, denn dem Petrus wird die Schlüsselgewalt auf sie hin gegeben. Diese Kirche wird sich in dieser Zeit vollziehen, denn die Höllenpforten werden gegen sie anstürmen, sie aber nicht überwältigen. Dies kommt ihr zu, weil im Tod Jesu, des Ebed Jahwe, „für die vielen“ (Mk 14,24) der Neue Bund gestiftet ist und die Kirche darin als Medium des Heils für alle jene bestimmt ist, die die Basileia erben werden. Diese Kirche soll apostolisch hierarchisch geleitet sein (Lk 22,31f; Mt 18, 18; Binde- und Lösegewalt); die nähere Entfaltung und die innere Begeisterung werden das Werk des Heiligen Geistes sein, der als Paraklet von Jesus verheißen ist. Das Verhältnis zum eschatologisch unwiderruflich zugesagten Geist Gottes ist überhaupt ein wichtiges Bindeglied zwischen Jesus und der Urkirche. In diesem Geist erhält sie den Anspruch auf Israel aufrecht (Apg 2,36; 3,17-26) und eröffnet sie sich den Heiden (Apg 15,14). In der Einheit von Juden und Heiden in der Kirche sieht Paulus in seiner Kirchentheologie das Geheimnis Jesu Christi schlechthin (Eph 3,4ff). Wenn bei ihm „Kirche» auch öfters die einzelne Ortsgemeinde bezeichnen kann, so ist ihm doch letztere eine theologisch, nicht eine organisatorische Größe; in allen Schwierigkeiten der Heidenmission hält er fest an der Urgemeinde in Jerusalem, und die Gesamt-Kirche ist für ihn das eigentlich mit „Kirche» Gemeinte, das sich freilich vollzieht und repräsentiert wird von den kleinen Einzelgemeinden.

