Archiv der Kategorie: Kirche

Kirche heisst griechisch kyriake = dem Herrn gehörig, zu ergänzen griechisch ekklesia = das hl. Volk und vor allem dessen Festversammlung, Kirche also = die heilige Gemeinde des Herrn (lat. ecclesia).

I. In der Schrift
Der Ansatzpunkt für die Herkunft einer Kirche von Jesus Christus liegt in seiner Predigt an sein Volk Israel, das er in die Basileia Gottes rufen will. Dieses Volk war das Volk Gottes, dessen Festversammlung hebräisch qahal, griechisch ekklesia hieß. Der Ruf an Israel erging zunächst innerhalb des Bundes, des Alten Testamentes; die Erwählung von zwölf Aposteln bedeutete Jesu Anspruch auf sein ganzes Volk, auf alle zwölf Stämme. In der Verwirklichung dieses Rufes benützt Jesus das in der jüdischen Umwelt seiner Zeit gebräuchliche «Material», indem er als ein religiöser Wanderlehrer seinen Schülerkreis aufbaut, wenn sich diese Gemeinde gegenüber ähnlichen Gruppen vor allem auch dadurch unterscheidet, daß auch und gerade die Sünder und Verlorenen hineinberufen werden (Mk 6,34; Mt 10,6). Nach der Ablehnung des Rufes Jesu durch große Teile Israels predigt er nicht eine spirituelle Kirche, den «heiligen Rest» einer messianischen Sondergemeinde, sondern er führt den Jüngerkreis tiefer in das Geheimnis seiner Sendung und seines Todes ein, er rechnet mit einer Zwischenzeit zwischen seinem Tod und dem enthüllten Anbruch der Basileia (vgl. Mk 2,19f; 13,9f; vor allem den Auftrag zur Wiederholung des Gedächtnismahles: 1 Kor 11,24; Lk 22,16.19f.30a; vgl. auch 22,31 f). Dieser Ansatz wird von Jesus selbst nicht weiter institutionalisiert. Von ihm aus verstehen die Schriftsteller des Neuen Testamentes jedoch die Kirche, in der sie bereits leben, vgl. die Kirchenstiftungsworte Mt 16,18f: auf dem Fundament des Petrus (das also fortdauern muß, solange der Bau dauert) will Jesus „seine Kirche“ bauen, die noch nicht Basileia ist, aber auch nicht unabhängig von ihr steht, denn dem Petrus wird die Schlüsselgewalt auf sie hin gegeben. Diese Kirche wird sich in dieser Zeit vollziehen, denn die Höllenpforten werden gegen sie anstürmen, sie aber nicht überwältigen. Dies kommt ihr zu, weil im Tod Jesu, des Ebed Jahwe, „für die vielen“ (Mk 14,24) der Neue Bund gestiftet ist und die Kirche darin als Medium des Heils für alle jene bestimmt ist, die die Basileia erben werden. Diese Kirche soll apostolisch hierarchisch geleitet sein (Lk 22,31f; Mt 18, 18; Binde- und Lösegewalt); die nähere Entfaltung und die innere Begeisterung werden das Werk des Heiligen Geistes sein, der als Paraklet von Jesus verheißen ist. Das Verhältnis zum eschatologisch unwiderruflich zugesagten Geist Gottes ist überhaupt ein wichtiges Bindeglied zwischen Jesus und der Urkirche. In diesem Geist erhält sie den Anspruch auf Israel aufrecht (Apg 2,36; 3,17-26) und eröffnet sie sich den Heiden (Apg 15,14). In der Einheit von Juden und Heiden in der Kirche sieht Paulus in seiner Kirchentheologie das Geheimnis Jesu Christi schlechthin (Eph 3,4ff). Wenn bei ihm „Kirche» auch öfters die einzelne Ortsgemeinde bezeichnen kann, so ist ihm doch letztere eine theologisch, nicht eine organisatorische Größe; in allen Schwierigkeiten der Heidenmission hält er fest an der Urgemeinde in Jerusalem, und die Gesamt-Kirche ist für ihn das eigentlich mit „Kirche» Gemeinte, das sich freilich vollzieht und repräsentiert wird von den kleinen Einzelgemeinden.

