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Der Anfang der Kirche Jesu Christi ist möglich geworden, weil es in Israel Menschen suchenden Herzens gab

Exerzitien zur Fastenzeit Teil VI mit Benedikt XVI. aus acht Jahren Pontifikat

Bild: berlinertageszeitung.deLaudetur Jesus Christus! Hier ist Radio Vatikan. Radioexerzitien in der Fastenzeit. Willkommen zur sechsten Folge, mein Name ist P. Bernd Hagenkord. Hören Sie nun die sechste Folge unserer Radioexerzitien mit Papst Benedikt XVI. [0:53] In der Taufe sind wir alle Kinder Gottes geworden und als Getaufte sind wir zur Heiligkeit berufen. Die Liebe Gottes soll durch uns in die Welt hinein ausstrahlen. Dabei helfen uns die Heiligen, die uns die Kirche Tag für Tag vor Augen stellt. Sie sind gelebtes Evangelium. Ihr Beispiel zeigt uns, wie auch wir heute die Frohbotschaft konkret leben können. Vertraut also auf die Hilfe der Heiligen. Sie sind uns Fürsprecher und Begleiter auf all unseren Wegen. [2:09] Es ist eines der Themen, das immer und immer wieder in den Ansprachen und Predigten Papst Benedikts XVI. auftaucht: die Heiligen. Gottes Liebe gilt, möchte man sagen. Wir können sehen, wie es gilt. Der Liebe Begleiter, die Heiligen, auf unserer Pilgerschaft des Lebens. Es sind nicht immer alles glänzende Heilige, aber sie pilgern auf Jesus zu, ein Bild, das Benedikt XVI. mit Hilfe des Stammbaumes Jesus meditiert und von dort aus weiterentwickelt.

[2:56] Der Stammbaum mit seinen hellen und finsteren Gestalten, mit seinem Gelingen und seinem Scheitern zeigt uns, dass Gott auch auf den krummen Linien unserer Geschichte gerade schreiben kann. Gott lässt uns unsere Freiheit und er weiss doch in unserem Versagen neue Wege seiner Liebe zu finden. Gott scheitert nicht. So ist dieser Stammbaum eine Gewähr für Gottes Treue, eine Gewähr dafür, dass Gott uns nicht fallen lässt, und eine Einladung, unser Leben immer neu nach ihn auszurichten, immer neu auf Jesus Christus zuzugehen. Pilgern heisst, eine Richtung haben, auf ein Ziel zu. Dies gibt auf dem Weg und seiner Mühsal seine Schönheit. Unter der Pilgern des Stammbaums Jesu waren manche, die das Ziel vergessen haben und sich selber zum Ziel machen wollten. Aber immer wieder hat der Herr auch Menschen erweckt, die sich von der Sehnsucht nach dem Ziel treiben liessen und danach ihr Leben ausrichteten. Der Aufbruch zum christlichen Glauben, der Anfang der Kirche Jesu Christi ist möglich geworden, weil es in Israel Menschen des suchenden Herzens gab, Menschen, die sich nicht in der Gewohnheit einhausten, sondern nach Grösserem Ausschau hielten: Zacharias, Elisabeth, Simeon, Anna, Maria und Josef, die Zwölf und viele andere. Weil ihr Herz wartete, konnten sie in Jesus den erkennen, den Gott gesandt hatte, und so zum Anfang seiner weltweiten Familie werden. Die Heidenkirche ist möglich geworden, weil es sowohl im Mittelmeerraum wie vorderen und mittleren Asien, wohin die Boten Jesu kamen, wartende Menschen gab, die sich nicht mit dem begnügten, was alle taten und dachten, sondern nach dem Stern suchten, der sie den Weg zur Wahrheit selbst, zum lebendigen Gott weisen konnte. Dieses unruhige und offene Herz brauchen wir, es ist der Kern der Pilgerschaft.

[6:31] Gott hat sich klein gemacht für uns. Gott kommt nicht mit äusserer Macht, sondern er kommt in der Ohnmacht seiner Liebe, die seine Macht ist. Er gibt sich in unsere Hände, er bittet um unsere Liebe, sie lädt uns ein, selbst klein zu werden, von unseren hohen Thronen herunterzusteigen und das Kind-sein vor Gott zu erlernen. Er bietet uns das Du an, er bittet, das wir ihm vertrauen und so das Sein in der Wahrheit und in der Liebe erlernen. Das Kind Jesus erinnert uns natürlich auch an alle Kinder dieser Welt, in denen er auf uns zugehen will, an die Kinder, die in der Armut leben, als Soldaten missbraucht werden, die nie die Liebe der Eltern erfahren durften, an die Kranken und Leidenden, aber auch an die fröhlichen und gesunden Kinder. Europa ist arm an Kindern geworden. Wir brauchen alles für uns selber und wir trauen wohl der Zukunft nicht recht. Aber zukunftslos wird die Erde erst sein, wenn die Kräfte des menschlichen Herzens und der vom Herzen erleuchteten Vernunft erlöschen, wenn das Antlitz Gottes nicht mehr über der Erde leuchtet. Wo Gott ist, da ist Zukunft!

