Kirche heisst griechisch kyriake = dem Herrn gehörig, zu ergänzen griechisch ekklesia = das hl. Volk und vor allem dessen Festversammlung, Kirche also = die heilige Gemeinde des Herrn (lat. ecclesia).
I. In der Schrift
Der Ansatzpunkt für die Herkunft einer Kirche von Jesus Christus liegt in seiner Predigt an sein Volk Israel, das er in die Basileia Gottes rufen will. Dieses Volk war das Volk Gottes, dessen Festversammlung hebräisch qahal, griechisch ekklesia hieß. Der Ruf an Israel erging zunächst innerhalb des Bundes, des Alten Testamentes; die Erwählung von zwölf Aposteln bedeutete Jesu Anspruch auf sein ganzes Volk, auf alle zwölf Stämme. In der Verwirklichung dieses Rufes benützt Jesus das in der jüdischen Umwelt seiner Zeit gebräuchliche «Material», indem er als ein religiöser Wanderlehrer seinen Schülerkreis aufbaut, wenn sich diese Gemeinde gegenüber ähnlichen Gruppen vor allem auch dadurch unterscheidet, daß auch und gerade die Sünder und Verlorenen hineinberufen werden (Mk 6,34; Mt 10,6). Nach der Ablehnung des Rufes Jesu durch große Teile Israels predigt er nicht eine spirituelle Kirche, den «heiligen Rest» einer messianischen Sondergemeinde, sondern er führt den Jüngerkreis tiefer in das Geheimnis seiner Sendung und seines Todes ein, er rechnet mit einer Zwischenzeit zwischen seinem Tod und dem enthüllten Anbruch der Basileia (vgl. Mk 2,19f; 13,9f; vor allem den Auftrag zur Wiederholung des Gedächtnismahles: 1 Kor 11,24; Lk 22,16.19f.30a; vgl. auch 22,31 f). Dieser Ansatz wird von Jesus selbst nicht weiter institutionalisiert. Von ihm aus verstehen die Schriftsteller des Neuen Testamentes jedoch die Kirche, in der sie bereits leben, vgl. die Kirchenstiftungsworte Mt 16,18f: auf dem Fundament des Petrus (das also fortdauern muß, solange der Bau dauert) will Jesus „seine Kirche“ bauen, die noch nicht Basileia ist, aber auch nicht unabhängig von ihr steht, denn dem Petrus wird die Schlüsselgewalt auf sie hin gegeben. Diese Kirche wird sich in dieser Zeit vollziehen, denn die Höllenpforten werden gegen sie anstürmen, sie aber nicht überwältigen. Dies kommt ihr zu, weil im Tod Jesu, des Ebed Jahwe, „für die vielen“ (Mk 14,24) der Neue Bund gestiftet ist und die Kirche darin als Medium des Heils für alle jene bestimmt ist, die die Basileia erben werden. Diese Kirche soll apostolisch hierarchisch geleitet sein (Lk 22,31f; Mt 18, 18; Binde- und Lösegewalt); die nähere Entfaltung und die innere Begeisterung werden das Werk des Heiligen Geistes sein, der als Paraklet von Jesus verheißen ist. Das Verhältnis zum eschatologisch unwiderruflich zugesagten Geist Gottes ist überhaupt ein wichtiges Bindeglied zwischen Jesus und der Urkirche. In diesem Geist erhält sie den Anspruch auf Israel aufrecht (Apg 2,36; 3,17-26) und eröffnet sie sich den Heiden (Apg 15,14). In der Einheit von Juden und Heiden in der Kirche sieht Paulus in seiner Kirchentheologie das Geheimnis Jesu Christi schlechthin (Eph 3,4ff). Wenn bei ihm „Kirche» auch öfters die einzelne Ortsgemeinde bezeichnen kann, so ist ihm doch letztere eine theologisch, nicht eine organisatorische Größe; in allen Schwierigkeiten der Heidenmission hält er fest an der Urgemeinde in Jerusalem, und die Gesamt-Kirche ist für ihn das eigentlich mit „Kirche» Gemeinte, das sich freilich vollzieht und repräsentiert wird von den kleinen Einzelgemeinden.