II. Theologie
1. Im ersten Wesensansatz wird Kirche am besten von dem Wesen der Offenbarung her bestimmt: sie ist die gesellschaftlich legitim verfaßte Gemeinschaft, in der durch den Glauben die eschatologisch vollendete Offenbarung in Jesus Christus als Wirklichkeit und Wahrheit für die Welt präsent bleibt. Kirche kann es daher nur im endgültigen Stadium der Offenbarung als der siegreichen Selbstmitteilung Gottes im wirksamen Wort Gottes geben, in dem als menschlichem Wort Gott sich der Welt als erbarmende Gnade endgültig zusagt, also im Wort, das an die Gemeinschaft der Glaubenden ergeht, in ihrem Bekenntnis die Zusage der Gnade zur reflexen Gegebenheit bringt und in ihr mittels ihrer amtlichen Führung (Lehramt) richtig bewahrt und entfaltet wird. Kirche ist die bleibende Präsenz des endgültigen (und darum reflex ausdrücklichen) Wortes Gottes an die Welt in der Welt und für die Welt. Da dieses Wort letztlich Jesus Christus ist, hat er durch seine Wirklichkeit die Kirche gestiftet (… II. Vat., Miss. 5: die Kirche nach der Auferstehung von Jesus gegründet).
2. Wesensgesetz. Die Kirche ist, entsprechend ihrem Wesen, als bleibende Präsenz des gottmenschlichen, gehörten und proklamierten, wirksamen Wortes Gottes in der Welt, die gewissermaßen „sakramentale» Einheit von Zeichen und Sache, die weder identifiziert noch voneinander getrennt werden können (II. Vat., Kirche l 9 48, Kirche/Welt 42 u.ö.; Ursakrament): sie ist äußere Gesellschaft, „sichtbare» Kirche mit einer Verfassung (Papst, Bischof), die – wenigstens hinsichtlich bestimmter Materialien – auf Jesus Christus zurückgeht (DS 3050ff, NR 436f), mit einer greifbaren Gemeinsamkeit des Kultes und des Bekenntnisses. Aber eben dies alles ist das Zeichen der wirksamen Zugesagtheit Gottes selbst an die Welt: seiner Wahrheit in der unfehlbaren Lehre der Kirche (Unfehlbarkeit), seiner Gnade in dem wirksamen Wort der Sakramente, seiner Liebe in der gnadenhaften Einheit der Glaubenden untereinander und in deren Dienst an der Welt. Und eben dieses, dessen wirksames Zeichen die sichtbare Kirche (in Sein und Tun) ist, gehört selbst zur Kirche.
3. In dieser doppelten Seinsweise gründet die Geschichtlichkeit der Kirche. Sie ist zwar gegenwärtig und ist doch nur eschatologisch (d.h. von der schon in Jesus Christus angebrochenen Vollendung her) zu verstehen: sie ist wanderndes Gottesvolk (1 Petr 2,10; Hebr 3,7-4,11) bis zur Wiederkunft Jesu Christi. „In ihren Sakramenten und Institutionen, die noch zu dieser Weltzeit gehören, trägt die pilgernde Kirche die Gestalt dieser Welt, die vergeht» (II. Vat., Kirche 48). Diese Geschichtlichkeit der Kirche steht nicht im Widerspruch zur Verbindlichkeit ihrer jeweiligen konkreten Erscheinung, in der allein (und nicht in einer spiritualistischen „Idealkirche») jeweils die Kirche anzutreffen ist. Die Kirche ist Geschichte, aber sie wird immer neu gegenüber dem immer drohenden Verfall gehalten vom Heiligen Geist (vgl. DS 600f 3807 f, NR 407; Heilsgeschichte), der die abgeschlossene Offenbarung je geschichtlich neu enthüllt. Der innere Dynamismus der Kirche drängt nicht nur aus Glaube und Gnade zur sakramental greifbaren Darstellung dieser inneren Wirklichkeit, sondern auch aus dieser Sakramentalität der ganzen, „sichtbaren» Kirche zurück zu Glaube und Gnade, und beide Bewegungen zusammen drängen zur endzeitlichen Vollendung. In drei Daseinsräumen also lebt die Kirche: in der Innerlichkeit des Glaubens und der Gnade, in der Sichtbarkeit repräsentierender Ämtern, sakramentaler Handlungen und in der hier und jetzt in engagierter Liebe realisierten wachsenden Anteilnahme am künftigen Äon, in dem Zeichen und Bezeichnetes nicht mehr verschieden sind.
