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Erfahrungen eines katholischen Theologen

Die Mitte des Christentums ist die wirkliche Selbstmitteilung Gottes

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Hochwürdigste Herren Bischöfe, lieber Herr Generalvikar von Freiburg, liebe Festgäste, Verwandte und Freunde! Wenn hier jetzt von mir auch geredet werden soll, dann bitte ich Sie flehentlich, nicht zu denken, dass, weil eine Geburtstagsfeier für einen Achtzigjährigen veranstaltet wird, dieser gute Mann nun ganz besondere Regierungserklärungen, grossartige Lebensprogramme oder vielleicht auch Testamente von sich geben werde, das ist nicht der Fall und ich bitte Sie sehr herzlich, das zu bedenken.

(Audio WMA hören? Karl Rahner – Erfahrungen eines katholischen Theologen)

Nach so vielen Laudationes direkter oder indirekter Art ist es mir etwas bange zu Mute, wenn ich jetzt auch selbst das Wort ergreifen soll, aber ich will es versuchen. Das Programm dieser Tagung kündet als mein Thema an: “Erfahrungen eines katholischen Theologen”. Ich meine damit weder sehr persönliche und intime Erfahrungen, die in eine eigentliche Biographie hinein gehören, die ich nie schreiben werde. Ich meine auch nicht in erster Linie kirchliche, kirchenpolitische oder klerikale Erfahrungen, die als meine mir zu unbedeutend erscheinen und darum heute auch nicht berichtet werden sollen. Ich meine Erfahrungen eines Theologen oder besser gesagt eines Menschen, der beauftragt war, ein Theologe zu sein, aber nicht so recht weiss, ob er diesem Auftrag gerecht geworden ist, wobei sich der Zweifel darüber nicht einmal als von der allgemeinen menschlichen Unzulänglichkeit nährt – das natürlich auch – als vielmehr von der Überforderung, die jedem theologischen Bemühen wesentlich innewohnt, weil es von der Unbegreiflichkeit Gottes reden muss.

Wenn hier nun von Erfahrungen geredet werden soll, so soll dazu von vornherein festgestellt werden, dass es sich zwar um theologische Aussagen handelt, die irgendwie auch sachlich sein wollen, aber doch in der Auswahl und Behandlung eine Subjektivität gar nicht leugnen wollen, sondern sich freimütig zu einer solchen bekennen.

Theologische Aussagen sind analoge Aussagen (3:04)

Die erste Erfahrung, von der ich sprechen will, ist die Erfahrung, dass alle theologischen Aussagen, wenn auch noch einmal in verschiedenster Weise, in verschiedenstem Grad analoge Aussagen sind. An sich ist das eine Selbstverständlichkeit. Für jede katholische Theologie, wird auf irgendeiner Seite jeder katholischen Theologie ausdrücklich gesagt und ist vielleicht für einen Theologen seit Erich Pschywara noch selbstverständlicher geworden. Aber ich meine, dieser Satz wir faktisch doch immer wieder bei den einzelnen theologischen Aussagen vergessen und das Erschrecken über dieses Vergessen ist die Erfahrung, von der ich zu reden versuchen will.