II. Theologie
1. Im ersten Wesensansatz wird Kirche am besten von dem Wesen der Offenbarung her bestimmt: sie ist die gesellschaftlich legitim verfaßte Gemeinschaft, in der durch den Glauben die eschatologisch vollendete Offenbarung in Jesus Christus als Wirklichkeit und Wahrheit für die Welt präsent bleibt. Kirche kann es daher nur im endgültigen Stadium der Offenbarung als der siegreichen Selbstmitteilung Gottes im wirksamen Wort Gottes geben, in dem als menschlichem Wort Gott sich der Welt als erbarmende Gnade endgültig zusagt, also im Wort, das an die Gemeinschaft der Glaubenden ergeht, in ihrem Bekenntnis die Zusage der Gnade zur reflexen Gegebenheit bringt und in ihr mittels ihrer amtlichen Führung (Lehramt) richtig bewahrt und entfaltet wird. Kirche ist die bleibende Präsenz des endgültigen (und darum reflex ausdrücklichen) Wortes Gottes an die Welt in der Welt und für die Welt. Da dieses Wort letztlich Jesus Christus ist, hat er durch seine Wirklichkeit die Kirche gestiftet (… II. Vat., Miss. 5: die Kirche nach der Auferstehung von Jesus gegründet).
2. Wesensgesetz. Die Kirche ist, entsprechend ihrem Wesen, als bleibende Präsenz des gottmenschlichen, gehörten und proklamierten, wirksamen Wortes Gottes in der Welt, die gewissermaßen „sakramentale» Einheit von Zeichen und Sache, die weder identifiziert noch voneinander getrennt werden können (II. Vat., Kirche l 9 48, Kirche/Welt 42 u.ö.; Ursakrament): sie ist äußere Gesellschaft, „sichtbare» Kirche mit einer Verfassung (Papst, Bischof), die – wenigstens hinsichtlich bestimmter Materialien – auf Jesus Christus zurückgeht (DS 3050ff, NR 436f), mit einer greifbaren Gemeinsamkeit des Kultes und des Bekenntnisses. Aber eben dies alles ist das Zeichen der wirksamen Zugesagtheit Gottes selbst an die Welt: seiner Wahrheit in der unfehlbaren Lehre der Kirche (Unfehlbarkeit), seiner Gnade in dem wirksamen Wort der Sakramente, seiner Liebe in der gnadenhaften Einheit der Glaubenden untereinander und in deren Dienst an der Welt. Und eben dieses, dessen wirksames Zeichen die sichtbare Kirche (in Sein und Tun) ist, gehört selbst zur Kirche.
3. In dieser doppelten Seinsweise gründet die Geschichtlichkeit der Kirche. Sie ist zwar gegenwärtig und ist doch nur eschatologisch (d.h. von der schon in Jesus Christus angebrochenen Vollendung her) zu verstehen: sie ist wanderndes Gottesvolk (1 Petr 2,10; Hebr 3,7-4,11) bis zur Wiederkunft Jesu Christi. „In ihren Sakramenten und Institutionen, die noch zu dieser Weltzeit gehören, trägt die pilgernde Kirche die Gestalt dieser Welt, die vergeht» (II. Vat., Kirche 48). Diese Geschichtlichkeit der Kirche steht nicht im Widerspruch zur Verbindlichkeit ihrer jeweiligen konkreten Erscheinung, in der allein (und nicht in einer spiritualistischen „Idealkirche») jeweils die Kirche anzutreffen ist. Die Kirche ist Geschichte, aber sie wird immer neu gegenüber dem immer drohenden Verfall gehalten vom Heiligen Geist (vgl. DS 600f 3807 f, NR 407; Heilsgeschichte), der die abgeschlossene Offenbarung je geschichtlich neu enthüllt. Der innere Dynamismus der Kirche drängt nicht nur aus Glaube und Gnade zur sakramental greifbaren Darstellung dieser inneren Wirklichkeit, sondern auch aus dieser Sakramentalität der ganzen, „sichtbaren» Kirche zurück zu Glaube und Gnade, und beide Bewegungen zusammen drängen zur endzeitlichen Vollendung. In drei Daseinsräumen also lebt die Kirche: in der Innerlichkeit des Glaubens und der Gnade, in der Sichtbarkeit repräsentierender Ämtern, sakramentaler Handlungen und in der hier und jetzt in engagierter Liebe realisierten wachsenden Anteilnahme am künftigen Äon, in dem Zeichen und Bezeichnetes nicht mehr verschieden sind.