II. Theologie
1. Im ersten Wesensansatz wird Kirche am besten von dem Wesen der Offenbarung her bestimmt: sie ist die gesellschaftlich legitim verfaßte Gemeinschaft, in der durch den Glauben die eschatologisch vollendete Offenbarung in Jesus Christus als Wirklichkeit und Wahrheit für die Welt präsent bleibt. Kirche kann es daher nur im endgültigen Stadium der Offenbarung als der siegreichen Selbstmitteilung Gottes im wirksamen Wort Gottes geben, in dem als menschlichem Wort Gott sich der Welt als erbarmende Gnade endgültig zusagt, also im Wort, das an die Gemeinschaft der Glaubenden ergeht, in ihrem Bekenntnis die Zusage der Gnade zur reflexen Gegebenheit bringt und in ihr mittels ihrer amtlichen Führung (Lehramt) richtig bewahrt und entfaltet wird. Kirche ist die bleibende Präsenz des endgültigen (und darum reflex ausdrücklichen) Wortes Gottes an die Welt in der Welt und für die Welt. Da dieses Wort letztlich Jesus Christus ist, hat er durch seine Wirklichkeit die Kirche gestiftet (… II. Vat., Miss. 5: die Kirche nach der Auferstehung von Jesus gegründet).
2. Wesensgesetz. Die Kirche ist, entsprechend ihrem Wesen, als bleibende Präsenz des gottmenschlichen, gehörten und proklamierten, wirksamen Wortes Gottes in der Welt, die gewissermaßen „sakramentale» Einheit von Zeichen und Sache, die weder identifiziert noch voneinander getrennt werden können (II. Vat., Kirche l 9 48, Kirche/Welt 42 u.ö.; Ursakrament): sie ist äußere Gesellschaft, „sichtbare» Kirche mit einer Verfassung (Papst, Bischof), die – wenigstens hinsichtlich bestimmter Materialien – auf Jesus Christus zurückgeht (DS 3050ff, NR 436f), mit einer greifbaren Gemeinsamkeit des Kultes und des Bekenntnisses. Aber eben dies alles ist das Zeichen der wirksamen Zugesagtheit Gottes selbst an die Welt: seiner Wahrheit in der unfehlbaren Lehre der Kirche (Unfehlbarkeit), seiner Gnade in dem wirksamen Wort der Sakramente, seiner Liebe in der gnadenhaften Einheit der Glaubenden untereinander und in deren Dienst an der Welt. Und eben dieses, dessen wirksames Zeichen die sichtbare Kirche (in Sein und Tun) ist, gehört selbst zur Kirche.
3. In dieser doppelten Seinsweise gründet die Geschichtlichkeit der Kirche. Sie ist zwar gegenwärtig und ist doch nur eschatologisch (d.h. von der schon in Jesus Christus angebrochenen Vollendung her) zu verstehen: sie ist wanderndes Gottesvolk (1 Petr 2,10; Hebr 3,7-4,11) bis zur Wiederkunft Jesu Christi. „In ihren Sakramenten und Institutionen, die noch zu dieser Weltzeit gehören, trägt die pilgernde Kirche die Gestalt dieser Welt, die vergeht» (II. Vat., Kirche 48). Diese Geschichtlichkeit der Kirche steht nicht im Widerspruch zur Verbindlichkeit ihrer jeweiligen konkreten Erscheinung, in der allein (und nicht in einer spiritualistischen „Idealkirche») jeweils die Kirche anzutreffen ist. Die Kirche ist Geschichte, aber sie wird immer neu gegenüber dem immer drohenden Verfall gehalten vom Heiligen Geist (vgl. DS 600f 3807 f, NR 407; Heilsgeschichte), der die abgeschlossene Offenbarung je geschichtlich neu enthüllt. Der innere Dynamismus der Kirche drängt nicht nur aus Glaube und Gnade zur sakramental greifbaren Darstellung dieser inneren Wirklichkeit, sondern auch aus dieser Sakramentalität der ganzen, „sichtbaren» Kirche zurück zu Glaube und Gnade, und beide Bewegungen zusammen drängen zur endzeitlichen Vollendung. In drei Daseinsräumen also lebt die Kirche: in der Innerlichkeit des Glaubens und der Gnade, in der Sichtbarkeit repräsentierender Ämtern, sakramentaler Handlungen und in der hier und jetzt in engagierter Liebe realisierten wachsenden Anteilnahme am künftigen Äon, in dem Zeichen und Bezeichnetes nicht mehr verschieden sind.