Ich fange ganz simpel an. Für ein primitives schulmässiges Verständnis des Begriffes der Analogie ist ein analoger Begriff – ich charakterisiere das sehr primitiv – dadurch gekennzeichnet, dass eine Aussage über eine bestimmte Wirklichkeit mit Hilfe dieses Begriffes zwar legitim und unvermeidlich ist, aber in einem gewissen Sinne auch immer gleichzeitig zurückgenommen werden muss, weil die blosse Zusage dieses Begriffes an die gemeinte Sache hin allein und ohne diese gleichzeitige Rücknahme, ohne diese seltsame und unheimliche Schwebe zwischen Ja und Nein den wirklichen gemeinten Gegenstand verkennen würde und so letztlich irrig wäre. Aber diese geheime und unheimliche, zur Wahrheit einer analogen Aussage notwendige Zurücknahme wird meistens nicht deutlich gemacht und vergessen. Es ist hier nicht möglich, eine eigentliche Erkenntnismetaphysik analoger Aussagen zu entwickeln und dabei der schulmässig naiven Meinung zu wehren, ein analoger Begriff sei eine hybride Kreuzung zwischen einem normal univoken und einem äquivoken Begriff, während doch für ein wahres Verständnis der Analogie diese eine fundamentale Grundstruktur der menschlichen Erkenntnis bedeutet. Mir kommt es hier auf die zum Wesen der Analogie gehörende und nur zu oft vergessene und sehr oft gar nicht im Einzelfall bedachte Zurücknahme der Zusage eines begrifflichen Inhaltes bei seiner bleibenden Zusage an. Das vierte Laterankonzil sagt ausdrücklich, man könne über Gott von der Welt aus, also von jedwedem denkbaren Ausgangspunkt unserer Erkenntnis aus, nichts an Inhaltlichkeit positiver Art sagen ohne dabei eine radikale Unangemessenheit dieser positiven Aussage mit der gemeinten Wirklichkeit selbst anzumerken. Aber im praktischen Betrieb der Theologie vergessen wir das immer wieder. Wir reden von Gott, von seiner Existenz, von seiner Persönlichkeit, von drei Personen in Gott, von seiner Freiheit, seinem uns verpflichtenden Willen und so fort. Wir müssen dies selbstverständlich. Wir können nicht bloss von Gott schweigen. Wir können nicht bloss schweigen, weil man dies nur wirklich kann, wenn man zuerst geredet hat. Aber bei diesem Reden vergessen wir dann meistens, dass eine solche Zusage immer nur dann einigermassen legitim von Gott ausgesagt werden kann, wenn wir sie gleichzeitig auch immer wieder zurücknehmen, die unheimliche Schwebe zwischen Ja und Nein als den wahren und einzig festen Punkt unserer Erkenntnis aushalten und so unsere Aussagen immer auch wieder hineinfallen lassen in die schweigende Unbegreiflichkeit Gottes selber. Wenn auch unsere theoretischen Aussagen noch einmal mit uns selber zusammen unser existentielles Schicksal teilen, das Schicksal einer liebend vertrauenden Hingabe unserer selbst, an die undurchschaubare Verfügung Gottes, an sein Gnadengericht, an seine heilige Unbegreiflichkeit. Ich meine, ich hoffe, dass kein Theologe das eben Gesagte oder das was mit diesem eben Gesagten gemeint ist, ernsthaft bestreiten wird. Aber wie sehr ist das gleichzeitig bei uns Theologen meist nur ein einzelner formaler Satz, der irgendwo in unserer Theologie auch gesagt wird. Wie wenig ist diese theologische Selbstverständlichkeit etwas, das wie eine Entelechie wirklich radikal und unerbittlich unsere gesamte Theologie mit allen ihren Aussagen durchdringt, wie sehr klingen unsere Aussagen von den Kathetern und auch von den Kanzeln und auch aus den geheiligten Dikasterien der Kirche so, dass man nicht gerade deutlich merkt, sie seien durchzittert von der letzten kreatürlichen Bescheidenheit, die weiss, dass der wirklich allein von Gott reden kann und darf, der weiss, dass alles Reden nur der letzte Augenblick vor jenem seligen Verstummen sein kann, das auch noch einmal die Himmel der klaren Schau Gottes von Angesicht zu Angesicht füllt. Man kann gewiss nicht jedes Mal zu jedem theologischen Satz ausdrücklich hinzufügen, er sei bloss analog gemeint und es sei dabei eigentlich eine grössere Ungleichheit zu der ausdrücklich ausgesagten Gleichheit anzumelden, aber man müsste doch eben in der Theologie deutlicher merken, dass man bei den einzelnen Aussagen nicht immer wieder vergessen darf, was man irgendwo allgemein und abstrakt behauptet von der Analogheit aller theologischen Begriffe. Wenn man den gemeinten theologischen Grundsatz, dieses theologische Grundaxiom, wirklich radikal realisieren würde, dann müsste dem Hörer dieser theologischen Aussagen deutlich werden, welch ungeheure Dimensionen der göttlichen und kreatürlichen Wirklichkeit von solchen unseren Aussagen gar nicht wirklich inhaltlich erfüllt sind, sondern stumm, leer bleiben. Wir sagen zum Beispiel mit dem Tod kommt der Mensch in seiner Endgültigkeit seiner sittlichen Verfassung, seines Verhältnisses zu Gott, kommt vor das Gericht Gottes. Das alles ist wahr, aber es sagt von der gemeinten Wirklichkeit in einer teils sehr formal abstrakten Weise, teils in rührend naiven Vorstellungen unendlich wenig über die Konkretheit dessen aus, was damit gemeint ist. Man sollte gewiss diese eben angesprochenen Leerräume unseres Wissens und Glaubens nicht mit den Naivitäten eines modernen Spiritismus ausfüllen, schon darum nicht, weil solche Ausfüllungen dann faktisch höchst uninteressant ausfallen. Aber man sollte eben wissen, dass mit solchen Aussagen auch bekannt wird und gleichzeitig vergessen gemacht wird, dass in sehr vieler Hinsicht solche Aussagen Leerräume für uns eröffnen und zugleich verschleiern, obwohl sie in sich erfüllt sind und uns unbekannt bleiben.