4. Die Notwendigkeit der Kirche für das Heil des Menschen ist aus diesem ihrem „sakramentalen“ Wesen her zu verstehen: sie ist heilsnotwendig (… II. Vat., Kirche 14, Miss. 7), wie es der Glaube und die Taufe je in ihrer verschiedenen Weise sind (Begierdetaufe, Kirchengliedschaft, Heilsnotwendigkeit). In Analogie zu den in der Theologie seit langem üblichen Abstufungen der Ausdrücklichkeit in Glauben (Fides implicita) und Taufe (Votum baptismi) geht auch der Vorgang der Kirchenbildung durch verschiedene Stufen (II. Vat., Kirche 13-16, Oek. 4), doch so, daß alle diese Stufen infolge ihrer Hinordnung auf die sakramental-kirchliche Endstufe deren echte Anteile sind. Dies ist nur möglich, weil die Wirklichkeit der Kirche (ebenso wie die Jesu Christi und der Sakramente) trotz ihrer Sichtbarkeit nicht nach der Art materieller Erscheinungen determiniert ist. Sie ist eine geistig-leibliche Ausdruckswirklichkeit und hat als solche die größere Möglichkeit, in verschieden dichter Leibhaftigkeit doch streng identisch zu bleiben. So ist der Satz Cyprians «Extra Ecciesiam nulla salus» durchaus mit dem allgemeinen Heilswillen Gottes sinnvoll zu vereinen, ohne daß dabei etwa die reale Heilsmöglichkeit aller (also auch der äußerlich außerhalb der Kirche Stehenden) oder die Verbindlichkeit der Kirche geleugnet werden muß. Diese Verbindlichkeit bleibt nicht ganz unangetastet, wenn man von „außerordentlichen» und „unsichtbaren» Heilswegen und von einer Zugehörigkeit zur „Seele» der Kirche spricht. Die Struktur der Kirche läßt nach der Lehre der katholischen Kirche vom Wesen der Kirche eine solche Aufspaltung nicht zu, wohl aber (infolge ihrer sakramentalen Struktur) eine Abstufung, sofern nur ein objektiver Zusammenhang der Anteile mit der ganzen Realität gegeben ist, die sich in ihnen entfaltet, und sofern nur die Verpflichtung des Menschen zu der ganzen Wirklichkeit der Kirche unangetastet bleibt.
5. Merkmale. Als Eigentümlichkeiten und Merkmale zur Unterscheidung der wahren Kirche Jesu Christi zählt man heute gewöhnlich vier auf: a) Die katholische Kirche beansprucht für sich allein den Auftrag zur Verwirklichung der auch äußerlich sichtbar einen Kirche (Einheit der Kirche, II. Vat., Kirche 8); b) die katholische Kirche versteht sich als heilige (Heiligkeit der Kirche, II. Vat., Kirche 8 ff 39 41 48); c) die Kirche Jesu Christi muß grundsätzlich katholisch, d.i. Weltkirche sein (Katholizität der Kirche, II. Vat., Kirche 81323, Oek. 4); d) sie muß auf den Aposteln aufruhen und ihnen folgen, d.h. apostolisch sein (Apostolizität der Kirche, II. Vat., Kirche 8, Oek. 17).
6. Zur Verfassung der Kirche als äußerer Gesellschaft vgl. Apostel, Papst, Bischof, Amt, Laie, Lehramt, Hirtenamt der Kirche, Ordo, Ämteranerkennung, Successio apostolica.
7. Wesensbilder der Kirche. Nach dem Vorgang der Schrift und der Patristik spricht die Kirche ihr Wesen in Analogien und Bildern aus (so zuletzt II. Vat., Kirche 6f u.ö.), deren Bezug auf die Kirche und deren genauere Bedeutung allerdings erst aus dem Ganzen der Offenbarung erkannt werden können.