[8:58] Auf Christus schauen, wenn wir das tun, dann sehen wir, dass das Christentum mehr und etwas anderes ist, als ein Moralsystem, als eine Serie von Forderungen und von Gesetzen. Es ist das Geschenk einer Freundschaft, die im Leben und im Sterben trägt. Nicht mehr Knechte nenne ich euch, sondern Freunde, sagt der Herr zu den Seinen [vgl. Johannes 15,15]. Dieser Freundschaft vertrauen wir uns an. Aber gerade weil das Christentum mehr ist als Moral, eben das Geschenk einer Freundschaft, darum trägt es in sich auch eine grosse moralische Kraft, deren wir angesichts der Herausforderungen unserer Zeit so sehr bedürfen. Wenn wir mit Jesus Christus und mit seiner Kirche den Dialog von Sinai immer neu lesen und in seine Tiefe eindringen, dann zeigt sich ein grosse, gültige, bleibende Weisung. Der Dekalog ist ein Ja zu Gott, zu einem Gott, der uns liebt und uns führt, der uns trägt und uns doch unsere Freiheit lässt, ja sie erst zur Freiheit macht: die ersten drei Gebote. Er ist ein Ja zur Familie, 4. Gebot, ein Ja zum Leben, 5. Gebot, ein Ja zu verantwortungsbewusster Liebe, 6. Gebot, ein Ja zur Solidarität, sozialer Verantwortung und Gerechtigkeit, 7. Gebot, ein Ja zur Wahrheit, 8. Gebot, und ein Ja zur Achtung anderer Menschen und dessen, was ihnen gehört, 9. und 10. Gebot. Aus der Kraft unserer Freundschaft mit dem lebendigen Gott heraus, leben wir dieses vielfältige Ja und tragen es zugleich als Wegweisung in diese unsere Weltstunde hinein.

[11:50] Der Herr lädt euch ein zur Pilgerschaft der Kirche auf ihrem Weg durch die Zeit. Er lädt euch ein, seinen Pilgerweg mitzugehen und teilzuhaben an seinem Leben, das auch heute noch ein Kreuzweg und der Weg des Auferstandenen durch das Galiläa unseres Lebens ist. Immer aber ist es der eine Herr, der uns zum einen Glauben durch die eine Taufe beruft. Die Teilnahme an seinem Weg bedeutet also beides, die Dimension des Kreuzes mit Misserfolgen, Leiden, Unverstandensein, ja sogar Verachtung und Verfolgung, aber auch die Erfahrung einer tiefen Freude in seinem Dienst und die Erfahrung des grossen Trostes aus der Begegnung mit ihm. Nachfolgen – wir wollen nachfolgen – nachfolgen heisst in die Gesinnung Christi, in den Lebensstil Christi hineinwachsen, so sagt es uns der Philipperbrief, hat die Gesinnung Jesu Christi. Romano Guardini berichtet in seiner Autobiographie, wie ihm in einem kritischen Augenblick seines Weges, in dem ihm der Glaube seiner Kindheit fraglich geworden war, der tragende Entscheid seines ganzen Lebens, die Bekehrung geschenkt wurde. In der Begegnung mit dem Wort Jesu, dass sich nur findet, wer sich verliert. Dass ist keine Selbstfindung, keine Selbstverwirklichung geben kann, ohne das Sichloslassen, das sich Verlieren. Aber dann kommt ihm die Frage: Wohin darf ich mich verlieren, wem mich verschenken? Ihm wurde klar, dass wir uns nur dann ganz weggeben können, wenn wir dabei in Gottes Hände fallen. Nur an ihm dürfen wir uns letztlich verlieren, nur in ihm können wir uns finden. Aber dann kam die Frage: Wer ist Gott? Wo ist Gott? Und nun begriff er, dass der Gott, an den wir uns verlieren dürfen, nur der in Jesus Christus konkret und nahegewordene Gott ist. Aber da bricht noch einmal eine Frage auf: Wo finde ich Jesus Christus? Wie kann ich mich ihm wirklich geben? Die von Guardini in seinem Ringen gefundene Antwort lautet: Konkret gegenwärtig ist uns Jesus Christus nur in seinem Leib, der Kirche. Darum muss Gehorsam gegen Gottes Willen, Gehorsam zu Jesus Christus, ganz konkret und praktisch, demütig, kirchlicher Gehorsam sein. Ich denke, auch darüber sollten wir immer wieder gründlich unser Gewissen erforschen. All dies findet sich zusammengefasst in dem Gebet des hl. Ignatius von Loyola, das mir immer wieder so zu gross ist, das ich es fast nicht zu beten wage und das wir uns doch immer neu abringen sollten:

Nimm hin, o Herr, und empfange meine ganze Freiheit, mein Gedächtnis, meinen Verstand und meinen ganzen Willen, all mein Haben und mein Besitzen. Du hast es mir gegeben, Dir, Herr, gebe ich es zurück. Alles ist Dein, verfüge nach Deinem ganzen Willen. Gib mir nur Deine Liebe und Deine Gnade, dann bin ich reich genug und verlange weiter nichts.

[16:31] Und damit endet unsere Sendung. Ihnen alles Gute, wo immer Sie uns zuhören. Hier ist Radio Vatikan. Laudetur Jesus Christus!

Weitere Hinweise und Quellen

Nachweis der Audioausschnitte für die 6. Folge der Radioexerzitien von Radio Vatikan am 5. März 2013

  • Predigten am 8. Sept 2007 in Mariazell
  • Generalaudienz am 20. August 2008

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