Schlagwort-Archive: Anthropologie

Anthropologie (griech. = die Lehre vom Menschen) heißt der reflexe Versuch des Menschen, sein Selbstverständnis apriorisch-transzendental oder von einer Offenbarung Gottes her oder aus aposteriorischen Wissenschaften (Medizin, Biologie, Psychologie, Soziologie usw.) zu gewinnen. Eine eigentlich theologische Anthropologie wird insofern als aposteriorisch erscheinen müssen, als sie dasjenige voraussetzt, was in der geschichtlichen Glaubensbotschaft als Aussage über den Menschen schon gehört ist. Indessen ist mit dieser Voraussetzung noch nicht von vornherein unmöglich gemacht, daß die in geschichtlicher Kontingenz von außen kommende Deutung des Menschen doch die absolute, grundlegende und entscheidende Interpretation des Menschen ist. Der Mensch ist ja von seinem Wesen her derjenige, der notwendig auf das geschichtlich Aposteriorische verwiesen ist und dieses nicht rationalistisch als «unwesentlich» abtun kann; in jeder Reflexion hat er sich (nur) als den historisch Bedingten, als den Weggegebenen und Umgehenden; diese geschichtliche Konkretheit kann er in keiner Wissenschaft adäquat reflektieren, das heisst von sich selbst als einem apriorisch Gehabten und Verstandenen ablösen (sosehr er das Wesen eines ursprünglichen Selbstbesitzes ist: Person, Befindlichkeit). Darum braucht die aposteriorische Anthropologie der Offenbarung dem adäquaten apriorischen Selbstverständnis des Menschen nicht als fremde Norm entgegenzutreten; darum kann die theologische Anthropologie legitim mit dem faktischen Selbstverständnis des Menschen aus dem historisch Gehörten und aus dem getätigten Glauben ansetzen.
a) Die Offenbarung des Alten Testaments und Neuen Testaments enthält Aussagen über den Menschen, die mit absoluter Verbindlichkeit auftreten und den Anspruch erheben, den Menschen erst und allein zur erfahrenen Erkenntnis seines eigentlichen (konkreten, historischen) Wesens zu bringen. Der Mensch wird als das in seiner Welt unvergleichliche Wesen geschildert, so sehr als Subjekt, daß er Partner Gottes ist, dem gegenüber alles andere von Gottes Schöpferwillen her und darum in seinem eigenen wahren Wesen nur Umwelt ist. Diese Subjektivität als Geist, Freiheit, ewig individuelle Bedeutung und Gültigkeit vor Gott, als Fähigkeit der Partnerschaft mit Gott in einem echt dialogischen «bundesfähigen» Verhältnis bis zur absoluten Nähe «von Angesicht zu Angesicht» im unzugänglichen Licht und in der «Teilhabe an der göttlichen Natur», in dem Erkennen, wie wir erkannt sind, ferner als die Möglichkeit, als Äußerung Gottes selbst anwesend zu sein (Menschwerdung Gottes), macht den Menschen wirklich zu einem Seienden, das im letzten nicht Teilstück eines größeren Ganzen (Welt), sondern das Ganze in je einmaliger Weise selbst, eben Subjekt, Person, «Existenz» im Gegensatz zum Vorhandenen ist. Die echt geschichtliche, das heisst einmalige (nicht zyklische) Geschichte des Kosmos ist ein Moment an dieser Geschichte zwischen Gott und Mensch von Anfang an bis zum Ende; die Geschichte des Menschen ist nicht ein Moment einer umfassenden Kosmogonie, sondern Welt ist nur die vorausgesetzte Ermöglichung der Geschichte des Menschen und hat in dieser ihren letzten Ermöglichungsgrund: das Ende des Kosmos ist von der Geschichte des Menschen vor Gott bestimmt. Innerhalb dieser Geschichte weiß sich der (christlich glaubende) Mensch trotz seiner Geschöpflichkeit und Sündigkeit und in ihr als der von Gott geschichtlich Angesprochene, und zwar mit dem Wort absoluter, freier, also gnadenhafter Selbsterschließung Gottes in dessen eigenstem Leben. Diese Aussage ist einerseits für den Christen als zusammenfassende Aussage dessen, was er glaubend von sich hört, unmittelbar verständlich und ist anderseits als ursprünglicher Ansatz der theologischen Anthropologie geeignet.
b) Von diesem Grundansatz her ergibt sich die Kreatürlichkeit als die umfassendste Bestimmung des Menschen, und zwar primär die subjekthafte Kreatürlichkeit (von der die Geschaffenheit des bloß Vorhandenen nur ein defizienter Modus ist), also die unendliche Offenheit für Gott in dem, der nicht Gott ist, als zugleich positive und negative Bestimmung, die in ihren beiden Seiten im selben Maß vor dem unvergleichlichen Gott wächst.
c) Trotz einer Erkennbarkeit der Tatsache der Offenbarung durch die natürliche Vernunft (siehe Praeambula fidei) ist der eigentliche Hörer der göttlichen Offenbarung derjenige Mensch, der die göttliche Offenbarung in absolutem (also liebendem), durch die Selbstmitteilung Gottes in Gnade ermöglichten Glaubensgehorsam so annimmt, daß die Qualität des göttlichen Wortes als der Selbstoffenbarung nicht verlorengeht und durch das Apriori des Hörenkönnens des endlichen Menschen nicht zu einem menschlichen Wort depotenziert wird. Von hier aus ließe sich der Unterschied zwischen Natur und Gnade ursprünglich gewinnen: Gnade ist die apriorische Fähigkeit der konnaturalen Aufnahme der Selbsterschließung Gottes im Wort (Glauben-Lieben) und in der Anschauung Gottes; Natur ist die bleibende, in diesem Hörenkönnen vorausgesetzte Verfassung des Menschen derart, daß der Sünder und Ungläubige sich dieser andrängenden Selbsterschließung Gottes verschließen kann, und derart, daß diese Selbsterschließung dem Menschen als schon geschaffenem gegenüber noch als das freie Wunder der personalen Liebe erscheinen kann, das er von «sich» ( = Natur) her nicht fordern kann, obwohl es ihm zugesprochen werden kann und er dafür wesentlich offen ist (siehe Potentia oboedientialis).
d) Von der Geschichtlichkeit des Hörens des Wortes Gottes her wird die Geschichtlichkeit des Menschen als seine Grundbestimmung und als theologische Aussage deutlich, die sich ausgezeichnet erweist an seiner Umwelthaftigkeit, Leiblichkeit, Geschlechtlichkeit, an der Einheit der Menschheit, darin, daß er auf Gemeinschaft angelegt ist, am agonalen Charakter seines Daseins, an der geschichtlichen Bedingtheit und unaufholbaren Unverfügbarkeit seiner Situation.
e) Die theologische Anthropologie muß dem Verhältnis zwischen ihr und der Christologie besondere Aufmerksamkeit schenken. Die Inkarnation ist nur dann recht vernommen, wenn die Menschheit Jesu nicht nur das letztlich doch äußere Instrument ist, mit dem sich ein unsichtbar bleibender Gott verlautbart, sondern genau das, was Gott selber (Gott bleibend) wird, wenn er sich selbst entäußert in die Dimension des Anderen seiner selbst, des Nichtgöttlichen. Auch wenn Gott die Welt schaffen könnte ohne Inkarnation, so ist mit diesem Satz doch vereinbar, daß die Möglichkeit der Schöpfung in der radikaleren Möglichkeit der Selbstentäußerung Gottes begründet ist (da ja in dem einfachen Gott nicht einfach verschiedene Möglichkeiten nebeneinanderliegen). Dann aber ist der Mensch in ursprünglicher Definition: das mögliche Anderssein der Selbstentäußerung Gottes und der mögliche Bruder Jesu. Von Gott und vom Menschen her erscheint so die Christologie als die radikalste, überbietende Wiederholung der theologischen Anthropologie.
f) Eine geschlossene theologische Anthropologie ist heute noch nicht gegeben. Was die Offenbarung Gottes über den Menschen sagt, das ist auf die einzelnen theologischen Traktate vor allem der Dogmatik verteilt, ohne daß der systematische Grund der ganzen Anthropologie schon reflex herausgearbeitet wäre.
kthW