a) Der nächstliegende Vergleich entstammt dem soziologischen Bereich selber: die Kirche ist das Volk Gottes (1 Petr 2,10 u.ö.). Die Berufung zum Heil. wird in dieser Sicht zum Prinzip der Sammlung. Daß die Beziehung des Menschen zu Gott an ein äußeres und gemeinsames Handeln (bzw. Erleiden) geknüpft sei, wird im modernen Individualismus als befremdend empfunden. Doch durchzieht dieser Gedanke die ganze Heilsgeschichte (Solidaritätsprinzip). Immer war Gottes Gnade in Gemeinschaften gefaßt, angefangen von den Stammeltern (Monogenismus) über die Bundesväter Noah, Abraham und Mose bis zum Neuen Bund, in dem die „Nahen und Fernen» (Eph 2, 17) in der friedensstiftenden Kraft des Blutes Jesu Christi zusammenkommen (vgl. Mt 21,43 u.ö.). Man kann aus diesem Zusammenhang nicht ausbrechen, ohne den Weg zu eben jener Transzendenz zu verfehlen, um derentwillen man versucht und vielleicht verpflichtet ist, gegen eine illegitime Inanspruchnahme dieser Transzendenz zu protestieren.
b) In der gleichen Ebene liegt das Wort vom «Reich Gottes» (zur richtigen Anwendung dieses Wortes vgl. Basileia). Es stellt die Kirche dar als den geschichtlichen Raum der in der Öffentlichkeit sichtbaren praktischen Durchsetzung des Willens Gottes und läßt sie Vorstufe sein für jene endgültige Verfassung der Schöpfung, in der in der wirklichen Basileia „Gott alles in allem» ist.
c) Mit Paulus bzw. den „Paulinen» (1 Kor 6,15ff; Eph 1,22f: Kol 1,24) und in Übereinstimmung mit der Tradition (Klemens von Rom, Origenes, Augustinus, Bonifaz VIII.) bezeichnet sich die Kirche als den „Mystischen Leib Jesu Christi». Die Bedeutung der Lehre vom mystischen Leib Jesu Christi für das neue Kirchenbewußtsein liegt in der engeren Verbindung der Kirche mit Jesus Christus sowie in der begründeteren Solidarität der Glieder untereinander. In Bezug auf die Verbindung mit Jesus Christus kann man sagen: die Kirche ist eine Christuswirklichkeit (1 Kor 12, 13); sie ist die ausgezeichnete Weise, in der Jesus Christus nach seiner Erhöhung durch die Sendung des Heiligen Geistes (vgl. 1 Kor 10,3f; Eph 2,15.17f) in den Menschen fortlebt, die er sterbend als seinen „Leib», seine „Fülle» (Eph 4,12f) an sich gezogen hat. Sie werden ihm gleichförmig und alle zusammen „einer in Christus» (Gal 3,28). Diese Weise seines Fortlebens heißt mystisch; damit wird ihr Realitätscharakter nicht geschmälert, sondern von den sonstigen Möglichkeiten, Leib zu sein, abgehoben (z.B. in biologischer Substanzeinheit). Die Kirche ist somit eine über alles bloß Institutionelle hinausreichende, lebendige Einheit: sie bezieht sich auf Jesus Christus nicht nur als auf ihren Ursprung, sondern auch als auf den in ihr gegenwärtigen Grund ihres Lebens. Die im Bild des mystischen Leibes dargestellte Verbindung aller Gläubigen untereinander (Gemeinschaft der Heiligen), die im Essen des einen Brotes in Erscheinung tritt (1 Kor 10,17.21), begründet das Bewußtsein einer seinshaft „in Christus» (Röm 12,5) begründeten Solidarität der Glieder und wird zum Motiv für liturgische, aszetische, pfarrliche, ökumenische und soziale Forderungen.
d) Da die neutestamentliche Kirche in das Erbe des Alten Testamentes eintritt, gehen auf sie neben der allgemeinen Idee des Gottesvolkes auch die bildlichen Redewendungen der prophetischen Brautmystik über: Gott verbindet sich der erlösten Menschheit in der Zartheit und Unverbrüchlichkeit der Liebe. Nur scheinbar bleibt dieses Bild hinter dem vom mystischen Leib zurück, denn eben diese Liebe macht aus den Partnern „ein Fleisch» (Gn 2,24), und eben dieser Leib bewahrt das personale Eigensein der Glieder. Beide Bilder verbinden sich im Neuen Testament (Eph 5,23-32; Apk21,9f) und halten, sich gegenseitig ergänzend, Ehrfurcht und Innigkeit im Gleichgewicht.