Was heisst es zum Beispiel sachlich: Der Menschensohn werde auf den Wolken des Himmels wiederkommen? Was heisst es, dass er sich in den Gestalten der Eucharistie mit Fleisch und Blut uns wahrhaft gibt? Was heisst es, dass der Papst unfehlbar ist in Kathedralentscheidungen? Was heisst es, dass es eine ewige Hölle gibt? Überhaupt, dass man im Ernst mit seiner winzigen Kreatürlichkeit etwas mit der grenzenlosen unsagbaren Wirklichkeit Gottes selber über alle unendlichen Distanzen hinweg zu tun haben könne? In der Theologie sagt man vieles und dann hört man auf und meint, eigentlich gegen seine eigenen Grundüberzeugungen, dass man wirklich jetzt am Ende sei und aufhören könne, dass die Voraussagen, die man gemacht hat, die allen metaphysischen und existentiell radikalen Durst stillenden Aussagen seien und nicht – wie es in Wahrheit ist – die Aufforderung zu merken, dass man mit all diesen Aussagen doch nur in jene antwortlose Aporie geraten sei, die nach Paulus 2 Kor 4, 8 (“In allem sind wir bedrängt, aber nicht erdrückt, im Zweifel, aber nicht in Verzweiflung, 9 verfolgt, aber nicht verlassen, zu Boden geworfen, aber nicht umgebracht.”) die Existenz des Menschen ausmacht. Ich möchte hier und kann hier über die Unbegreiflichkeit Gottes und damit über die wahre Sache der Theologie nicht ausführlicher reden, ich möchte nur die Erfahrung bezeugen, dass der Theologe erst dort wirklich einer ist, wo er nicht beruhigt meint, klar und durchsichtig zu reden, sondern die analoge Schwebe zwischen Ja und Nein über der Unbegreiflichkeit Gottes erschreckt und selig zugleich erfährt und bezeugt. Und ich möchte nur bekennen, dass ich als einzelner armer Theologe bei aller meiner Theologie zu wenig an diese Analogheit aller meiner Aussagen denke. Wir halten uns zu sehr in der Rede über die Sache auf und vergessen bei all dieser Rede im Grunde die beredete Sache selber.

Mitte des Christentums ist die wirkliche Selbstmitteilung Gottes (15:06)

Ein zweite Erfahrung, die sich aus der eben genannten von selbst ergibt, ist die Erfahrung, dass wir in unserer Theologie faktisch oft oder fast immer die eigentliche Mitte dessen vergessen, worüber wir eigentlich zu reden haben. Seit dem zweiten Vatikanischen Konzil wird zwar viel über die Hierarchie der Wahrheiten der christlichen Botschaft geredet. Faule und kurzsichtige Theologen werden, wenn sie bei einer Einzelfrage in ihrer Theologie in Schwierigkeiten geraten, gerne zur Ausflucht greifen, es komme bei dieser oder jener Einzelfrage nicht so genau drauf an, was wahr und was falsch ist. Aber was eigentlich die wirkliche Mitte der christlichen Botschaft sei, darüber denken wir natürlich nicht nicht nach, aber viel zu wenig nach. Man kann natürlich und mit Recht sagen, diese Mitte sei Jesus von Nazareth, der Gekreuzigte und Auferstandene nach dem wir Christen uns doch nennen. Aber wenn das wahr ist und hilfreich sein soll, dann muss doch genau gesagt werden, worum und wie dieser Jesus der sei, auf den man allein sich im Leben und Sterben verlassen könne. Was muss man aber auf diese Frage antworten? Wenn diese Antwort nicht das Bekenntnis wäre, dass die eigentliche Selbstmitteilung des unendlichen Gottes über alle kreatürliche Wirklichkeit und endliche Gabe Gottes hinaus das sei, was durch Jesus und ihn allein uns zugesagt, angeboten und garantiert ist, dann könnte die Wirklichkeit Jesu, weil sie ja in sich und in ihrer Botschaft im Endlichen und Kontingenten bliebe, vielleicht eine, vielleicht die beste, eben die jesuanische Religion begründen, aber nicht die absolute, jedem Menschen im Ernst zudenkbare Religion sei.

Sunrise Over the South Pacific Ocean - NASA 2013
Sunrise Over the South Pacific Ocean is an Image of NASA’s Day Gallery – 2013

Die eigentliche und einzig Mitte des Christentums und seiner Botschaft ist darum für mich die wirkliche Selbstmitteilung Gottes in seiner eigensten Wirklichkeit und Herrlichkeit an die Kreatur, ist das Bekenntnis zu der unwahrscheinlichsten Wahrheit, dass Gott selbst mit seiner unendlichen Wirklichkeit und Herrlichkeit, Heiligkeit, Freiheit und Liebe wirklich ohne Abstrich bei uns selbst in der Kreatürlichkeit unserer Existenz ankommen kann und alles andere, was das Christentum anbietet oder von uns fordert, demgegenüber nur Vorläufigkeit oder sekundäre Konsequenz ist. Man kann natürlich, was ich meine ganz anders ausdrücken. Würde ich das leugnen, würde ich dem widersprechen, was ich eben über die Analogheit aller theologischen Aussagen gesagt habe. Aber für mich wäre aller noch so fromme Jesuanismus, alles Engagement für Gerechtigkeit und Liebe in der Welt, aller Humanismus, der Gott für den Menschen verbrauchen will und den Menschen nicht in den Abgrund Gottes hineinstürzt, Religion eines unbegreiflich bescheidenen Humanismus, der uns einfach vor der ungeheuerlichen Gewalt der Liebe Gottes, in der Gott wirklich selber aus sich selber gerät, verboten ist.

(19:22) Wir können nur entweder alles, nämlich Gott in seiner reinen Gottheit wollen oder wir sind verdammt, d.h. begraben in dem Kerker unserer Endlichkeit.