4. Die Notwendigkeit der Kirche für das Heil des Menschen ist aus diesem ihrem „sakramentalen“ Wesen her zu verstehen: sie ist heilsnotwendig (… II. Vat., Kirche 14, Miss. 7), wie es der Glaube und die Taufe je in ihrer verschiedenen Weise sind (Begierdetaufe, Kirchengliedschaft, Heilsnotwendigkeit). In Analogie zu den in der Theologie seit langem üblichen Abstufungen der Ausdrücklichkeit in Glauben (Fides implicita) und Taufe (Votum baptismi) geht auch der Vorgang der Kirchenbildung durch verschiedene Stufen (II. Vat., Kirche 13-16, Oek. 4), doch so, daß alle diese Stufen infolge ihrer Hinordnung auf die sakramental-kirchliche Endstufe deren echte Anteile sind. Dies ist nur möglich, weil die Wirklichkeit der Kirche (ebenso wie die Jesu Christi und der Sakramente) trotz ihrer Sichtbarkeit nicht nach der Art materieller Erscheinungen determiniert ist. Sie ist eine geistig-leibliche Ausdruckswirklichkeit und hat als solche die größere Möglichkeit, in verschieden dichter Leibhaftigkeit doch streng identisch zu bleiben. So ist der Satz Cyprians «Extra Ecciesiam nulla salus» durchaus mit dem allgemeinen Heilswillen Gottes sinnvoll zu vereinen, ohne daß dabei etwa die reale Heilsmöglichkeit aller (also auch der äußerlich außerhalb der Kirche Stehenden) oder die Verbindlichkeit der Kirche geleugnet werden muß. Diese Verbindlichkeit bleibt nicht ganz unangetastet, wenn man von „außerordentlichen» und „unsichtbaren» Heilswegen und von einer Zugehörigkeit zur „Seele» der Kirche spricht. Die Struktur der Kirche läßt nach der Lehre der katholischen Kirche vom Wesen der Kirche eine solche Aufspaltung nicht zu, wohl aber (infolge ihrer sakramentalen Struktur) eine Abstufung, sofern nur ein objektiver Zusammenhang der Anteile mit der ganzen Realität gegeben ist, die sich in ihnen entfaltet, und sofern nur die Verpflichtung des Menschen zu der ganzen Wirklichkeit der Kirche unangetastet bleibt.
5. Merkmale. Als Eigentümlichkeiten und Merkmale zur Unterscheidung der wahren Kirche Jesu Christi zählt man heute gewöhnlich vier auf: a) Die katholische Kirche beansprucht für sich allein den Auftrag zur Verwirklichung der auch äußerlich sichtbar einen Kirche (Einheit der Kirche, II. Vat., Kirche 8); b) die katholische Kirche versteht sich als heilige (Heiligkeit der Kirche, II. Vat., Kirche 8 ff 39 41 48); c) die Kirche Jesu Christi muß grundsätzlich katholisch, d.i. Weltkirche sein (Katholizität der Kirche, II. Vat., Kirche 81323, Oek. 4); d) sie muß auf den Aposteln aufruhen und ihnen folgen, d.h. apostolisch sein (Apostolizität der Kirche, II. Vat., Kirche 8, Oek. 17).
6. Zur Verfassung der Kirche als äußerer Gesellschaft vgl. Apostel, Papst, Bischof, Amt, Laie, Lehramt, Hirtenamt der Kirche, Ordo, Ämteranerkennung, Successio apostolica.
7. Wesensbilder der Kirche. Nach dem Vorgang der Schrift und der Patristik spricht die Kirche ihr Wesen in Analogien und Bildern aus (so zuletzt II. Vat., Kirche 6f u.ö.), deren Bezug auf die Kirche und deren genauere Bedeutung allerdings erst aus dem Ganzen der Offenbarung erkannt werden können.
a) Der nächstliegende Vergleich entstammt dem soziologischen Bereich selber: die Kirche ist das Volk Gottes (1 Petr 2,10 u.ö.). Die Berufung zum Heil. wird in dieser Sicht zum Prinzip der Sammlung. Daß die Beziehung des Menschen zu Gott an ein äußeres und gemeinsames Handeln (bzw. Erleiden) geknüpft sei, wird im modernen Individualismus als befremdend empfunden. Doch durchzieht dieser Gedanke die ganze Heilsgeschichte (Solidaritätsprinzip). Immer war Gottes Gnade in Gemeinschaften gefaßt, angefangen von den Stammeltern (Monogenismus) über die Bundesväter Noah, Abraham und Mose bis zum Neuen Bund, in dem die „Nahen und Fernen» (Eph 2, 17) in der friedensstiftenden Kraft des Blutes Jesu Christi zusammenkommen (vgl. Mt 21,43 u.ö.). Man kann aus diesem Zusammenhang nicht ausbrechen, ohne den Weg zu eben jener Transzendenz zu verfehlen, um derentwillen man versucht und vielleicht verpflichtet ist, gegen eine illegitime Inanspruchnahme dieser Transzendenz zu protestieren.