e) Die gleiche dialektische Funktion hat die biblische Mischung mechanischer und organischer Bildlichkeit. Einerseits wird die Kirche einem Bau verglichen, der sich aus vielen Steinen zum Haus (1 Tim 3,15; Hebr 3,6; 1 Petr 4,17) oder Tempel (Eph 2,21f) fügt, um sich zur Stadt Gottes (Gal 4,25 f) zu vollenden. Anderseits wächst sie von innen wie eine Senfstaude, ein Weinstock oder ein Baum (Mt 13,31f; Jo 15,1-8) der Lebensfülle des Paradieses entgegen. Doch auch Stadt und Garten sind nicht sich ausschließende Gegensätze, sondern deuten an, daß die bildliche Aussage das geheimnisvolle Sein der Kirche über den Begriff der Ansammlung sowohl wie des Lebens erheben will. Zuletzt aber kann die Kirche in ihrer vom Heiligen Geist gewirkten Gesamtwirklichkeit mit keiner Kategorie des irdischen Daseins, ob bildlich oder begrifflich, erschöpft werden. Sie hat den Grund ihrer Möglichkeit „von oben» und wird dem Denken des Menschen nicht dadurch zugänglich, daß sie dies verleugnet.
8. Ortskirche und Gesamtkirche. Das II. Vat. versteht unter Ortskirche zunächst die vom Bischof geleitete Kirche (= Diözese). Theologisch bedeutet Ortskirche: Die eine ganze Kirche Jesus Christi ist gegeben und präsent in jeder Ortsgemeinde (II. Vat., Kirche 26), die konstituiert wird durch die Verkündigung des Evangeliums Jesu Christi, durch die Eucharistie und durch die praktizierte Liebe. Diese (unter Umständen sehr kleine) Ortsgemeinde ist „je an ihrem Ort» das neue Volk Gottes im Heiligen Geist (ebd.). Durch sie wird Jesus im Zeichen und im Geist Gläubigen und Ungläubigen präsent. Die Gesamtkirche baut sich aus vielen solchen (unter Umständen zerstreuten) Glaubensgemeinden der „Basis» (lokalen Zellen) auf.
9. Kirche und Staat. Die Kirche beansprucht kraft ihres Wesens eine grundsätzliche Unabhängigkeit vom Staat (sie ist an kein politisches, wirtschaftliches oder gesellschaftliches System und an keine bestimmte Kultur gebunden: II. Vat., Kirche/Welt 42 58 76). Sie erkennt Staat und bürgerliche Gesellschaft als eigenständige, von der Kirche unabhängige und autonome Größen («vollkommene Gesellschaft») durchaus an (Pluralismus). Wenn sie beansprucht, «Zeichen und Schutz der Transzendenz der menschlichen Person» zu sein (II. Vat., Kirche/Welt 76), und die objektiv auch für das öffentliche und staatliche Leben geltenden Normen des natürlichen Sittengesetzes verkündigt und Verstöße dagegen als gegen das Gewissen der Völker als solche kennzeichnet und dadurch das Gewissen ihrer Glieder bindet, so wird sie dadurch kein Oberstaat, weil die Kirche die Normen der Freiheit vor Glaubenszwang und der Toleranz auch und gerade für den weltanschaulich gemischten Staat anerkennt und nicht beansprucht, hinsichtlich des positiv in der jeweiligen geschichtlichen Situation staatlich und gesellschaftlich zu Tuenden einen konkreten Imperativ verkünden zu können. Die Kirche, die nach dem II. Vat. keine Sendung in den politischen, wirtschaftlichen oder sozialen Bereich hat (Kirche/Welt 42), weiß sich dennoch verpflichtet, aktiv «zu einer humaneren Gestaltung der Menschheitsfamilie» beizutragen (ebd. 40). Hinsichtlich des konkreten politischen Weges haben die Glieder der Kirche berechtigte Meinungsverschiedenheiten (ebd. 43 75). Damit ist natürlich nicht die Freiheit gemeint, auf der Seite der allein Besitzenden, Unterdrückern, Ausbeuter zu stehen (ebd. 63-72). Die Aufgaben der Kirche in Staat und Gesellschaft ergeben sich daraus, daß sie … auch für Ungläubige existiert und dadurch gegen Unrecht sein muß; ihre Aufgaben bestehen aber nicht in der Verteidigung ihrer Privilegien, ja noch nicht einmal ihrer „legitim erworbenen Rechte» (ebd. 76).