4. Die Notwendigkeit der Kirche für das Heil des Menschen ist aus diesem ihrem „sakramentalen“ Wesen her zu verstehen: sie ist heilsnotwendig (… II. Vat., Kirche 14, Miss. 7), wie es der Glaube und die Taufe je in ihrer verschiedenen Weise sind (Begierdetaufe, Kirchengliedschaft, Heilsnotwendigkeit). In Analogie zu den in der Theologie seit langem üblichen Abstufungen der Ausdrücklichkeit in Glauben (Fides implicita) und Taufe (Votum baptismi) geht auch der Vorgang der Kirchenbildung durch verschiedene Stufen (II. Vat., Kirche 13-16, Oek. 4), doch so, daß alle diese Stufen infolge ihrer Hinordnung auf die sakramental-kirchliche Endstufe deren echte Anteile sind. Dies ist nur möglich, weil die Wirklichkeit der Kirche (ebenso wie die Jesu Christi und der Sakramente) trotz ihrer Sichtbarkeit nicht nach der Art materieller Erscheinungen determiniert ist. Sie ist eine geistig-leibliche Ausdruckswirklichkeit und hat als solche die größere Möglichkeit, in verschieden dichter Leibhaftigkeit doch streng identisch zu bleiben. So ist der Satz Cyprians «Extra Ecciesiam nulla salus» durchaus mit dem allgemeinen Heilswillen Gottes sinnvoll zu vereinen, ohne daß dabei etwa die reale Heilsmöglichkeit aller (also auch der äußerlich außerhalb der Kirche Stehenden) oder die Verbindlichkeit der Kirche geleugnet werden muß. Diese Verbindlichkeit bleibt nicht ganz unangetastet, wenn man von „außerordentlichen» und „unsichtbaren» Heilswegen und von einer Zugehörigkeit zur „Seele» der Kirche spricht. Die Struktur der Kirche läßt nach der Lehre der katholischen Kirche vom Wesen der Kirche eine solche Aufspaltung nicht zu, wohl aber (infolge ihrer sakramentalen Struktur) eine Abstufung, sofern nur ein objektiver Zusammenhang der Anteile mit der ganzen Realität gegeben ist, die sich in ihnen entfaltet, und sofern nur die Verpflichtung des Menschen zu der ganzen Wirklichkeit der Kirche unangetastet bleibt.
5. Merkmale. Als Eigentümlichkeiten und Merkmale zur Unterscheidung der wahren Kirche Jesu Christi zählt man heute gewöhnlich vier auf: a) Die katholische Kirche beansprucht für sich allein den Auftrag zur Verwirklichung der auch äußerlich sichtbar einen Kirche (Einheit der Kirche, II. Vat., Kirche 8); b) die katholische Kirche versteht sich als heilige (Heiligkeit der Kirche, II. Vat., Kirche 8 ff 39 41 48); c) die Kirche Jesu Christi muß grundsätzlich katholisch, d.i. Weltkirche sein (Katholizität der Kirche, II. Vat., Kirche 81323, Oek. 4); d) sie muß auf den Aposteln aufruhen und ihnen folgen, d.h. apostolisch sein (Apostolizität der Kirche, II. Vat., Kirche 8, Oek. 17).
6. Zur Verfassung der Kirche als äußerer Gesellschaft vgl. Apostel, Papst, Bischof, Amt, Laie, Lehramt, Hirtenamt der Kirche, Ordo, Ämteranerkennung, Successio apostolica.
7. Wesensbilder der Kirche. Nach dem Vorgang der Schrift und der Patristik spricht die Kirche ihr Wesen in Analogien und Bildern aus (so zuletzt II. Vat., Kirche 6f u.ö.), deren Bezug auf die Kirche und deren genauere Bedeutung allerdings erst aus dem Ganzen der Offenbarung erkannt werden können.
a) Der nächstliegende Vergleich entstammt dem soziologischen Bereich selber: die Kirche ist das Volk Gottes (1 Petr 2,10 u.ö.). Die Berufung zum Heil. wird in dieser Sicht zum Prinzip der Sammlung. Daß die Beziehung des Menschen zu Gott an ein äußeres und gemeinsames Handeln (bzw. Erleiden) geknüpft sei, wird im modernen Individualismus als befremdend empfunden. Doch durchzieht dieser Gedanke die ganze Heilsgeschichte (Solidaritätsprinzip). Immer war Gottes Gnade in Gemeinschaften gefaßt, angefangen von den Stammeltern (Monogenismus) über die Bundesväter Noah, Abraham und Mose bis zum Neuen Bund, in dem die „Nahen und Fernen» (Eph 2, 17) in der friedensstiftenden Kraft des Blutes Jesu Christi zusammenkommen (vgl. Mt 21,43 u.ö.). Man kann aus diesem Zusammenhang nicht ausbrechen, ohne den Weg zu eben jener Transzendenz zu verfehlen, um derentwillen man versucht und vielleicht verpflichtet ist, gegen eine illegitime Inanspruchnahme dieser Transzendenz zu protestieren.