b) In der gleichen Ebene liegt das Wort vom «Reich Gottes» (zur richtigen Anwendung dieses Wortes vgl. Basileia). Es stellt die Kirche dar als den geschichtlichen Raum der in der Öffentlichkeit sichtbaren praktischen Durchsetzung des Willens Gottes und läßt sie Vorstufe sein für jene endgültige Verfassung der Schöpfung, in der in der wirklichen Basileia „Gott alles in allem» ist.
c) Mit Paulus bzw. den „Paulinen» (1 Kor 6,15ff; Eph 1,22f: Kol 1,24) und in Übereinstimmung mit der Tradition (Klemens von Rom, Origenes, Augustinus, Bonifaz VIII.) bezeichnet sich die Kirche als den „Mystischen Leib Jesu Christi». Die Bedeutung der Lehre vom mystischen Leib Jesu Christi für das neue Kirchenbewußtsein liegt in der engeren Verbindung der Kirche mit Jesus Christus sowie in der begründeteren Solidarität der Glieder untereinander. In Bezug auf die Verbindung mit Jesus Christus kann man sagen: die Kirche ist eine Christuswirklichkeit (1 Kor 12, 13); sie ist die ausgezeichnete Weise, in der Jesus Christus nach seiner Erhöhung durch die Sendung des Heiligen Geistes (vgl. 1 Kor 10,3f; Eph 2,15.17f) in den Menschen fortlebt, die er sterbend als seinen „Leib», seine „Fülle» (Eph 4,12f) an sich gezogen hat. Sie werden ihm gleichförmig und alle zusammen „einer in Christus» (Gal 3,28). Diese Weise seines Fortlebens heißt mystisch; damit wird ihr Realitätscharakter nicht geschmälert, sondern von den sonstigen Möglichkeiten, Leib zu sein, abgehoben (z.B. in biologischer Substanzeinheit). Die Kirche ist somit eine über alles bloß Institutionelle hinausreichende, lebendige Einheit: sie bezieht sich auf Jesus Christus nicht nur als auf ihren Ursprung, sondern auch als auf den in ihr gegenwärtigen Grund ihres Lebens. Die im Bild des mystischen Leibes dargestellte Verbindung aller Gläubigen untereinander (Gemeinschaft der Heiligen), die im Essen des einen Brotes in Erscheinung tritt (1 Kor 10,17.21), begründet das Bewußtsein einer seinshaft „in Christus» (Röm 12,5) begründeten Solidarität der Glieder und wird zum Motiv für liturgische, aszetische, pfarrliche, ökumenische und soziale Forderungen.
d) Da die neutestamentliche Kirche in das Erbe des Alten Testamentes eintritt, gehen auf sie neben der allgemeinen Idee des Gottesvolkes auch die bildlichen Redewendungen der prophetischen Brautmystik über: Gott verbindet sich der erlösten Menschheit in der Zartheit und Unverbrüchlichkeit der Liebe. Nur scheinbar bleibt dieses Bild hinter dem vom mystischen Leib zurück, denn eben diese Liebe macht aus den Partnern „ein Fleisch» (Gn 2,24), und eben dieser Leib bewahrt das personale Eigensein der Glieder. Beide Bilder verbinden sich im Neuen Testament (Eph 5,23-32; Apk21,9f) und halten, sich gegenseitig ergänzend, Ehrfurcht und Innigkeit im Gleichgewicht.
e) Die gleiche dialektische Funktion hat die biblische Mischung mechanischer und organischer Bildlichkeit. Einerseits wird die Kirche einem Bau verglichen, der sich aus vielen Steinen zum Haus (1 Tim 3,15; Hebr 3,6; 1 Petr 4,17) oder Tempel (Eph 2,21f) fügt, um sich zur Stadt Gottes (Gal 4,25 f) zu vollenden. Anderseits wächst sie von innen wie eine Senfstaude, ein Weinstock oder ein Baum (Mt 13,31f; Jo 15,1-8) der Lebensfülle des Paradieses entgegen. Doch auch Stadt und Garten sind nicht sich ausschließende Gegensätze, sondern deuten an, daß die bildliche Aussage das geheimnisvolle Sein der Kirche über den Begriff der Ansammlung sowohl wie des Lebens erheben will. Zuletzt aber kann die Kirche in ihrer vom Heiligen Geist gewirkten Gesamtwirklichkeit mit keiner Kategorie des irdischen Daseins, ob bildlich oder begrifflich, erschöpft werden. Sie hat den Grund ihrer Möglichkeit „von oben» und wird dem Denken des Menschen nicht dadurch zugänglich, daß sie dies verleugnet.
