Wie treu bin ich Christus? Lasse ich andere meinen Glauben spüren, mit Respekt, aber auch Mut?

Heiligsprechung von Papst Franziskus – 800 Märtyrer und 2 Ordensfrauen

L'Osservatore RomanoPapst Franziskus hat bei seiner ersten Heiligsprechung 800 italienische Märtyrer und zwei lateinamerikanische Ordensfrauen zur Ehre der Altäre erhoben. Vor mehreren Zehntausend Menschen auf dem Petersplatz erinnerte er an Christen in aller Welt, die auch heute Gewalt oder Anfeindungen ausgesetzt seien. “Gott gebe ihnen Mut zur Glaubenstreue“, betete der Papst. Franziskus ermunterte den bei der Messfeier anwesenden Präsidenten Manuel Santos von Kolumbien, den Friedensprozess mit Rebellen fortzusetzen. Schon seit Samstag, 11. Mai hingen große Darstellungen der neuen Heiligen von der Fassade des Petersdomes herab. Die kolumbianische Ordensgründerin Laura di Santa Caterina da Siena Montoya y Upegui (1874-1949) hat sich vor allem für die Urbevölkerung eingesetzt; sie ist die erste Heilige Kolumbiens überhaupt. Zweite neue Heilige aus Lateinamerika ist die mexikanische Ordensfrau Maria Guadalupe Garcia Zavala (1878-1963), die sich vor allem um Arme und Kranke kümmerte. Und schließlich galt es an diesem Sonntag, auch die so genannten „Märtyrer von Otranto“ in das Buch der Heiligen einzuschreiben: Die etwa 800 Gefährten des Schneiders Antonio Primaldo sind im Jahr 1480 von den Osmanen nach der Einnahme des süditalienischen Städtchens Otranto hingerichtet worden, weil sie sich geweigert hatten, ihrem Glauben abzuschwören.

Heiligsprechungen noch von Benedikt XVI. angekündigt

Alle Heiligsprechungen vom Sonntag, 12. Mai waren noch von Benedikt XVI. angekündigt worden – in dem Konsistorium des 11. Februar, bei dem der deutsche Papst dann auch überraschend seinen Rücktritt ankündigte. Damit fiel es dem Nachfolger Franziskus zu, die Heiligsprechungen vorzunehmen. Auf dem Petersplatz herrschte herrliches Frühlingswetter. Dreimal bat Kardinal Angelo Amato, der Leiter der Heiligsprechungskongregation, den Papst rituell um das Vornehmen der Heiligsprechung; dann verlas Franziskus auf Latein die Kanonisierungsformel. Reliquien der neuen Heiligen wurden zum Papstaltar gebracht und dort ausgestellt. Mit Franziskus zelebrierten Kardinäle aus den Ländern der neuen Heiligen, die Regierungen hatten Delegationen geschickt. Feierlich wurde das Evangelium zunächst auf Latein und dann auf Griechisch gesungen; dann predigte der Papst, der seit knapp zwei Monaten im Amt ist, auf Italienisch und auch in seiner spanischen Muttersprache. Ein „Fest der Heiligkeit“ sei diese Feier, so Papst Bergoglio. „Schauen wir auf die neuen Heiligen im Licht des Wortes Gottes – eines Wortes, das uns zur Treue bis hin zum Martyrium aufruft; das uns die Schönheit schildert, Christus und sein Evangelium zu allen Menschen zu bringen; und das uns von der Nächstenliebe spricht, ohne die das Martyrium und die Mission ihren christlichen Geschmack verlieren.“