b) In der gleichen Ebene liegt das Wort vom «Reich Gottes» (zur richtigen Anwendung dieses Wortes vgl. Basileia). Es stellt die Kirche dar als den geschichtlichen Raum der in der Öffentlichkeit sichtbaren praktischen Durchsetzung des Willens Gottes und läßt sie Vorstufe sein für jene endgültige Verfassung der Schöpfung, in der in der wirklichen Basileia „Gott alles in allem» ist.
c) Mit Paulus bzw. den „Paulinen» (1 Kor 6,15ff; Eph 1,22f: Kol 1,24) und in Übereinstimmung mit der Tradition (Klemens von Rom, Origenes, Augustinus, Bonifaz VIII.) bezeichnet sich die Kirche als den „Mystischen Leib Jesu Christi». Die Bedeutung der Lehre vom mystischen Leib Jesu Christi für das neue Kirchenbewußtsein liegt in der engeren Verbindung der Kirche mit Jesus Christus sowie in der begründeteren Solidarität der Glieder untereinander. In Bezug auf die Verbindung mit Jesus Christus kann man sagen: die Kirche ist eine Christuswirklichkeit (1 Kor 12, 13); sie ist die ausgezeichnete Weise, in der Jesus Christus nach seiner Erhöhung durch die Sendung des Heiligen Geistes (vgl. 1 Kor 10,3f; Eph 2,15.17f) in den Menschen fortlebt, die er sterbend als seinen „Leib», seine „Fülle» (Eph 4,12f) an sich gezogen hat. Sie werden ihm gleichförmig und alle zusammen „einer in Christus» (Gal 3,28). Diese Weise seines Fortlebens heißt mystisch; damit wird ihr Realitätscharakter nicht geschmälert, sondern von den sonstigen Möglichkeiten, Leib zu sein, abgehoben (z.B. in biologischer Substanzeinheit). Die Kirche ist somit eine über alles bloß Institutionelle hinausreichende, lebendige Einheit: sie bezieht sich auf Jesus Christus nicht nur als auf ihren Ursprung, sondern auch als auf den in ihr gegenwärtigen Grund ihres Lebens. Die im Bild des mystischen Leibes dargestellte Verbindung aller Gläubigen untereinander (Gemeinschaft der Heiligen), die im Essen des einen Brotes in Erscheinung tritt (1 Kor 10,17.21), begründet das Bewußtsein einer seinshaft „in Christus» (Röm 12,5) begründeten Solidarität der Glieder und wird zum Motiv für liturgische, aszetische, pfarrliche, ökumenische und soziale Forderungen.
d) Da die neutestamentliche Kirche in das Erbe des Alten Testamentes eintritt, gehen auf sie neben der allgemeinen Idee des Gottesvolkes auch die bildlichen Redewendungen der prophetischen Brautmystik über: Gott verbindet sich der erlösten Menschheit in der Zartheit und Unverbrüchlichkeit der Liebe. Nur scheinbar bleibt dieses Bild hinter dem vom mystischen Leib zurück, denn eben diese Liebe macht aus den Partnern „ein Fleisch» (Gn 2,24), und eben dieser Leib bewahrt das personale Eigensein der Glieder. Beide Bilder verbinden sich im Neuen Testament (Eph 5,23-32; Apk21,9f) und halten, sich gegenseitig ergänzend, Ehrfurcht und Innigkeit im Gleichgewicht.
e) Die gleiche dialektische Funktion hat die biblische Mischung mechanischer und organischer Bildlichkeit. Einerseits wird die Kirche einem Bau verglichen, der sich aus vielen Steinen zum Haus (1 Tim 3,15; Hebr 3,6; 1 Petr 4,17) oder Tempel (Eph 2,21f) fügt, um sich zur Stadt Gottes (Gal 4,25 f) zu vollenden. Anderseits wächst sie von innen wie eine Senfstaude, ein Weinstock oder ein Baum (Mt 13,31f; Jo 15,1-8) der Lebensfülle des Paradieses entgegen. Doch auch Stadt und Garten sind nicht sich ausschließende Gegensätze, sondern deuten an, daß die bildliche Aussage das geheimnisvolle Sein der Kirche über den Begriff der Ansammlung sowohl wie des Lebens erheben will. Zuletzt aber kann die Kirche in ihrer vom Heiligen Geist gewirkten Gesamtwirklichkeit mit keiner Kategorie des irdischen Daseins, ob bildlich oder begrifflich, erschöpft werden. Sie hat den Grund ihrer Möglichkeit „von oben» und wird dem Denken des Menschen nicht dadurch zugänglich, daß sie dies verleugnet.