8. Ortskirche und Gesamtkirche. Das II. Vat. versteht unter Ortskirche zunächst die vom Bischof geleitete Kirche (= Diözese). Theologisch bedeutet Ortskirche: Die eine ganze Kirche Jesus Christi ist gegeben und präsent in jeder Ortsgemeinde (II. Vat., Kirche 26), die konstituiert wird durch die Verkündigung des Evangeliums Jesu Christi, durch die Eucharistie und durch die praktizierte Liebe. Diese (unter Umständen sehr kleine) Ortsgemeinde ist „je an ihrem Ort» das neue Volk Gottes im Heiligen Geist (ebd.). Durch sie wird Jesus im Zeichen und im Geist Gläubigen und Ungläubigen präsent. Die Gesamtkirche baut sich aus vielen solchen (unter Umständen zerstreuten) Glaubensgemeinden der „Basis» (lokalen Zellen) auf.
9. Kirche und Staat. Die Kirche beansprucht kraft ihres Wesens eine grundsätzliche Unabhängigkeit vom Staat (sie ist an kein politisches, wirtschaftliches oder gesellschaftliches System und an keine bestimmte Kultur gebunden: II. Vat., Kirche/Welt 42 58 76). Sie erkennt Staat und bürgerliche Gesellschaft als eigenständige, von der Kirche unabhängige und autonome Größen («vollkommene Gesellschaft») durchaus an (Pluralismus). Wenn sie beansprucht, «Zeichen und Schutz der Transzendenz der menschlichen Person» zu sein (II. Vat., Kirche/Welt 76), und die objektiv auch für das öffentliche und staatliche Leben geltenden Normen des natürlichen Sittengesetzes verkündigt und Verstöße dagegen als gegen das Gewissen der Völker als solche kennzeichnet und dadurch das Gewissen ihrer Glieder bindet, so wird sie dadurch kein Oberstaat, weil die Kirche die Normen der Freiheit vor Glaubenszwang und der Toleranz auch und gerade für den weltanschaulich gemischten Staat anerkennt und nicht beansprucht, hinsichtlich des positiv in der jeweiligen geschichtlichen Situation staatlich und gesellschaftlich zu Tuenden einen konkreten Imperativ verkünden zu können. Die Kirche, die nach dem II. Vat. keine Sendung in den politischen, wirtschaftlichen oder sozialen Bereich hat (Kirche/Welt 42), weiß sich dennoch verpflichtet, aktiv «zu einer humaneren Gestaltung der Menschheitsfamilie» beizutragen (ebd. 40). Hinsichtlich des konkreten politischen Weges haben die Glieder der Kirche berechtigte Meinungsverschiedenheiten (ebd. 43 75). Damit ist natürlich nicht die Freiheit gemeint, auf der Seite der allein Besitzenden, Unterdrückern, Ausbeuter zu stehen (ebd. 63-72). Die Aufgaben der Kirche in Staat und Gesellschaft ergeben sich daraus, daß sie … auch für Ungläubige existiert und dadurch gegen Unrecht sein muß; ihre Aufgaben bestehen aber nicht in der Verteidigung ihrer Privilegien, ja noch nicht einmal ihrer „legitim erworbenen Rechte» (ebd. 76).
10. Die Haltung des reifen Christen von heute gegenüber der Kirche ist einerseits von der Einsicht der Unmöglichkeit eines absoluten religiösen Individualismus getragen: Gott will das Heil aller, und dieses Heil als Heil des ganzen Menschen verwirklicht und repräsentiert sich in allen Dimensionen des Menschen, so daß es keine solche gibt, die allein «spezifisch» religiös ist (z.B. die Innerlichkeit, das Gemüt, das Frauliche, das Kultische usw.). Und so gehört eben auch die Gesellschaftlichkeit der wirksamen Repräsentanz des göttlichen Heils zur Kirche. Darum gibt es für den Christen auch auf dem Gebiet des Religiösen keinen separatistischen Individualismus, sosehr er auch als Homo religiosus das Individuum ineffabile bleibt. Anderseits weiß der Christ mitten in seiner Treue zur Kirche als dem bleibenden Raum seines religiösen Daseins, in Gehorsam gegen ihr Lehr- und Hirtenamt, daß sie die pilgernde Kirche ist, die in ihrer Geschichtlichkeit mühsam ihren Weg durch die Zeit sucht, er erträgt sie in kritischer Loyalität und in Geduld, wie er von ihr getragen wird. Und er sieht sie als in der Geschichte von Gott aufgerichtetes Zeichen des Heils (des Friedens, der Versöhnung und der Einheit) auch für die ganze Welt, also auch für die, die ihr geschichtlich greifbar noch nicht angehören. Diese grundsätzliche und durchaus auch konkrete Bejahung der Kirche schließt nicht aus, daß der Einzelne oder eine Gruppe in dem unverfügbar gegebenen Charisma die Intention der Kirche engagiert antizipiert und sich darum nur partiell mit einer Ortskirche identifiziert, in der diese Intention nur unzulänglich realisiert ist.

