Über die Hilfe beim Wiederaufbau der Häuser von Christen in der Ninive-Ebene
Das Hilfswerk «Kirche in Not» beteiligt sich am Wiederaufbau der durch den IS zerstörten Häuser von Christen in der Ninive-Ebene (Irak). Von den im Sommer 2014 rund 130‘000 vertriebenen Christen wollen rund 40 Prozent in ihre ehemaligen Wohnorte zurückkehren. Weitere rund 45 Prozent überlegen sich eine Rückkehr. Diese Zahlen zeigen, dass die meisten Christen im Irak bleiben wollen. Denn am Montag, 8. Mai 2017, hat «Kirche in Not» in den Dörfern Bartella, Karamles und Baghdeda (Karakosch) drei Baustellen für den Wiederaufbau der ersten 105 Häuser christlicher Binnenflüchtlingsfamilien eingeweiht (siehe auch obige Karte). Den Eigentümern wurde je ein Olivenbäumchen überreicht, das als Symbol des Friedens und der Versöhnung in ihren Gärten wachsen soll.
Zerbrechlich wie ein junger Olivenbaum, nicht wahrnehmbar wie das Senfkorn aus dem Gleichnis des Evangeliums – so begann der Wiederaufbau der ersten Häuser von 105 christlichen Familien in der Ninive-Ebene. Die erste Baustelle wurde am Donnerstag, 11. Mai 2017, in Baghdeda eröffnet. Die neue Hoffnung geht von den Kirchen in den vom selbsternannten Islamischen Staat (IS) geplünderten und zerstörten Dörfern aus. Die Übergriffe des IS in der Ninive-Ebene zwangen im August 2014 rund 130.000 Christen dazu, ihre Häuser zu verlassen und in Kurdistan Zuflucht zu suchen. Am Dienstag, 9. Mai 2017, überreichte Philipp Ozores, der Generalsekretär von «Aid to the Church in Need» (ACN), in der kleinen Mar-Shmoni-Kirche in Bartella 35 syrisch-orthodoxen Familien, deren Häuser in den nächsten Tagen vom Ninive-Wiederaufbau-Komitee („Nineveh Reconstruction Committee“ NRC) wiederhergerichtet werden sollen, je ein Olivenbäumchen. Das Komitee setzt sich aus Vertretern der Syrisch-orthodoxen, der Syrisch-katholischen und der Chaldäischen Kirche sowie aus drei von «Kirche in Not» ernannten Beratern zusammen und hat die Aufgabe, den Wiederaufbau von fast 13.000 christlichen Häusern zu planen, die in der Ninive-Ebene durch den IS zerstört worden sind.
Tausende Häuser wieder aufbauen
In Bartella müssen 1.451 Häuser wiederaufgebaut werden, die syrisch-orthodoxen Familien gehören. 75 der Häuser sind vollständig zerstört, 278 verbrannt und 1098 teilweise beschädigt. Die Wasser- und Stromversorgung wurde erst vor wenigen Tagen wiederaufgenommen. Erzbischof Timothaeus Moussa Al-Shamany von der Syrisch-orthodoxen Kirche von Antiochia, der auch der Prior des Klosters St. Matthäus ist, verhehlte in seiner Predigt während der Feier zur Überreichung der Olivenbäumchen nicht die Schwierigkeiten dieses Unterfangens:
„Vor einigen Monaten haben wir die Befreiung unserer Städte erwartet. Heute warten wir auf den Wiederaufbau. Die Rückkehr in unsere Städte ist noch schwieriger, als es die Flucht aus ihnen war.“
Nach der Feier in Bartella begab sich der kleine „Konvoi der Hoffnung“ nach Karamles. Dort überreichten Philipp Ozores, Pater Andrzej Halemba, der Nahostreferent von «Kirche in Not» und Interimsvorsitzende des Wiederaufbaukomitees, sowie Pater Salar Kajo, der Verantwortliche des Wiederaufbaus der chaldäischen Dörfer Telleskuf, Bakofa, Badnaya, Telkef und Karamles weiteren 20 Familien jeweils ein Olivenbäumchen. Die Zeremonie fand in der teilweise vom IS niedergebrannten chaldäischen Kirche „Mar Adday“ statt.