8. Ortskirche und Gesamtkirche. Das II. Vat. versteht unter Ortskirche zunächst die vom Bischof geleitete Kirche (= Diözese). Theologisch bedeutet Ortskirche: Die eine ganze Kirche Jesus Christi ist gegeben und präsent in jeder Ortsgemeinde (II. Vat., Kirche 26), die konstituiert wird durch die Verkündigung des Evangeliums Jesu Christi, durch die Eucharistie und durch die praktizierte Liebe. Diese (unter Umständen sehr kleine) Ortsgemeinde ist „je an ihrem Ort» das neue Volk Gottes im Heiligen Geist (ebd.). Durch sie wird Jesus im Zeichen und im Geist Gläubigen und Ungläubigen präsent. Die Gesamtkirche baut sich aus vielen solchen (unter Umständen zerstreuten) Glaubensgemeinden der „Basis» (lokalen Zellen) auf.
9. Kirche und Staat. Die Kirche beansprucht kraft ihres Wesens eine grundsätzliche Unabhängigkeit vom Staat (sie ist an kein politisches, wirtschaftliches oder gesellschaftliches System und an keine bestimmte Kultur gebunden: II. Vat., Kirche/Welt 42 58 76). Sie erkennt Staat und bürgerliche Gesellschaft als eigenständige, von der Kirche unabhängige und autonome Größen («vollkommene Gesellschaft») durchaus an (Pluralismus). Wenn sie beansprucht, «Zeichen und Schutz der Transzendenz der menschlichen Person» zu sein (II. Vat., Kirche/Welt 76), und die objektiv auch für das öffentliche und staatliche Leben geltenden Normen des natürlichen Sittengesetzes verkündigt und Verstöße dagegen als gegen das Gewissen der Völker als solche kennzeichnet und dadurch das Gewissen ihrer Glieder bindet, so wird sie dadurch kein Oberstaat, weil die Kirche die Normen der Freiheit vor Glaubenszwang und der Toleranz auch und gerade für den weltanschaulich gemischten Staat anerkennt und nicht beansprucht, hinsichtlich des positiv in der jeweiligen geschichtlichen Situation staatlich und gesellschaftlich zu Tuenden einen konkreten Imperativ verkünden zu können. Die Kirche, die nach dem II. Vat. keine Sendung in den politischen, wirtschaftlichen oder sozialen Bereich hat (Kirche/Welt 42), weiß sich dennoch verpflichtet, aktiv «zu einer humaneren Gestaltung der Menschheitsfamilie» beizutragen (ebd. 40). Hinsichtlich des konkreten politischen Weges haben die Glieder der Kirche berechtigte Meinungsverschiedenheiten (ebd. 43 75). Damit ist natürlich nicht die Freiheit gemeint, auf der Seite der allein Besitzenden, Unterdrückern, Ausbeuter zu stehen (ebd. 63-72). Die Aufgaben der Kirche in Staat und Gesellschaft ergeben sich daraus, daß sie … auch für Ungläubige existiert und dadurch gegen Unrecht sein muß; ihre Aufgaben bestehen aber nicht in der Verteidigung ihrer Privilegien, ja noch nicht einmal ihrer „legitim erworbenen Rechte» (ebd. 76).
10. Die Haltung des reifen Christen von heute gegenüber der Kirche ist einerseits von der Einsicht der Unmöglichkeit eines absoluten religiösen Individualismus getragen: Gott will das Heil aller, und dieses Heil als Heil des ganzen Menschen verwirklicht und repräsentiert sich in allen Dimensionen des Menschen, so daß es keine solche gibt, die allein «spezifisch» religiös ist (z.B. die Innerlichkeit, das Gemüt, das Frauliche, das Kultische usw.). Und so gehört eben auch die Gesellschaftlichkeit der wirksamen Repräsentanz des göttlichen Heils zur Kirche. Darum gibt es für den Christen auch auf dem Gebiet des Religiösen keinen separatistischen Individualismus, sosehr er auch als Homo religiosus das Individuum ineffabile bleibt. Anderseits weiß der Christ mitten in seiner Treue zur Kirche als dem bleibenden Raum seines religiösen Daseins, in Gehorsam gegen ihr Lehr- und Hirtenamt, daß sie die pilgernde Kirche ist, die in ihrer Geschichtlichkeit mühsam ihren Weg durch die Zeit sucht, er erträgt sie in kritischer Loyalität und in Geduld, wie er von ihr getragen wird. Und er sieht sie als in der Geschichte von Gott aufgerichtetes Zeichen des Heils (des Friedens, der Versöhnung und der Einheit) auch für die ganze Welt, also auch für die, die ihr geschichtlich greifbar noch nicht angehören. Diese grundsätzliche und durchaus auch konkrete Bejahung der Kirche schließt nicht aus, daß der Einzelne oder eine Gruppe in dem unverfügbar gegebenen Charisma die Intention der Kirche engagiert antizipiert und sich darum nur partiell mit einer Ortskirche identifiziert, in der diese Intention nur unzulänglich realisiert ist.