Man kann natürlich in einer katholischen Theologie darüber spekulieren, ob eine reine Natur in sich selber unter der fernen Oberhoheit Gottes möglich und vollendet sein könne. In Wahrheit aber ist die Wirklichkeit so: gerade durch die Unerbittlichkeit der Gnade, dass wir entweder in unserer Endlichkeit ersticken oder dort ankommen, wo Gott als solcher selber ist. Man kann zwar meinen die nüchterne Feststellung machen zu können, dass – vielleicht von ein paar Heiligen abgesehen – dieser Durst des Absoluten, die Unerbittlichkeit des Unbedingten, die Ekstase des endlichen Geistes in Gott hinein bei den banalen Menschen gar nicht zu finden sei. Aber wenn auch die Theologie bei uns meist nur nachdenkt, wie die kirchlich und sakramental Betreuten vor das Angesicht Gottes selber kommen, müsste diese Theologie sehr viel mehr darüber nachdenken wie man sich einigermassen die Odyssee aller Menschen – auch der primitivsten – vor einer Million Jahren, auch der Nichtchristen und selbst der Atheisten so denken könne, dass diese Odyssee in Gott selber mündet. Man kann natürlich – ich empfinde es ein wenig billig und bequem – sagen dieses überall bei allen Menschen und zu allen Zeiten mögliche, wirkliche göttliche Heil geschehe auf Wegen, die Gott allein kenne. Das ist so wahr, dass ich es auch für mich mit aller christlichen Theologie letztlich der unerforschlichen Verfügung Gottes überlassen muss durch welche Ritzen in dem entsetzlichen Betonbunker des Egoismus er mit seiner befreienden Liebe wirklich einzudringen vermag. Aber in einem Zeitpunkt, an dem das Christentum wirklich real so verfasst sein kann und muss, dass es den Menschen in allen Kulturen und zu allen Zeiten angeboten werden kann, dass es ernsthaft ihre Religion solle werden können, muss eben doch über das anonyme Christentum überall und zu allen Zeiten nachgedacht werden, auch wenn mir an dem umstrittenen Wort als solchem gar nichts liegt. Es mag – wer weiss – eine ungeheuerliche Anmassung der Kreatur sein, wenn ein Einzelner sich nicht retten lassen will, ohne dass er sähe, wie sein Nächster gerettet werde. Es kann aber auch ein sublimer, letztlich von jedem Christen geforderter Akt seiner Nächstenliebe sein, wenn er eigentlich nur in der Hoffnung für alle für sich selber hofft und darum auch darüber nachdenkt, wie die Gnade Gottes, die letztlich Gott selber in seiner Selbstmitteilung ist, wirklich über alles Fleisch und nicht nur über ein paar sakramental Gezeichnete ausgegossen ist. Ich meine, dass es einem christlichen Theologen weiterhin nicht verboten ist, das Thema der Sündigkeit des Menschen und der Vergebung der Schuld aus reiner Gnade gegenüber dem Thema der radikalen Selbstmitteilung Gottes in einem gewissen Sinne etwas sekundärer zu empfinden, nicht als ob wir nicht in unserem Egoismus immer wieder neu verrannte Sünder seien, nicht als ob wir nicht der vergebenden Gnade Gottes bedürften, die von uns ohne jeden Anspruch unsererseits als reine Gnade entgegen genommen werden muss, nicht als ob es nicht selbstverständlich sei, dass die Selbstmitteilung Gottes faktisch sich immer als vergebende ereignet, nicht als ob die radikale Erfahrung unserer von uns aus hoffnungslosen Sündigkeit, in der wir zunächst unsere Freiheit konkret erfahren, nicht konkret nach dem Zeugnis der christlichen Erfahrung aller Zeiten immer die konkrete Situation wäre, in der ein Mensch wirklich nach Gott auszulangen beginnt. (25) Aber wenn wir heute sehen, wie schwer die Rechtfertigung als Vergebung der Sünde allein heute bei den Menschen ankommt, wenn überdies für einen katholischen Theologen Gott und seine Zusage seiner selbst an den Menschen wie immer sie genauer verstanden werden mag, schon im voraus zur Sünde reine Gnade ist, reines unerwartetes Wunder Gottes, der sich selber wegverschwendet und das Abenteuer einer solchen Liebe zu seiner eigenen Geschichte macht, dann meine ich darf man ruhig die Selbstmitteilung Gottes an die Kreatur als zentraleres Thema denn Sünde und Vergebung empfinden. Ich weiss, dass ein solcher Satz noch einmal höchst problematisch ist, besonders wenn er vor das Tribunal der Schrift gestellt wird. Aber wenn wir ja im Grunde gar nicht anders als in der Dimension der göttlichen Liebe zum Sünder über die Sünde nachdenken können, gibt es mindestens auch die Gefahr der Hybris, die Sünde zu ernst zu nehmen, zu vergessen, dass vielleicht gerade das, was uns an der Fürchterlichkeit der Menschheitsgeschichte am meisten erschreckt, trotz allem mehr Ergebnis der Kreatürlichkeit des Menschen in seiner unschuldigen Dummheit, Schwäche und Triebhaftigkeit ist als die eigentliche Sünde, die vor dem Gericht Gottes wirklich zu verantworten ist. Und somit meine ich doch aus durchaus christlicher Sicht und nicht von einem eingebildeten Humanismus her, es dürfe der Glaube an die Selbstmitteilung Gottes in freier Gnade, etwas dem Bekenntnis zur Sündigkeit des Menschen vorgeordnet werden. Es ist nach Ausweis der Geschichte des Glaubensbewusstseins eindeutig, dass in diesem Bewusstsein Geschichte, Veränderungen und Akzentverschiebungen geschehen. Wenn man seit den Zeiten des Historismus das nun auch ausdrücklich weiss und solche Veränderungen eben nicht nur faktisch tut und erleidet, dann kann man doch wohl heute auch das reflektierte Recht zu solchen Akzentverschiebungen in Anspruch nehmen und braucht sich darin nicht immer durch einen sterilen Rekurs auf die so genannte Tradition irre machen. Man kann dann der Meinung sein, mit solchen Akzentverschiebungen die christliche Botschaft heute plausibler und wirksamer ausrichten zu können. Im Zusammenhang unseren heutigen Überlegungen kommt es jetzt nicht eigentlich darauf an, die christliche Wirklichkeit als solche zu nennen und zu beschreiben, sondern etwas von der Erfahrung zu sagen, die man – natürlich sehr subjektiv – von dieser Wirklichkeit gemacht hat. Und so sei hier – wenn auch ein wenig ängstig – eingestanden, dass in meiner Theologie in einer sicher sehr problematischen Weise das Thema der Sünde und der Sündenvergebung gegenüber dem Thema der Selbstmitteilung Gottes ein wenig im Hintergrund steht. Aber, wenn man das so zugesteht, dass man nicht alle denkbaren Erfahrungen eines christlichen Menschen in seiner eigenen begrenzten Subjektivität gleichmässig realisieren kann, dann kann man doch den, der einem dies ankreidet fragen, ob er in seiner doch auch unweigerlich subjektiven Theologie nicht auch Defizite in Kauf nehmen müsse, um das, worauf es ihm ankommt, deutlich sagen zu können.