Aus dem kleinen theologischen Wörterbuch (kthW) von Karl Rahner, Herbert Vorgrimler, Herder-Bücherei, 5. Auflage 1965

Papst fordert alle Christen zu Werken der Barmherzigkeit auf

Der Spendenrekord für bedrängte Christen hat im Jahr 2015 erneut zugenommen

Bild: Kirche in Not
Jan Probst, Geschäftsführer von Kirche in Not Schweiz/Fürstentum Liechtenstein

Das weltweite päpstliche Hilfswerk Kirche in Not kann erneut einen Spendenrekord verbuchen: Im Jahr 2015 wurden 135 Millionen Schweizer Franken gespendet. Das ist ein Zuwachs von 21 Millionen gegenüber dem Vorjahr. Die Wohltäter aus der Schweiz haben allein rund 11 Millionen zum Gesamtergebnis beigetragen.  Der Geschäftsführer von Kirche in Not Schweiz und Fürstentum Liechtenstein, Jan Probst, sagte dazu: „Wir können unseren Wohltätern nur ganz herzlich danken für ihre Grosszügigkeit.“ Im Jahr 2015 hat Kirche in Not in 146 Ländern weltweit über 6 200 pastorale Projekte gefördert. Das waren 13 Prozent mehr als im Vorjahr. Papst fordert alle Christen zu Werken der Barmherzigkeit auf weiterlesen

Herr Jesus, wenn du willst, kannst du machen, dass ich rein werde

12. Katechese zur Barmherzigkeit im Licht des Neuen Testaments von Papst Franziskus

Bild: L'Osservatore RomanoUnter strahlend blauem Himmel und sommerlichen Temperaturen feierten am Mittwoch, 22. Juni 2016, rund ein Dutzend ausgesuchte Flüchtlinge, die sich beim Papst niederliessen, und Tausende Gläubige die letzte Generalaudienz auf dem Petersplatz vor der Sommerpause. In seiner Katechese erklärte der Papst ausgehend vom Tagesevangelium die Heilung eines Leprakranken und betonte, dass die Berührung der Armen, der Ausgeschlossenen von der Heuchelei reinige. Der Leprakranke habe darum gebeten, von Jesus geheilt und gereinigt zu werden. Die Lepra wurde damals nämlich als Strafe Gottes aufgefaßt. Der Leprakranke breche die Regeln und begebe sich in die Stadt, um Jesus zu begegnen. Die Kraft dazu ziehe er aus dem Glauben. Wer sich an den Herrn wendet, bedürfe nicht vieler Worte. Jesus habe sich dem Leprakranken großzügig gezeigt und selbst gegen das Gesetz verstoßen, als er sich ihm genähert habe, um ihn zu heilen. Wenn wir einem Armen oder Bedürftigen eine Spende gäben, mahnte der Papst, sollten wir stets vor Augen haben, daß sich im Leid der Person das Leid Jesu zeige. Ein Christ schließe niemanden aus, bekräftigte Papst Franziskus, und hieß die Flüchtlinge, die der Vatikan aus Syrien aufgenommen hat, ausdrücklich willkommen.

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Sei Gottes Barmherzigkeit – Be God’s Mercy

Weltweiter Aufruf Papst Franziskus› aller Gläubigen zu Werken der Barmherzigkeit

Bild: Kirche in Not
Papst Franziskus besuchte am 26. September 2015 das «Benjamin Franklin Parkway» anlässlich des Welttreffens für Familien

Am Freitag, 17. Juni 2016, stellte im Saal Marconi, im Sitz von Radio Vatikan, das Päpstliche Hilfswerk Kirche in Not (Aid to the Church in Need) die internationale Spendenkampagne „Be God’s Mercy“ („Sei Gottes Barmherzigkeit“) vor. Diese Kampagne läuft vom 17. Juni bis zum 4. Oktober 2016 und dient dazu, auf der ganzen Welt zahlreiche Werke der Barmherzigkeit durchzuführen. Es handelt sich um eine Initiative, die Papst Franziskus sehr am Herzen liegt und zu der er alle Menschen über eine Videobotschaft, die während der Pressekonferenz gezeigt wurde, aufruft, „zusammen mit Kirche in Not als Antwort auf die Nöte der heutigen Zeit überall auf der Welt fortdauernde Werke der Barmherzigkeit zu üben“.
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Gleichgültigkeit und Feindseligkeit machen den Glauben taub und blind

