Christen in Ägypten wissen nie, wo die Extremisten als nächstes zuschlagen

Bedrohte Kirchen und Häuser von Christen im ägyptischen Bistum Minya

Trotz einer gewissen Verbesserung der Sicherheitslage der Christen in Ägypten zeigt sich der Medienverantwortliche der dortigen katholischen Kirche, Pater Rafik Greiche, nach wie vor besorgt. Gegenüber dem internationalen katholischen Hilfswerk Kirche in Not sagte Greiche vor kurzem: «Es ist in Kairo etwas ruhiger geworden. Wir haben aber immer Angst, was als nächstes passiert. Die Muslimbrüder und andere Extremisten drohen damit, Kirchen und christliche Häuser anzugreifen. So wissen wir nie, wo sie als nächstes zuschlagen.» Jüngstes Beispiel für die nach wie vor prekäre Lage der ägyptischen Christen nach dem Sturz des Muslimbruders Mohammad Mursi am 3. Juli ist der versuchte Mordanschlag auf den koptischen Bischof Makarios, Bistum Minya am Montag, 30. September. Pater Rafik beschreibt den Mordversuch vom Montag folgendermassen:

«Bischof Makarios, der koptisch-orthodoxe Bischof von Minya, war auf dem Weg in das Dorf Saru, um dort eine trauernde Familie zu besuchen. In dem Ort gibt es eine seit etwa zehn Jahren geschlossene Kirche. Schnell verbreitete sich das Gerücht, dass der Bischof gekommen sei, die Kirche wiederzueröffnen. Das führte dazu, dass Dschihadisten das Feuer auf den Wagen des Bischofs eröffneten. Er konnte sich in Sicherheit bringen. Aber der Schusswechsel dauerte über eine Stunde.»

Dorfbewohner hätten die unmaskierten Männer eindeutig als Dschihadisten erkannt. Pater Rafik betonte, dass die oberägyptische Provinz Minya neben der Provinz Suhag eine Hochburg radikaler Muslime sei. Sie seien dort sehr präsent und verfügten über Rückhalt in Familien. Zudem könnten sie sich durch Rückzug in die nahe Wüste dem Zugriff der Sicherheitskräfte leicht entziehen. Schon am Sonntag, einen Tag vor dem Mordanschlag auf den Bischof, war es in dem ebenfalls in der Provinz Minya gelegenen Ort Ezbet Zakariya zu Übergriffen gegen Christen gekommen. Christliche Häuser wurden dort von Dschihadisten für die Brandschatzung freigegeben und die Familien seien aus dem Ort geflohen, bestätigte Pater Rafik.

Überforderte Behörden und Sicherheitskräfte in Ägypten

Im Zusammenhang mit diesem Mordanschlag auf Bischof Makarios ist die Frage laut geworden, ob die ägyptischen Behörden ihrer Aufgabe nachkämen,
die Christen und ihre Einrichtungen vor radikal-islamisch motivierten
Gewaltakten zu schützen. Die Antwort auf diese Frage gab Pater Rafik folgendermassen:

«Die Sicherheitskräfte tun, was sie können. Genug ist es aber nicht. Leider sind sie aber mit vielen anderen Problemen beschäftigt. Jetzt erst wieder wollte die Muslimbruderschaft den Tahrirplatz in Kairo besetzen. Es liegt also nicht daran, dass sie uns nicht schützen wollen. Sie können es aufgrund ihrer begrenzten Kapazitäten häufig einfach nicht.»

Die Kirche versuche deshalb, so gut es gehe, selbst Schutzmassnahmen zu ergreifen. So seien etwa Löschgeräte für den Fall eines Brandanschlags verstärkt angeschafft worden. Als bedeutsam bezeichnete Pater Rafik indes, dass es immer wieder Fälle gebe, wo Muslime aus der Nachbarschaft Übergriffe von Muslimbrüdern etwa gegen eine Kirche abgewehrt hätten.

«Ich habe es selbst erlebt: Die Menschen kämpfen bis zur Ankunft der Polizei gegen die Angreifer. Das zeigt, dass die Muslimbrüder anders als behauptet nicht über Rückhalt in der Bevölkerung verfügten. Die Menschen lehnen die Muslimbruderschaft ab.»

Im vergangenen Jahr 2012 unterstützte Kirche in Not Projekte in Ägypten mit rund CHF 860 000.-.

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