Aus dem kleinen theologischen Wörterbuch (kthW) von Karl Rahner, Herbert Vorgrimler, Herder-Bücherei, 5. Auflage 1965

Zwischen Kirche und Familie besteht eine tiefe unauflösliche Beziehung

30. Katechese von Papst Franziskus über Ehe und Familie (während der Synode)

Papst Franziskus hat am Mittwoch, 7. Oktober 2015, während der Synode zum Thema «Die Berufung und Sendung der Familie in Kirche und Welt von heute“ eine Generalaudienz  auf dem Petersplatz vor Zehntausenden Gläubigen abgehalten. Die Lesung bezog sich auf einen Abschnitt aus dem Brief des hl. Apostels Paulus an die Epheser:

Ihr seid also jetzt nicht mehr Fremde ohne Bürgerrecht, sondern Mitbürger der Heiligen und Hausgenossen Gottes. Ihr seid auf das Fundament der Apostel und Propheten gebaut; der Schlussstein ist Christus Jesus selbst. Durch ihn wird der ganze Bau zusammengehalten und wächst zu einem heiligen Tempel im Herrn. Durch ihn werdet auch ihr im Geist zu einer Wohnung Gottes erbaut. (Eph 2,19-22)

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Vorbildliche Solidarität von Schweizer Pfarreien mit Christen in Not

Der em. Bischof Macram M. Gassis aus dem Sudan sammelte für arme Kinder im Sudan

Bild: Kirche in NotAm Sonntag, 4. Oktober 2015, übergibt der katholische Pfarrer Mario Tosin von Grenchen, Kanton Solothurn,  dem Hilfswerk Kirche in Not einen Check in einem Gottesdienst. Der gesammelte Betrag ist für arme Kinder im Sudan bestimmt. Für das Hilfswerk nimmt Frau Lucia Wicki-Rensch, Informationsbeauftragte von Kirche in Not, den Betrag entgegen. Das Geld wurde für den Sudan gesammelt, da der em. Bischof Macram Max Gassis aus dem Sudan in den vergangenen Jahren mehrmals in Grenchen über die dramatische Situation in seiner Heimat predigte (siehe Blog-Artikel «Aufruf zur Solidarität mit Christen im krisengeplagten Sudan» vom 29. Mai 2015). Die Gläubigen waren von seinen Worten so angetan, dass sie sich entschlossen haben, für arme Kinder im Sudan Geld zu sammeln. Vorbildliche Solidarität von Schweizer Pfarreien mit Christen in Not weiterlesen

Es gibt keine Ehe von Christen, die nicht Sakrament ist – Teil 2

Zweiteiliger Vortrag von Prof. M. Schneider zur aktuellen Diskussion von Scheidung und Wiederheirat

Prof. Dr. Michael Schneider SJ
Michael Schneider (* 24. Juli 1949 in Köln, Deutschland) ist Jesuitenpater und Theologe

Im Oktober 2014 fand die ausserordentliche Synode zum Thema Familie statt. Im Oktober 2015, also nächsten Monat, folgt die ordentliche Generalversammlung. Ein wichtiges Thema war und wird sein: Scheidung und Wiederheirat.  Angesichts der bereits im Vorfeld kontrovers vertretenen Positionen fühlen sich viele verunsichert. Prof. Michael Schneider geht in einem zweiten Teil auf dieses Thema ein. Der erste Teil wurde bereits am 5. August gesendet. In den Überlegungen möchte Prof. Schneider den ersten Teil der Sendungen aufgreifen und sie weiterführen. In wenigen Tagen, wie schon gesagt,  wird die Synode in Rom beginnen. Es scheint so zu sein, dass Detailfragen in der Zwischenzeit derart in den Vordergrund gerückt sind, dass Grundfragen in den Hintergrund treten. Man debattiert über die Frage der Zulassung von Wiederverheirateten zu den Sakramenten oder über einen christlichen Umgang mit Gleichgeschlechtlichen. Fürwahr alles wichtige Fragen unseres Lebens. Aber all dies droht derzeit in der Vordergründigkeit vielleicht sogar des rein Rechtlichen zu bleiben, so dass eine wesentliche Neubesinnung ausbleibt.