Letztlich haben sie Europa gerettet…

Am Sonntag, den 12. Mai, hat Papst Franziskus die ersten Heiligsprechungen seines Pontifikates vorgenommen. Unter den neuen Heiligen, die noch von Papst Benedikt XVI. in seinem letzten Konsistorium am vergangenen 11. Februar – unmittelbar vor Bekanntgabe seines historischen Rücktritts – ausgerufen wurden, sind auch der selige Antonio Primaldo und seine Gefährten. Es handelt sich um eine Gruppe von Laienchristen, die der unbeschreiblichen Gewalt ottomanischer Eroberer ihren Glauben und Mut entgegengesetzt und sich einer zwangsweisen Konversion zum Islam verweigert hatten. Alle 800 Gefährten haben diese Weigerung mit dem Leben bezahlt; sie sind als die „Märtyrer von Otranto» in die Geschichte eingegangen. Donald Prudlo ist Professor für mittelalterliche Geschichte an der Jacksonville State University im US-Bundesstaat Alabama. Er erzählte uns die dramatische Geschichte der Märtyrer: „Mehmed II. war einer der mächtigsten und erfolgreichsten Herrscher in der ottomanisch türkischen Geschichte. Er hat im Jahr 1453 die als unbezwingbar geltende Stadt Konstantinopel eingenommen, und er hat die Balkanregion befriedet. In den 1470er Jahren bereitete Mehmed „der Eroberer“ einen tödlichen Schlag gegen Europa vor. Seine Flotte kam über das Mittelmeer, ohne auf Widerstand zu treffen. Nachdem er das „Neue Rom» eingenommen hatte, richtete er nun seine Aufmerksamkeit auf das „Alte Rom». Um die Widerstandsfähigkeit des christlichen Europas zu testen, sandte er 1480 eine Vorhut, deren Ziel die kleine, am Meer gelegene Stadt Otranto in Süditalien war. Während dieser Expedition wurden tausende von Menschen mit der Absicht abgeschlachtet, den Einwohnern der Halbinsel Terror einzuflößen. Nachdem die Stadt gefallen war, wurden ihre zivilen und religiösen Führer entweder enthauptet oder in Stücke gerissen.“
Achthundert Männern der Stadt wurde die Wahl gelassen, entweder zum Islam zu konvertieren oder getötet zu werden. Sie widersetzten sich einer zwangsweisen Konversion. Unter Führung des Schneiders Antonio Primaldi, der als Sprecher der Gruppe auftrat, wurden sie einer nach dem anderen auf einem Hügel nahe der Stadt geköpft, während ihre Familien zusehen mussten. „Die Bedeutung ihres Opfers war klar. Antonio und seine Mitbürger haben letztlich Europa gerettet – ihr mutiges Handeln gab der Christenheit einerseits die Zeit, sich wieder zusammenzuschließen, und andererseits, die Dimension der Bedrohung zu realisieren. Mehmed II. starb im folgenden Jahr im Alter von nur 49 Jahren, was die Expansionspläne der Ottomanen zunichte machte. […] Die Märtyrer von Otranto sind ein außergewöhnliches Zeugnis von Treue zu Christus, selbst inmitten schrecklicher Leiden. Einfache Laienchristen, bezwungen, führerlos, doch durch ihr Glaubenszeugnis gebunden auch in einer ihnen feindlichen Welt.“
Die Märtyrer von Otranto lehrten, dass „uns der Glaube über alle Begrenzungen des menschlichen Blickes und des irdischen Lebens hinwegschauen läßt“, so der Papst: „Er läßt uns den Himmel offen sehen“. „Bitten wir Gott, die vielen Christen zu unterstützen, die gerade zu unserer Zeit – heute! – in so vielen Teilen der Welt Gewalt, Anfeindungen und Diskriminierung ausgesetzt sind! Möge er ihnen den Mut zur Treue geben und dazu, auf das Böse mit dem Guten zu antworten!“