10. Die Haltung des reifen Christen von heute gegenüber der Kirche ist einerseits von der Einsicht der Unmöglichkeit eines absoluten religiösen Individualismus getragen: Gott will das Heil aller, und dieses Heil als Heil des ganzen Menschen verwirklicht und repräsentiert sich in allen Dimensionen des Menschen, so daß es keine solche gibt, die allein «spezifisch» religiös ist (z.B. die Innerlichkeit, das Gemüt, das Frauliche, das Kultische usw.). Und so gehört eben auch die Gesellschaftlichkeit der wirksamen Repräsentanz des göttlichen Heils zur Kirche. Darum gibt es für den Christen auch auf dem Gebiet des Religiösen keinen separatistischen Individualismus, sosehr er auch als Homo religiosus das Individuum ineffabile bleibt. Anderseits weiß der Christ mitten in seiner Treue zur Kirche als dem bleibenden Raum seines religiösen Daseins, in Gehorsam gegen ihr Lehr- und Hirtenamt, daß sie die pilgernde Kirche ist, die in ihrer Geschichtlichkeit mühsam ihren Weg durch die Zeit sucht, er erträgt sie in kritischer Loyalität und in Geduld, wie er von ihr getragen wird. Und er sieht sie als in der Geschichte von Gott aufgerichtetes Zeichen des Heils (des Friedens, der Versöhnung und der Einheit) auch für die ganze Welt, also auch für die, die ihr geschichtlich greifbar noch nicht angehören. Diese grundsätzliche und durchaus auch konkrete Bejahung der Kirche schließt nicht aus, daß der Einzelne oder eine Gruppe in dem unverfügbar gegebenen Charisma die Intention der Kirche engagiert antizipiert und sich darum nur partiell mit einer Ortskirche identifiziert, in der diese Intention nur unzulänglich realisiert ist.
Aus dem kleinen theologischen Wörterbuch (kthW) von Karl Rahner, Herbert Vorgrimler, Herder-Bücherei, 5. Auflage 1965
Ereignisse, Katechesen und Schreiben der römisch-katholischen Kirche
Mit Übergabezeremonie der Bulle „Misericordiae vultus“ kündigte Papst Franziskus das Heilige Jahr der Barmherzigkeit am 11. April 2015, dem Vorabend des zweiten Sonntags in der Osterzeit, offiziell an. Bei der Feierlichkeit, die er im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes eröffnete, betonte er, dass Gott allmächtig und barmherzig sei und dass er uns vor der heiligen Pforte der Petrusbasilika im Namen seines Sohnes versammle, um uns Gnade und Barmherzigkeit zu geben. Die Pforte werde aber erst am 8. Dezember 2015 geöffnet. Er überreichte die Bulle „Misericordiae vultus“ stellvertretend für die ganze Weltkirche den Vertretern der Bischofs-, der Ostkirchen- und der Missionskongregation sowie den Erzpriestern der Papstbasiliken, wo überall auch heiligen Pforten sind. Mit der Bulle wurde das ausserordentliche Jubeljahr der Barmherzigkeit eröffnet. Der Heilige Geist sei eine Gabe des Auferstandenen, Jesus Christus, der unser Leben auf die Fürsprache der seligen Jungfrau Maria, der Mutter der Barmherzigkeit, erneuere, sagte der Papst in der Einleitung. Die folgende Zusammenfassung stammt aus der Vesper vom 11. April 2015, die von Radio Vatikan kommentiert und EWTN, K-TV, Radio Gloria, Radio Maria Österreich, Radio Maria Schweiz und Radio Maria Südtirol übertragen wurde (Original). Das ausserordentliche Jubeljahr der Barmherzigkeit weiterlesen →
34. Katechese von Papst Franziskus über Ehe und Familie (nach der Synode)