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Papst Franziskus als Missionar der Barmherzigkeit

Kuba braucht geistliche wie leibliche Werke der Barmherzigkeit

Bild: Radio Vatikan
Franziskus geht als Missionar nach Kuba

Die katholische Kirche Kubas verbindet mit dem am Samstag, 19. September 2015, beginnenden Besuch von Papst Franziskus grosse Hoffnungen. Monsignore Pepe Felix, beigeordneter Sekretär der Kubanischen Bischofskonferenz, betonte vor kurzem in Havanna gegenüber dem katholischen Hilfswerk Kirche in Not:

“Es ist ein Geschenk Gottes, dass binnen kurzer Zeit schon der dritte Papst Kuba besucht. Papst Franziskus kommt als Oberster Hirte der Weltkirche, um uns im Glauben zu stärken. Das ist seine wichtigste Aufgabe. Wir hoffen, dass die Vitalität, die der Besuch von Papst Johannes Paul II. 1998 entfacht hat, neu entzündet wird.”

Papst Franziskus weilt vom 19.-22. September 2015 zu einem viertägigen Besuch auf der Karibikinsel. Papst Franziskus als Missionar der Barmherzigkeit weiterlesen

Pfarrer Kamil Samaan vom 30. August bis 7. September 2015 in der Schweiz

Ägypten – das heisse Pflaster im Nahen Osten – in Umbruch und Unsicherheit

Bild: Kirche in NotPfarrer Kamil Samaan aus Ägypten besucht zwischen dem 30. August und dem 7. September 2015 die Schweiz. In verschiedenen Pfarreien feiert er Gottesdienste und hält Vorträge über die Lage der Christen in Ägypten. Das Land am Nil erlebte in den vergangenen Jahren eine Zeit des Umbruchs und der Unsicherheit. Christen wurden oft Opfer wegen ihres Glaubens. Kamil Samaan leitet in Kairo ein Kinderheim und spricht fliessend Deutsch. Das Christentum war im Gebiet des heutigen Ägyptens vor der Islamisierung im 7. Jahrhundert die dominierende Religion. Der Evangelist Markus soll um das Jahr 50 in Ägypten missioniert haben. Pfarrer Kamil Samaan vom 30. August bis 7. September 2015 in der Schweiz weiterlesen

Em. Bischof Macram Max Gassis vom 8. – 16. August 2015 in der Schweiz

Harter Alltag der Menschen im Sudan und Südsudan – erneut ausgebrochene Kämpfe

Bild: Kirche in NotDer em. Bischof Macram Max Gassis kommt zwischen dem 8. und 16. August 2015 in die Schweiz. Er wird Gottesdienste feiern und Vorträge halten. Dabei berichtet er vom harten Alltag der Menschen in seiner Diözese und von Projekten des Hilfswerks Kirche in Not im Sudan und Südsudan. Er wird auch über die ausgebrochenen Kämpfe im Südsudan berichten. Der ehemalige Vorsteher der Diözese El Obeid, Macram Max Gassis wird über die Menschen, das Land, die Kirche und über die Hilfe von Kirche in Not im Sudan und Südsudan berichten. Im Sudan leiden Christen vor allem in den Nuba-Bergen und in Darfur. Das Regime lässt das Militär immer wieder Bomben über den Menschen abwerfen, sodass es keinen Frieden gibt und die Bewohner zu leiden haben. Em. Bischof Macram Max Gassis vom 8. – 16. August 2015 in der Schweiz weiterlesen

Es gibt keine Ehe von Christen, die nicht Sakrament ist – Teil 1

Zweiteiliger Vortrag von Prof. M. Schneider zur aktuellen Diskussion von Scheidung und Wiederheirat

Prof. Dr. Michael Schneider SJ
Michael Schneider (* 24. Juli 1949 in Köln, Deutschland) ist Jesuitenpater und Theologe

Im ersten Teil des Vortrages, den Radio Horeb am 5. August 2015 in der Sendung Spiritualität ausstrahlte,  wurde deutlich, dass ursprünglich in der römischen Kirche die Ehe verstanden wurde als Consensus facit nuptias, als ein Vertrag, den die Eheleute schliessen. Doch in den weiteren Überlegungen, gerade auch im Rückblick auf die Ostkirchen, zeigte sich, dass es bei der Ehe nicht nur um ein Sakrament geht, das sozusagen eine rein irdische Realität darstellt, sondern letztlich eine sakramentale Wirklichkeit gesetzt ist, die nach östlichem Verständnis sogar bis in die Ewigkeit besteht. Gleich wurde deutlich, dass dieser Vertrag der Eheleute ein sakramentaler ist, insofern als der wahre Inhalt jeder Ehe nicht die Liebe der Eheleute, sondern die Liebe Christi zu seiner Kirche ist. Und schliesslich wurde deutlich, dass es bei dem Ehesakrament um ein doppeltes Handeln geht, nämlich um das Handeln Christi bzw. des Priesters und um das Handeln der Eheleute. Dieses doppelte Handeln gehört konstitutiv zum Vollzug eines Sakraments. Insofern ist es missverständlich, wenn man sagt, die Eheleute spenden sich dieses Sakrament. Und es ist gerade gut, dass im neuen Ritus bewusst Wert auf die „Benedictio“, also die Segenshandlung des Priesters, gelegt wird.