11. Katechese zur Barmherzigkeit im Licht des Neuen Testaments von Papst Franziskus

Bild: InternetPapst Franziskus widmete seine Katechese während der Generalaudienz am 15. Juni 2016 den Menschen, die wegen physischer oder anderer Leiden von der Gesellschaft ausgeschlossen sind. Ausgehend vom Tagesevangelium legte er dar, dass damals Menschen wie dieser blinde Bettler am Straßenrand in Jericho einsam und fern von der Gesellschaft lebten. Franziskus gab zu Bedenken, dass das Bild des blinden Bettlers noch umso trauriger sei, da Jericho das Ziel nach dem Auszug aus Ägypten und die Pforte zum gelobten Land gewesen sei. In dieser prächtigen Stadt sitze dieser Bettler ganz allein und niemand habe Mitleid mit ihm. Der arme Mann erfahre Gleichgültigkeit und Ablehnung durch die Menschen, die auch blind für ihre Brüder seien und in ihm nicht den Herrn zu erkennen vermochten. Als Jesus in die Stadt komme, sei ausgerechnet nur der Blinde in der Lage, in ihm den Herrn zu sehen. Mit dieser Geste der Heilung bewirkte Jesus, den Ausgeschlossenen in den Mittelpunkt aller zu stellen. Der Glaube hat dem Blinden die Augen geöffnet. Durch die Begegnung mit der Barmherzigkeit versammelten sich alle um den Herrn und sahen, wer Trost und Hilfe benötige. Der Blinde folgte schließlich Jesus und wurde zu einem Glaubensboten. Auf diese Weise werde auch das Volk bekehrt und sehend. Gleichgültigkeit und Feindseligkeit machen den Glauben taub und blind weiterlesen

Iuvenescit Ecclesia

Schreiben Iuvenescit Ecclesia der Glaubenskongregation an die Bischöfe

Hier sehen (YouTube) und lesen (Blog) Sie das gesamte Schreiben Iuvenescit Ecclesia an die Bischöfe der katholischen Kirche über die Beziehung zwischen hierarchischen und charismatischen Gaben im Leben und in der Sendung der Kirche.

Präsentationsvideo in italienischer Sprache:

Erklärungsvideo in deutscher Sprache:

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Dem Herrn dienen heisst, sein Wort hören und in die Tat umsetzen

10. Katechese zur Barmherzigkeit im Licht des Neuen Testaments von Papst Franziskus

Bild: InternetDie Hochzeit von Kana, von der das Johannesevangelium (siehe weiter unten) erzählt, ist weit mehr als das erste von Jesus überlieferte Wunder: „In Kana werden die Jünger Jesu seine Familie, und in Kana wird der Glaube der Kirche geboren.” Dies sagte Papst Franziskus in seiner Katechese zur Generalaudienz am Mittwoch, 8. Juni 2016, die er bei strahlendem Wetter für Tausende von Pilgern auf dem Petersplatz hielt. Die Tatsache, dass Jesus gemeinsam mit seinen Jüngern auf der Hochzeit von Kana erscheine und erstmals öffentlich ein Wunder vollbringe, sei der „Startschuss“ für sein Wirken, so Franziskus: Dem Herrn dienen heisst, sein Wort hören und in die Tat umsetzen weiterlesen

Die Jungen wollen wirklich glauben und Christen sein

Bischof Clemens Pickel aus Saratow weilt vom 10. bis 14. Juni 2016 in der Schweiz

Bild: Kirche in Not
Clemens Pickel wurde schon mit 36 Jahren zum Bischof von Südrussland geweiht

Clemens Pickel, 1961 geboren im deutschen Bundesland Sachsen, wurde bereits mit 36 Jahren zum Bischof von Südrussland geweiht. Seine Diözese St. Clemens mit Sitz in Saratow ist mit 1,4 Millionen Quadratkilometern rund 35 Mal grösser als die Schweiz. In diesem riesigen Bistum wirken 42 Priester aus zwölf verschiedenen Ländern, 68 Ordensschwestern und -brüder aus 21 unterschiedlichen Staaten. Sie betreuen rund 21500 Katholiken. Die Jungen wollen wirklich glauben und Christen sein weiterlesen

Oh Gott, habe Erbarmen mit mir armem Sünder!