Als eines der Hauptmerkmale der Familie, mit der sich Papst Franziskus in der Generalaudienz von Mittwoch, 11. November 2015, befasste, bezeichnete er das Teilen. Bei Tisch, im Alltag, bei Feierlichkeiten und bei traurigen Anlässen finde man sich in der Familie zusammen und teile. Die nun, die sein Wort annahmen, ließen sich taufen. Die Lesung bezog sich denn auch auf den entsprechenden Abschnitt aus der Apostelgeschichte: «An diesem Tag wurden (ihrer Gemeinschaft) etwa dreitausend Menschen hinzugefügt. Sie hielten an der Lehre der Apostel fest und an der Gemeinschaft, am Brechen des Brotes und an den Gebeten. Alle wurden von Furcht ergriffen; denn durch die Apostel geschahen viele Wunder und Zeichen.» (Apg 2,41-43) Die Familie bringt ihre Liebesgemeinschaft mit ein in die Eucharistie weiterlesen →
33. Katechese von Papst Franziskus über Ehe und Familie (nach der Synode)
Die Familie bezeichnete Papst Franziskus während der Generalaudienz vom 4. November 2015 als eine große Trainingshalle, in der man gegenseitiges Schenken und Vergeben einübe. Ohne diese Fähigkeiten sei keine Liebe von Dauer. Warte man zu lange mit der Versöhnung, gestalteten sich die familiären Beziehungen immer schwieriger. Die Lesung bezog sich auf das wahre Beten, das Vaterunser, einem Abschnitt aus Matthäusevangelium:
So sollt ihr beten: Unser Vater im Himmel, dein Name werde geheiligt, … Und erlass uns unsere Schulden, wie auch wir sie unseren Schuldnern erlassen haben. … Denn wenn ihr den Menschen ihre Verfehlungen vergebt, dann wird euer himmlischer Vater auch euch vergeben. Wenn ihr aber den Menschen nicht vergebt, dann wird euch euer Vater eure Verfehlungen auch nicht vergeben. (Mt 6,9-15)
Nahrungspakete für christliche Flüchtlinge werden im kurdischen Erbil lokal gekauft
Seine Eminenz Bashar Warda, Erzbischof aus Erbil, Irak, gelangte vor rund einem Jahr an Kirche in Not mit der Bitte, Nahrungsmittelpakete für 13.500 christliche Familien bereitzustellen. Denn seit mehr als einem Jahr leben Zehntausende christliche Flüchtlinge im kurdischen Autonomiegebiet des Irak. Hierhin flohen sie im Sommer 2014 vor den IS-Terroristen, welche die Stadt Mossul und viele christliche Dörfer der Ninive-Ebene überrannt und erobert hatten. Ein Nahrungsmittelpaket entspricht einem Wert von 60 Schweizer Franken. Grosszügiges Engagement für notleidende Bevölkerung im Irak weiterlesen →
Hilfe für eine kleine Herde: Den Glauben der Vorfahren wiederentdecken
Anlässlich der Konferenz „Help for the little flock: looking to the future together“ (Hilfe für die kleine Herde: gemeinsam in die Zukunft schauen) besucht Magda Kaczmarek, Leiterin der Abteilung Osteuropa von Kirche in Not, diese teilweise anerkannte Republik. Der Kosovo proklamierte 2008 seine Unabhängigkeit von Serbien. Die von der katholischen Kirche im Kosovo veranstaltete Konferenz fand vom 28. bis zum 30. September 2015 in Pristina statt. Magda Kaczmarek trifft einige Angehörige der sehr kleinen christlichen Minderheit. Besonders beeindruckt sie das Zeugnis der sogenannten Krypto-Katholiken im Kosovo. Das Phänomen der Krypto-Katholiken im Kosovo weiterlesen →
Ehe und Familie sind wichtiger denn je, Keimzellen zur Erneuerung der Gesellschaft
In der Sendung vom 22. Oktober 2015 über die Familiensynode, die am Sonntag, 25. Oktober zu Ende ging, hat EWTN – Katholisches Fernsehen weltweit – entscheidende Fakten berichtet, die Spekulationen etwas minimieren sollten. Im ersten Teil der Sendung wurde kundgetan, dass es ein neues Dikasterium für Laien, Familie und das Leben geben werde (weitere Informationen finden Sie unter CNA Deutsch), Weiter wurde ein Rückblick auf die Pressekonferenz über den drittletzten Synodentag gegeben, wo eine Vorschau auf das Schlussdokument gegeben wurde. Keine Regionalisierung in Fragen des Glaubens und der Moral weiterlesen →
Die Kirche muss das Gottesvolk in Reflexion über die Familie und Gebet begleiten