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Abbé André Ouedraogo vom 29. Juli bis 2. August 2015 in der Schweiz

Der Regens des Priesterseminars im Bistum Ouahigouya informiert über das Leben in Burkina Faso

Bild: Kirche in NotDas internationale katholische Hilfswerk Kirche in Not hat Abbé André Ouedraogo vom 29. Juli bis 2. August 2015 in die Schweiz eingeladen. Der Regens des Priesterseminars im Bistum Ouahigouya informiert über die Unterstützung des Hilfswerks vor Ort und berichtet über das Leben in dem westafrikanischen Land. Das Bistum Ouahigouya liegt in der Sahelzone im Norden des Landes und grenzt an Mali. Burkina Faso erlangte im August 1960 die Unabhängigkeit von Frankreich. Der Name Burkina Faso bedeutet so viel wie „Land der ehrenwerten Menschen“ oder „Land der Aufrichtigen“. Es gilt als das drittärmste Land der Welt. Abbé André Ouedraogo vom 29. Juli bis 2. August 2015 in der Schweiz weiterlesen

Papst Franziskus zu Gast bei drei der ärmsten Länder Lateinamerikas

Der Heilige Vater besucht acht Tage lang die Länder Ecuador, Bolivien und Paraguay

Bild: Radio VatikanVom 5. bis 13. Juli 2015 besucht der Heilige Vater acht Tage lang Ecuador, Bolivien und Paraguay. Es ist nach dem Weltjugendtag in Rio de Janeiro 2013 die zweite Lateinamerikareise des argentinischen Papstes. Als Ziel hat er sich die ärmsten Länder seines Heimatkontinents ausgesucht. In den drei Ländern wird Papst Franziskus fünf Eucharistiefeiern mit Millionen Gläubigen vorstehen. In einer Videobotschaft sagte der Heilige Vater:

„Ich möchte die Freude des Evangeliums bezeugen, Gottes Zärtlichkeit: Er ist unser Vater, vor allem für Kinder in Not, für die älteren Menschen, für die Kranken, für diejenigen im Gefängnis, für die Armen und für die Opfer unserer Kultur. Die Liebe Gottes ermöglicht es uns, das Gesicht seines Sohnes Jesus in jedem Bruder und in jeder Schwester zu entdecken.“

Kirche in Not hat die Arbeit der katholischen Kirche in den drei Ländern des Papstbesuches 2014 mit insgesamt 1,2 Millionen Schweizer Franken unterstützt. Papst Franziskus zu Gast bei drei der ärmsten Länder Lateinamerikas weiterlesen

Ultimatum mit Todesdrohungen an Christen in Jerusalem

Sympathiebekundungen für IS in Israel und den von Israelis besetzten palästinensischen Gebieten

Bild: Kirche in Not
Weihbischof Shomali vom Lateinischen Patriarchat Jerusalem

Nach der Verteilung anti-christlicher Flugblätter in Jerusalem ruft Weihbischof William Shomali vom Lateinischen Patriarchat zur Wachsamkeit auf:

«Wir müssen die Drohungen auf gewisse Weise Ernst nehmen. Es genügt, dass drei junge Fundamentalisten mit Messern bewaffnet ein christliches Haus angreifen. Das würde Panik in der christlichen Gemeinschaft verursachen»,

so Weihbischof Shomali am Freitag, 3. Juli 2015, gegenüber dem katholischen Hilfswerk Kirche in Not. In den vergangene Woche in Jerusalem verteilten Flugblättern fordert eine sich «Islamischer Staat in Palästina» nennende Gruppe die Christen Jerusalems auf, die Stadt bis zum Ende des islamischen Fastenmonats Ramadan am 18. Juli zu verlassen. Bei Nichtbefolgung wird ihnen mit dem Tod gedroht. Die arabisch-sprachigen Flugblätter trugen die schwarze Flagge der Terrorgruppe «Islamischer Staat». Ultimatum mit Todesdrohungen an Christen in Jerusalem weiterlesen