Die Armen sind der Leib Christi

Die zwei neuen Heiligen aus Lateinamerika schilderte Papst Franziskus als Vorbilder für die Nähe zu den Indios sowie zu den Armen, Kranken und Ausgestoßenen. Kolumbiens erste Heilige, Mutter Laura, stehe dafür, dass man den Glauben „nicht allein und isoliert“ leben könne. „Als ob das überhaupt möglich wäre, den Glauben isoliert zu leben! Nein, es gilt, ihn weiterzugeben und die Freude des Evangeliums in Wort und Lebenszeugnis auszustrahlen, wo auch immer wir gerade sein mögen! Es gilt, Jesus im Mitmenschen zu erkennen, alle Gleichgültigkeit zu überwinden und allen Individualismus, der die christlichen Gemeinschaften und unser eigenes Herz zerfrisst, und alle ohne Vorurteile oder Bedenken aufzunehmen, mit echter Liebe!“
Christen sollten „das Wertvollste weitergeben, das sie haben“, so Papst Franziskus. Das seien „nicht unsere Werke oder unsere Organisationen“, meinte er vom Redetext abweichend, sondern es seien „Christus und sein Evangelium“. Die neue mexikanische Heilige, Mutter Lupita, habe sich nicht gescheut, vor den Armen auf dem Krankenhausboden zu knien und ihnen beizustehen. „Das nennt sich: den Leib Christi berühren. Die Armen, Verlassenen und Kranken sind der Leib Christi! Mutter Lupita hat uns vorgemacht, wie wir in ihnen Christus selbst begegnen – ohne Scham, ohne Angst, ohne Ekel rühren wir Christus an.“ Diese Begegnung mit dem Herrn sei entscheidend, damit die Christen „aus ihrer kleinen Welt, die uns so schadet“, herauskommen. Der Papst empfahl den Gläubigen, ein bisschen nachzudenken über die Fragen: „Wie treu bin ich Christus? Lasse ich andere meinen Glauben spüren, mit Respekt, aber auch Mut? Bin ich aufmerksam für andere, merke ich es, wenn jemand mich braucht, sehe ich in allen Brüder und Schwestern, die ich lieben soll?

Möge Kolumbien weiter für den Frieden arbeiten

Am Ende der Messfeier betete Franziskus mit den Gläubigen auf der „Piazza San Pietro“ das österliche Mittagsgebet „Regina Coeli“. Dabei fand er auch einige Worte zu Italien, Kolumbien und Mexiko, den Heimatländern der neuen Heiligen. Italien solle „Hoffnung für die Zukunft schöpfen“, „auch in schwierigen Momenten“; Kolumbien könne sich an seiner ersten Heiligen „ein Beispiel der Eintracht und der Versöhnung“ nehmen. Der Papst wörtlich: „Mögen die Kolumbianer weiter für den Frieden und die gerechte Entwicklung ihrer Heimat arbeiten!“ Präsident Santos hat einen Dialogprozess mit den FARC-Rebellen begonnen, der trotz einiger Hindernisse zum ersten Mal seit langem Hoffnungen auf eine Befriedung in Kolumbien weckt. Mexiko schließlich rief der Papst dazu auf, „jeder Gewalt und Unsicherheit ein Ende zu machen und immer mehr auf dem Weg der Solidarität und des brüderlichen Zusammenlebens zu gehen“.
Der Papst aus Argentinien grüßte auch Teilnehmer eines „Marsches für das Leben“, der an diesem Sonntagmorgen etwa 300.000 Menschen vom römischen Kolosseum bis in die Nähe des Vatikans geführt hat. Er lud dazu ein, „weiter aufmerksam das wichtige Thema der Achtung vor dem menschlichen Leben von seiner Empfängnis an zu verfolgen“. Franziskus ermunterte auch die Organisatoren einer Unterschriftenkampagne, die sich für einen juridischen Status von Embryonen in der Europäischen Union einsetzen. Er wies darauf hin, dass es Mitte Juni im Rahmen des Glaubensjahres einen Tag für das Leben im Vatikan geben wird. Die letzten Worte des Papstes nach seinen ersten Heiligsprechungen lauteten, nicht untypisch: „Schönen Sonntag, und guten Appetit!“

Weitere Hinweise und Quellen

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