9. Katechese zur Barmherzigkeit im Licht des Neuen Testaments von Papst Franziskus

Bild: InternetPapst Franziskus ging bei seiner Generalaudienz am Mittwoch, 1. Juni 2016, auf dem Petersplatz vom Gleichnis Jesu im 18. Kapitel des Lukasevangeliums aus, welches das Gebet eines hochmütigen Pharisäers mit dem eines zerknirschten Zöllners vergleicht. Aus der vom Herrn geschilderten Szene folgerte der Papst, dass das Gebet eine Frage der Haltung sei, denn nicht das arrogante, sondern das demütige Gebet ziehe die göttliche Barmherzigkeit auf sich. „Beide kommen in den Tempel, um zu beten, aber sie tun es auf sehr unterschiedliche Weise und bekommen gegensätzliche Ergebnisse. Der Pharisäer betet stehend und braucht viele Worte; er streicht vor allem seine eigenen Verdienste heraus und fühlt sich anderen Menschen überlegen … zum Beispiel dem Zöllner. Aber hier liegt genau das Problem: Dieser Pharisäer betet zwar zu Gott, aber in Wirklichkeit denkt er nur an sich selbst. Er betet zu sich selbst! Statt den Herrn vor Augen zu haben, hat er da einen Spiegel.“

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Wo der Glaube an Christus über Leben und Tod entscheidet

Monsignore László Wonerth besucht vom 28. Mai bis 5. Juni 2016 in der Schweiz

Bild: Kirche in Not
Msgr. László Wonerth aus Rumänien

Der rumänische Geistliche Monsignore (Msgr.) László Wonerth besucht wie im vergangenen Jahr 2015 wieder die Schweiz, und zwar vom 28. Mai bis 5. Juni 2016. Er reist als Gast des Hilfswerks Kirche in Not in verschiedene Pfarreien, in denen er Gottesdienste feiert. Msgr. Wonerth machte seine eigenen Erfahrungen mit dem Kommunismus. Heute stellen die fehlenden Finanzen in der Kirche Rumäniens eine grosse Herausforderung dar. Manchmal haben wir den Eindruck, dass unser Glaube matt und im Alltag bedeutungslos ist. In manchen Ländern aber entscheidet die Glaubenszugehörigkeit über Leben und Tod. Bis vor 25 Jahren erlebten auch viele Christen in Osteuropa Verfolgung, so auch in Rumänien.

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Gott Vater erhört seine Kinder immer, ohne zu zögern, wie er will

8. Katechese zur Barmherzigkeit im Licht des Neuen Testaments von Papst Franziskus

Bild: InternetIn Fortführung seiner Katechesenreihe über die Barmherzigkeit beleuchtete Papst Franziskus bei der Generalaudienz am Mittwoch, 25. Mai 2016, das Gebet als Quelle der Barmherzigkeit. „Immer erhört Gott die Bitten seiner Kinder, aber nicht immer zu der Zeit und in der Weise, wie wir es wünschen”. Der Papst griff diese oft gemachte Erfahrung gläubiger Menschen auf und verwies auf das Gleichnis von der Witwe und dem ungerechten Richter (Lk 18,1-8). Witwen, Waisen und Ausländer, „Migranten“, zählten zu den Schwächsten der Gesellschaft. Durch die Beharrlichkeit ihres Bittens bringt jedoch die Witwe den Richter dazu, ihr zu ihrem Recht zu verhelfen. Jesus hebt zweierlei an diesem Gleichnis hervor: Der barmherzige Gott ist natürlich das Gegenteil dieses ungerechten Richters; um wie viel mehr also wird Gott als guter und gerechter Vater die Gebete erhören. Deshalb ermahnt Jesus dazu, „unermüdlich zu beten“, auch über Momente der Entmutigung hinaus. Jesus selbst sei Vorbild für das inständige Gebet, sagte der Papst unter Verweis auf den Garten Getsemani, als Jesus sich dem Vater ganz anvertraute, so der Papst: Gott Vater erhört seine Kinder immer, ohne zu zögern, wie er will weiterlesen