Theologie treiben in einer möglichst breiten Konfrontation und möglichst breitem Dialog (29:50)

Eine dritte ebenso willkürlich ausgewählte Erfahrung sei genannt. Wenn ein Theologe früher als Ordensmann, (30) als Angehöriger einer bestimmten spirituell geformten Familie im Unterschied zu andern Theologie trieb, dann war diese Theologie sehr unmittelbar und greifbar geprägt von einer ganz bestimmten Ordenstheologie. Die grossen Orden wie die Benediktiner, die Dominikaner, die Franziskaner und die Jesuiten hatten je ihre eigene als solche reflektierte Theologie. Sie pflegten sie, sie unterschieden sie von anderen, sie hatten, von der Kirche approbiert, ihre grossen – Kirchenlehrer genannt – Schulhäupter. Sie waren stolz auf je ihre eigene Theologie. Dagegen ist grundsätzlich nichts einzuwenden, vorausgesetzt, dass diese Unterschiede nicht – wie es früher oft vorkam – zu stur und parteilich geführten Schulstreitigkeiten führten, in denen mehr Worte als Sinn geboten wurde. Heute – meine ich – ist das nicht mehr so möglich wie früher. Von meinem Ordensrecht her müsste ich zum Beispiel ein Anhänger der so genannten Scientia media sein und müsste von daher die Gnadenlehre des Thomismus, so wie sie in der Zeit des Barock vertreten wurde, verwerfen und bekämpfen. Solche eindeutig geprägten Ordenstheologien gibt es aber wohl heute nicht mehr und kann sie nicht mehr geben. Die Fragestellung, das theologische Material mit dem man arbeiten muss, das Gewicht einer heutigen biblischen Theologie, die Ergebnisse einer sachlicheren Dogmen- und Theologiegeschichte machen bei vernünftigen Leuten es einfach unmöglich als Ordensmann einfach der Anhänger einer deutlichen und überlieferten Ordensschultheologie zu sein. Die wirklichen Unterschiede in der Theologie, die es natürlich heute erst recht gibt, gehen heute quer durch die Orden. Das bedeutet aber – so selbstverständlich es ist – noch längst nicht, dass die Theologie eines Ordensmannes nicht mit der Eigentümlichkeit des Lebens und der Spiritualität seines Ordens zu tun habe. Ich zum Beispiel hoffe, dass mein grosser Ordensvater Ignatius von Loyola mir zubilligt, dass in meiner Theologie so ein klein wenig von seinem Geist und seiner ihm eigenen Spiritualität merkbar ist – hoffe es wenigstens. Ich bin sogar der etwas unbescheidenen Meinung, dass in diesem oder jenem Punkt ich näher bei Ignatius stehe als die grosse Jesuitentheologie der Barockzeit, die nicht immer, auch nicht in wichtigeren Punkten eines legitimen Existentialismus des Ignatius, wenn man das so nennen kann, nicht genügend gerecht geworden ist. Wenn mir der kommunistische Ignatius Silone zu einem früheren Geburtstag eines seiner Bücher widmete mit dem handschriftlichen Motto: “Unum in una spes: libertas!” dann kann ich vielleicht ja als Jesuit daran denken, dass in dem nüchternen grandiosen Schlussgebet der Exerzitien, dort wo Ignatius sich ganz und restlos Gott anheim gibt, die Freiheit vor dem augustinischen Trinat: Gedächtnis, Verstand, Wille rangiert. (34:27) Ich glaube nicht, dass das nur ein Zufall der Wortwahl und der Rhetorik war, ich glaube aber nicht, dass die traditionelle Jesuitentheologie dies ganz ernst genommen habe, ich weiss auch nicht, ob dies in meiner Theologie wirklich ein wenig besser geworden sei, aber ich habe vielleicht es doch ein wenig versucht. Jedenfalls fühle ich mich auch als Jesuit nicht einer engen Schultheologie verpflichtet noch weniger einer bestimmten Schulphilosophie, aber aufs Ganze habe ich auch die von Mareschall her interpretierte thomistische Philosophie mehr geschätzt als den Suaresianismus, in dem ich zunächst aufgewachsen war. Natürlich kann man einer solchen heutigen Philosophie und Theologie, wie ich sie zu betreiben versuchte, den Vorwurf machen, man sei über einen Eklektizismus nicht hinausgekommen. Aber wo gibt es in der Welt eine systematische Philosophie und Theologie, die man nicht darum des Eklektizismus verdächtigen könnte, weil sie ja nachweislich Quellen verschiedenster Herkunft hat und wie könnte man heute Theologie anders treiben als in einer möglichst breiten Konfrontation und möglichst breitem Dialog mit all der heute ungeheuer differenzierten Vielfalt anthropologischer Wissenschaften. Wie kann dann aber eine solche Theologie, die überall zuzuhören versucht und von überall her lernen will den Vorwurf des Eklektizismus vermeiden. Natürlich weiss ich, dass in meiner Theologie vielleicht sehr vieles gar nicht eindeutig und klar zusammenpasst, was ich in ihr gesagt habe, weil ein Mensch bei dem ursprünglichen Pluralismus der Quellen seines Wissens gar nicht in der Lage ist, eine adäquate und allseitige Reflexion auf die Kohärenz seiner Sätze durch zu führen. Ein Theologe kann daher seine Freunde und seine Gegner nur bitten, seiner Theologie mit gnädigem Wohlwollen zu begegnen, Ansätze, Grundtendenzen, Fragestellungen wichtiger zu nehmen als die so genannten Ergebnisse, die ja schliesslich nie wirklich endgültig sein können.