Selbstlose Solidarität und Rückkehr zur Ethik in der Finanz- und Wirtschaftswelt – zum Wohl des Menschen

Franziskus ruft in Santa Marta zur Reform des globalen Finanzmarktes auf

Papst Franziskus ruft in Santa Marta zur Reform des globalen Finanzmarktes auf

Papst Franziskus hat am Donnerstag, 16. Mai zu einer Reform des globalen Finanzmarktes im Sinne des Gemeinwohls aufgerufen. Erstrebenswert sei eine „ethische“ Reform des Systems, sagte der Papst beim Antrittsbesuch der nicht beim Heiligen Stuhl residierenden Botschafter von Luxemburg, Botswana, Kirgisistan und des Inselstaates Antigua und Barbuda im Vatikan. Diese Reform könnte dann zu einer „wirtschaftlichen Reform“ führen, die dem Gemeinwohl zugutekomme, so Franziskus. Die Verantwortlichen in Politik und Finanzwirtschaft rief er zu „mutigen» Schritten auf: „Ich fordere sie dazu auf, diese Herausforderung anzugehen, mit Entschiedenheit und Weitblick, und dabei natürlich die Besonderheit der Umstände zu beachten. Geld soll dienen und darf nicht regieren! Selbstlose Solidarität und Rückkehr zur Ethik in der Finanz- und Wirtschaftswelt – zum Wohl des Menschen weiterlesen