An seinem 78. Geburtstag empfing Papst Franziskus abertausende Gläubige unter strahlend blauem Himmel und Sonnenschein auf dem Petersplatz zur Generalaudienz. Er verwies auf die Familiensynode, die im Oktober 2014 im Vatikan stattgefunden hatte. Auf dem Weg, den die Synodenväter beschritten, müsse sie das ganze Gottesvolk in Reflexion und Gebet begleiten. In der ersten Katechese mit dem Thema Familie befasste sich der Heilige Vater mit der Familie von Nazareth. Das nahende Weihnachtsfest erinnere an die Fleischwerdung Jesu. Er sei wie ein Sohn in eine Familie, die Gott selbst geschaffen habe, geboren worden. 30 Jahre habe Jesus in Nazareth gelebt, ohne zu predigen oder Wunder zu wirken. Papst Franziskus beschrieb das familiäre Leben von Maria, Josef und Jesus. Jede christliche Familie, bekräftigte der Heilige Vater, könne Jesus in ihrer Mitte aufnehmen und so die Welt verbessern. Das sei die Mission der Familie. Katechesen von Papst Franziskus über Ehe und Familie weiterlesen →
32. Katechese von Papst Franziskus über Ehe und Familie (während der Synode)
Papst Franziskus hat am Mittwoch, 21. Oktober 2015, während der Synode zum Thema „Die Berufung und Sendung der Familie in Kirche und Welt von heute“ eine weitere Generalaudienz auf dem Petersplatz vor Zehntausenden Gläubigen abgehalten. Die Lesung bezog sich auf einen Abschnitt aus den Psalmen:
Singt dem Herrn ein neues Lied; denn er hat wunderbare Taten vollbracht. Er hat mit seiner Rechten geholfen und mit seinem heiligen Arm. Der Herr hat sein Heil bekannt gemacht und sein gerechtes Wirken enthüllt vor den Augen der Völker. Er dachte an seine Huld und an seine Treue zum Hause Israel. Alle Enden der Erde sahen das Heil unsres Gottes. (Ps 98,1-3) Keine andere Schule kann uns die Wahrheit der Liebe besser vermitteln als die Familie weiterlesen →
Schweizer Pfarreien halten Fürbittgebet in der Eucharistiefeier für verfolgte Christen
Am Wochenende vom 24./25. Oktober 2015 gedenkt das internationale katholische Hilfswerk Kirche in Not der diskriminierten und verfolgten Christen auf der Welt. Aus diesem Anlass werden Heilige Messen in der Stadt Zürich, sowie auch in der lateinischen Schweiz gefeiert. Alle Pfarreien sind eingeladen, an diesem Wochenende während der Heiligen Messe ein Fürbittgebet für die verfolgten Christen zu halten. In der Pfarrei Liebfrauen in der Stadt Zürich nimmt der ägyptische Pater Samir Khalil Samir SJ als Würdenträger an den Gedenkgottesdiensten teil. Die Hl. Messen finden gemäss Zeitfenster Kerzenaktion 2015 statt. Der Jesuit Samir Khalil Samir ist Islamwissenschaftler, Semitist, Orientalist und katholischer Theologe. Neunter nationaler Gebetstag für bedrängte Christen weiterlesen →
31. Katechese von Papst Franziskus über Ehe und Familie (während der Synode)
Papst Franziskus hat am Mittwoch, 14. Oktober 2015, während der Synode zum Thema „Die Berufung und Sendung der Familie in Kirche und Welt von heute“ eine weitere Generalaudienz auf dem Petersplatz vor Zehntausenden Gläubigen abgehalten. Die Lesung bezog sich auf einen Abschnitt aus dem Matthäusevangelium:
Wehe der Welt mit ihrer Verführung! Es muss zwar Verführung geben; doch wehe dem Menschen, der sie verschuldet. Wenn dich deine Hand oder dein Fuß zum Bösen verführt, dann hau sie ab und wirf sie weg! Es ist besser für dich, verstümmelt oder lahm in das Leben zu gelangen, als mit zwei Händen und zwei Füßen in das ewige Feuer geworfen zu werden. Und wenn dich dein Auge zum Bösen verführt, dann reiß es aus und wirf es weg! Es ist besser für dich, einäugig in das Leben zu gelangen, als mit zwei Augen in das Feuer der Hölle geworfen zu werden. Hütet euch davor, einen von diesen Kleinen zu verachten! Denn ich sage euch: Ihre Engel im Himmel sehen stets das Angesicht meines himmlischen Vaters. (Mt 18,7-10)