Die Inkongruenz der Theologie mit den übrigen Wissenschaften (37:22)

Eine vierte und letzte Erfahrung sei gemeint auch wenn sie vielleicht schon in den bisher genannten Erfahrungen steckt und gewiss für die Theologie als solche nicht die wichtigste ist. Ich meine die Inkongruenz der Theologie mit den übrigen Wissenschaften. Ich meine damit jetzt keine subtile Frage einer theologischen Erkenntnistheorie oder der allgemeinen Wissenschaftslehre. Ich meine die schlichte Tatsache, dass ich von dem, was in allen Wissenschaften aber auch in allen anderen Äusserungen der Dichtung, der Musik, der bildenden Kunst und sogar der Menschheitsgeschichte überhaupt an Erfahrung und Wissen vom Menschen präsent ist, von mir nur in einem entsetzlich kleinen Teil wirklich erfahren wurde. Und ich weiss das, obwohl ich als Theologe eigentlich das alles wissen müsste. Wenn ich als Theologe nicht eigentlich bloss mit einem abstrakten Begriff von Gott arbeite, sondern ihn selber anzielen will, dann dürfte mir schlechterdings nichts von dem uninteressant sein, wodurch er sich als Schöpfer der Welt, als Herr der Geschichte geoffenbart hat. Man kann zwar ganz fromm behaupten, dass alles für mein Heil Wichtige in der Heiligen Schrift stehe und man darüber hinaus nichts zu wissen nötig habe. Aber wenn ich Gott um seiner selbst willen und nicht nur als mein Heil für mich lieben muss um ihn überhaupt zu finden, dann kann ich mein Interesse gar nicht auf die Schrift allein begrenzen, dann ist alles, wodurch sich Gott in der Welt der Kreaturen vernehmen liess für mich interessant und zwar gerade auch für den Theologen als solchen, der intellektuell in der Theorie die Sprengung eines falschen Heilsegoismus vornehmen soll. Aber von all dem, was ich darum gern wissen würde, weiss ich fast nichts. Alle menschlichen Erfahrungen in allen Wissenschaften, Künsten und Geschichtsereignissen reden für den Theologen von Gott und der einzelne Theologe weiss fast nichts von diesen Erfahrungen. Darum ist seine Theologie bei allem existentiellen Engagement, auf das man sich so gerne beruft, so abstrakt, so blutleer, so fern von dem, was zeigt, was die Welt und der Mensch sind. Gewiss hat der Theologe letztlich nur eines zu sagen. Aber dieses eine Wort müsste erfüllt sein mit der geheimen Essenz aller Wirklichkeit. Aber jedes Mal wenn ich irgendein Werk irgendeiner der modernen Wissenschaften aufschlage, gerate ich als Theologe in eine nicht ganz gelinde Panik. Ich weiss das allermeiste von dem, was da geschrieben ist, nicht und ich bin sogar meist ausser Stande, genauer zu verstehen, was da zu lesen ist. Und so fühle ich mich auch als Theologe irgendwie desavouiert. Die blasse Abstraktheit und Leere meiner theologischen Begriffe kommt mir erschreckend zum Bewusstsein. Ich sage: die Welt ist von Gott geschaffen, aber was Welt ist, davon weiss ich fast gar nichts und darum bleibt auch der Begriff der Schöpfung so seltsam leer. Ich sage als Theologe: Jesus ist auch als Mensch der Herr der gesamten Schöpfung und dann lese ich, dass der Kosmos Milliarden von Lichtjahren sich ausdehnt und frage mich dann erschreckt, was eigentlich der eben gesagte theologische Satz bedeute. Paulus wusste noch, in welcher Sphäre er die Engel ansiedeln wolle, ich weiss es nicht (Lachen der Zuhörer). Ich frage mich erschreckt, ob denn das ewige Reich Gottes so ungefähr zur Hälfte mindestens mit Seelen erfüllt sei, die nie zu einer personalen Lebensgeschichte gelangt sind, weil nach normaler kirchlicher Leere, die personal geistige und unsterbliche Seele schon bei der ersten Befruchtung des Eies durch das