Trotz Leid mit Freude an den Wiederaufbau
Nach der Zeremonie erinnerte der 76jährige Habib Yuossif Mansuor an das Leid, das es bedeutet hatte, das eigene Dorf zu verlassen:
„Wir haben dem Schmerz ins Antlitz geschaut. Nach Mitternacht sind wir geflohen und haben unsere Häuser und unseren ganzen Besitz zurückgelassen. Ich hatte ein zweistöckiges Haus hier in Karamles, das bombardiert und dem Erdboden gleichgemacht wurde. Wir sprechen alle die gleiche Sprache, also möchten wir als Brüder in unsere Städte in der Ninive-Ebene zurückkehren. Als hätten wir nur ein Herz. Wir wollen vereint leben und arbeiten, als wären wir nur ein Leib. Wir danken dem Herrn und «Kirche in Not».“
In Karamles müssen 754 Häuser wieder instandgesetzt werden. 89 davon sind vollständig zerstört, 241 verbrannt, 424 sind teilweise beschädigt. Die Wasserversorgung wurde am Dienstag, 9. Mai 2017, wieder in Gang gesetzt: ein kleines aber wichtiges Zeichen der Hoffnung. In Baghdeda fand die letzte der Olivenbaumzeremonien statt. Hier müssen 6.327 Häuser wiederhergestellt werden, die syrisch-katholischen Christen gehören. 108 dieser Häuser sind ganz zerstört. Dazu kommen weitere 400 Häuser, die syrisch-orthodoxen Christen gehören (davon sind nur sieben Häuser komplett zerstört). Aber es mangelt nicht an Begeisterung und Kompetenz: 40 Ingenieure haben sich „anheuern“ lassen, um die Stadt wieder aufzubauen, und 2000 Arbeiter sind bereit, mit der Arbeit zu beginnen. Die Wiederaufnahme der Stromversorgung breitet sich langsam auf die ganze Stadt aus.
Im Althajra-Dom, der der Unbefleckten Empfängnis Mariens geweiht ist und den der IS in Brand gesteckt hatte, um mit dem Rauch die amerikanischen Militärflugzeuge zu verwirren, überreichen Ozores und der syro-katholische Erzbischof von Mosul, Kirkuk und Kurdistan, Yohanna Petros Mouche, 50 Familien die Olivenbäumchen. Die Predigt des Erzbischofs im Dom wurde mehrfach durch Applaus unterbrochen. Er wies darauf hin, dass die Eintracht das einzige Mittel sei, um das gemeinsame Ziel zu erreichen.
„Wir wollen unsere Aufmerksamkeit nicht auf die Stimmen derer richten, die uns entmutigen und die den Aufbau verhindern wollen. Unser Entschluss zur Rückkehr steht trotz all der Herausforderungen, die uns erwarten, fest. Wir haben in Christus einen starken Felsen, der uns Hoffnung gibt. Wir müssen standhaft bleiben, weil dies unsere Erde und unser Erbe ist. Ich bin sehr froh, dass uns eine Organisation wie «Kirche in Not» zur Seite steht.“
Zuversicht oder der Glaube an den Sieg des Guten
Auch Azhaar Naissan Saqat, ein 46järiger Assistenzarzt, der direkt aus Baghdeda stammt und der drei Jahre als Binnenflüchtling in Erbil verbracht hat, wo er zwei Ambulanzen für Vertriebene leitet, dankte «Kirche in Not».
„Wir hatten schon fast jede Hoffnung verloren, und nach so langem Warten ist es uns dank der Hilfe von «Kirche in Not» und anderen Organisationen, die uns beim Aufbau unserer Häuser helfen, gelungen, in unsere Stadt zurückzukehren. Diese «Kirche in Not» hat uns die Hoffnung zurückgegeben, dass wir wieder in unsere Häuser, in unsere Kirchen zurückkehren und das normale Leben wieder aufnehmen können.»
«Heute wollen wir uns an diesem kleinen Zeichen des Wiederaufbruchs festhalten – genau wie im Gleichnis vom Senfkorn im Evangelium“,
sagte der Generalsekretär von «Kirche in Not» international, Philipp Ozores.
„Aber mit der Hilfe Gottes und derer unserer Wohltäter hoffen wir, dass die Ninive-Ebene die Christen wiederaufnehmen kann, die fliehen mussten. Hoffen wir, dass dieses Gebiet bald wieder zu einem Ort des Lebens und des Friedens für alle werden möge.“
Mitte Mai 2017 wird die Zeremonie der Überreichung der Olivenbäumchen auch in Teleskuf, einem chaldäischen Dorf mit 1.268 wiederaufzubauenden Dörfern stattfinden. Die Mehrheit (1.123) der dortigen Häuser wurde jedoch nur leicht beschädigt, und die Hoffnung ist mehr als begründet, dass das Dorf in kurzer Zeit wieder bevölkert sein wird. In der Tat sind bereits 500 christliche Familien nach Teleskuf zurückgekehrt. «Kirche in Not» stellte bis jetzt für den Wiederaufbau 450‘000 Schweizer Franken bereit.
Spenden mit Vermerk «Irak» können gerichtet werden an:
Kirche in Not
Aide à l’Église en Détresse
Aid to the Church in Need
ACN SCHWEIZ LIECHTENSTEIN
Cysatstrasse 6, 6004 Luzern
Postkonto 60-17200-9
IBAN CH55 0900 0000 6001 7200 9
Luzerner Kantonalbank
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