Sperma gegeben sei und andererseits nicht vorstellbar sei, wie die unzähligen natürlichen Aborte mit einer auch noch so anfänglichen personalen Freiheitsgeschichte vereinbar sei. Ich frage mich, wie man sich genauer die Urmenschheit vor zwei Millionen Jahren als die ersten Subjekte einer Heils- und Offenbarungsgeschichte denken könne und weiss keine sehr deutliche Antwort. Ich lasse mich von der profanen Anthropologie belehren, dass die Unterscheidung von Leib und Seele vorsichtiger gemacht und problematisch bleibe und kann darum die Lehre von Humani generis, dass der menschliche Leib aus dem Tierreich stamme, aber die Seele von Gott geschaffen sei nicht mehr so dualistisch interpretieren wie sie doch zunächst klingt. Ich frage mich, was das eine reale Bedeutung haben könne, ob ein Papst aufhören könne Papst zu sein durch eine Krankheit, die ihn entmündigt. Und so könnt’ ich noch lange noch lange noch lange weiterfragen mit Problemen, die die modernen Wissenschaften der Theologie aufgeben ohne dass sie dazu sehr deutliche Antworten schon gefunden hat oder vielleicht finden kann. Aber dann doch mindestens darüber nachdenken müsste, warum sie mit Recht bescheiden sagen kann, dass sie nicht alle Fragen, die ein Mensch in Geist und Herz hat, lösen könne. Wie ist es zum Beispiel weiter mit der eindeutigen Stabilität der menschlichen Natur, die von der Lehre über die moralischen Naturgesetze von der Kirche vorausgesetzt wird, wenn man das menschliche Wesen mit seiner doch gewordenen und veränderlichen genetischen Erbmasse in die Evolutionsgeschichte hineinstellt? Erschreckt man dann nicht manchmal vor dem Klang kirchlicher Moralverkündigung durch deren Eindeutigkeit und Unveränderlichkeit, die doch in dem menschlichen Wesen gar nicht so leicht zu finden sind? Der Theologe kann und muss in dieser Situation vorsichtig und bescheiden sein. Er muss natürlich dennoch den Mut haben, seine Botschaft auszurichten und zu seiner Überzeugung zu stehen. Er kann sich vielleicht dabei ein wenig mit der Beobachtung trösten, dass in den Naturwissenschaftlern selbst auch keine eindeutige Synthese gelingt zwischen dem, was sie als Naturwissenschaftler selber methodisch postulieren für ihre Arbeit und dem, was sie über ihren naturwissenschaftlichen Monismus hinaus dennoch an sich selber insgeheim als Freiheit, Verantwortung und Frage über das Einzelne hinaus erfahren. Wenn so der Theologe die bitteren Erfahrungen seines Nichtwissens macht, dann könnte er, wenn er diese Erfahrung mutig und unbefangen annimmt für die übrigen Wissenschaften Beispiel und Antrieb sein, ihre Wissenschaften aus derselben Haltung der Bescheidenheit und Selbstbegrenzung zu betreiben, so dass die Spannungen zwischen den Wissenschaften zwar nicht nur nicht beseitigt, sondern, weil eingestanden, sogar verschärft sind, aber der unvermeidliche Streit der Wissenschaften unter einander und mit der Theologie doch umfasst wäre von jenem Frieden, der unter denen herrschen kann, die alle, jeder in seiner Weise, das Geheimnis ahnen und erleiden, das wir Gott nennen.

Nun gäbe es noch sehr viele Erfahrungen zu berichten und die berichteten sind gewiss nicht die wichtigsten. Ich könnte erzählen von meinen Erfahrungen mit meinen Kollegen auf den Universitäten von Innsbruck, München und Münster, ich könnte sprechen von meinen Erfahrungen von 62 Jahren in meinem Orden als Jesuit, ich könnte freundliche und weniger erfreuliche Erinnerungen ausgraben, an römische Erlebnisse und so fort (das Publikum lacht). Ein Leben ist ja reich, auch wenn es im Alter hinter dem Nebel des Vergessens verschwindet.

Erfahrung der Erwartung des Kommenden (48:08)

Aber ich will nun noch von einer Erfahrung etwas zu sagen versuchen, von einer Erfahrung, die quer zu allem bisher berichteten liegt und darum nicht mit diesen mitgezählt werden kann. Ich möchte noch etwas sagen von der Erfahrung der Erwartung des Kommenden. Wenn wir als Christen das ewige Leben bekennen, das uns zu Teil werden soll, ist diese Erwartung des Kommenden zunächst keine besonders seltsame Sache. Gewöhnlich spricht man ja mit einem gewissen salbungsvollen Pathos über die Hoffnung des ewigen Lebens und fern sei mir so etwas zu tadeln, wenn es ehrlich gemeint ist. Aber mich selber überkommt es seltsam, wenn ich so reden höre. Mir will scheinen, dass die Vorstellungsschemen, mit denen man sich das ewige Leben zu verdeutlichen sucht, meist wenig zu der radikalen Zäsur passen, die doch mit dem Tod gegeben ist. Man denkt sich das ewige Leben, das man schon seltsam als jenseitig und nach dem Tod weitergehend bezeichnet zu sehr ausstaffiert mit Wirklichkeiten, die uns hier vertraut sind als Weiterleben, als Begegnung mit denen, die uns hier nahe sind, als Freude und Friede, als Gastmahl und Jubel und all das und Ähnliches, nie aufhörend und weitergehend immer und immer. Ich fürchte, die radikale Unbegreiflichkeit dessen, was mit dem ewigen Leben wirklich gemeint ist, wird verharmlost und was wir unmittelbare Gottesschau im ewigen Leben nennen, wird herabgestuft zu einer erfreulichen Beschäftigung neben anderen, die dieses Leben erfüllt. Die unsagbare Ungeheuerlichkeit, dass die absolute Gottheit selbst nackt und bloss in unsere enge Kreatürlichkeit hineinstürzt, wird nicht echt wahrgenommen. Ich gestehe, dass es mir eine quälende, nicht bewältigte Aufgaben eines Theologen von heute zu sein scheint, ein besseres Vorstellungsmodell für dieses ewige Leben zu entdecken, das diese genannten Verharmlosungen von vornherein ausschliesst. Aber wie, aber wie?

(51:15) Wenn die Engel des Todes all den nichtigen Müll, den wir unsere Geschichte nennen, aus den Räumen unseres Geistes hinausschaffen, hinausgeschafft haben, obwohl natürlich die wahre Essenz der getanen Freiheit bleiben wird; wenn alle Sterne unserer Ideale, mit denen wir selber aus eigener Anmassung den Himmel unserer Existenz drapiert haben, verglüht und erloschen sind, wenn der Tod eine ungeheuerlich schweigende Leere errichtet hat und wir diese glaubend und hoffend als unser wahres Wesen schweigend angenommen haben, wenn dann unser bisheriges noch so langes Leben nur als eine einzige kurze Explosion unserer Freiheit erscheint, die uns wie in einer Zeitlupe gedehnt vorgekommen ist, eine Explosion, in der sich Frage in Antwort, Möglichkeit in Wirklichkeit, Zeit in Ewigkeit, angebotene in getane Freiheit umsetzte und wenn sich dann in einem ungeheuren Schrecken eines unsagbaren Jubels zeigt, dass diese ungeheure schweigende Leere, die wir als Tod empfinden, in Wahrheit erfüllt ist von dem Urgeheimnis, das wir Gott nennen, von seinem reinen Licht und seiner alles nehmenden und alles schenkenden Liebe und wenn uns dann auch noch aus diesem weiselosen Geheimnis doch das Antlitz Jesu des Gebenedeiten erscheint und uns anblickt und diese Konkretheit die göttliche Überbietung aller wahren Annahme der Unbegreiflichkeit des weiselosen Gottes ist, dann dann so ungefähr möchte ich nicht eigentlich beschreiben, was kommt, aber doch stammelnd andeuten, wie einer vorläufig das Kommende erwarten kann, indem er den Untergang des Todes selber schon als Aufgang dessen erfährt, was kommt.

Achtzig Jahre sind eine lange Zeit. Für jeden aber ist die Lebenszeit, die ihm zugemessen ist, der kurze Augenblick, in dem wird, was sein soll.

Anteilnahme nicht zu lange ausführen oder auswalzen (54:09)

Und nun, sehr verehrte Zuhörer, ich möchte nach der Feier nicht noch einmal das Wort ergreifen mit Ausnahme einer kleinen Ausnahme ganz am Schluss und darum Ihnen jetzt schon herzlich danken für ihre Anteilnahme an dieser kleinen Geschichte, die mit einem Geburtstag von achtzig Jahren geschrieben ist. Ich danke Ihnen herzlich und bitte diesen herzlichen Dank nicht lange rhetorisch ausführen oder auswalzen zu müssen.

Bitte um ein kleines Gebet (54:55)

Ich danke Ihnen herzlich und bitte Sie als normaler Christ, der weiss worauf es ankommt, vielleicht sogar einmal ein kleines Gebet vor Gott zu tragen, damit seine Liebe und seine Barmherzigkeit mir endgültig zu Teil wird. (Langer Applaus des Publikums).

Weitere Hinweise und Quellen