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Gericht (Letztes, Jüngstes Gericht). Das Gericht muß gesehen werden im Zusammenhang mit der Vollendung der Welt und der Geschichte als ganzer; damit wird auch deutlich, daß jene neutestamentlichen Aussagen, die das Gericht eng verbinden mit der Parusie (Mt 25,31-46; Mk 14,62) am Tag des Herrn und der Auferstehung (Mt 10,15; 11,21ff; mit Parallelen) zu den wesentlichen Aussagen über das Gericht gehören. Insofern diese Vollendung einerseits als inneres Moment in sich begreift, daß das Vollendetsein der in Freiheit getanen ganzen Geschichte der Welt radikal offenbar wird, und anderseits diese Vollendung nicht einfach das Ergebnis der weltimmanenten Entwicklung, sondern von der souveränen Verfügung Gottes abhängig ist (gesetztes, nicht bloß erzieltes Ende), heißt sie Gericht Gottes. Insofern sie in ihrer Eigenart letztlich durch das Wesen und die Tat Jesu Christi (und dies wegen der Christozentrik aller Wirklichkeit in allen Dimensionen) wesentlich bestimmt ist, heißt diese Vollendung Gericht Christi. Insofern diese Vollendung alle (in gegenseitiger Bezogenheit, und zwar bei Vollendung zur Endgültigkeit sowohl des Guten wie des Bösen) betrifft, heißt es allgemeines Gericht Insofern es die endgültige, die Geschichte beendende Vollendung ist, heißt es Letztes (Jüngstes) Gericht.

I. Das kirchliche Lehramt bezeugt ein allgemeines Gericht in den Glaubensbekenntnissen («der wiederkommen wird zu richten die Lebendigen und die Toten»). Das besondere Gericht des Einzelnen, das dem Tod folgt, wird vom Konzil von Florenz gelehrt (DS 1304 ff); vgl. dazu noch besonders Tod.

II. Die theologische Problematik liegt in der Bestimmung des Verhältnisses zwischen allgemeinem und besonderem Gericht Das Wesen des Menschen bedingt eine dialektische Einheit von Aussagen über den einen Menschen, deren Momente weder adäquat miteinander verrechnet noch rein auf die beiden «Teile» des Menschen (Seele-Leib) verteilt werden können. Der Mensch ist ein je einmaliges, in sich selber ständiges (also nicht zum bloßen Moment des Weltganzen und seiner Geschichte reduzierbares) geistiges Seiendes und in Materie ständiges Weltwesen, das dem Geschick der einen Welt verhaftet ist. Entsprechend der unauflöslichen dialektischen Einheit dieser beiden Gruppen von Aussagen läßt sich auch die Vollendung dieses einen Menschen prinzipiell nur in zwei dialektisch zueinander stehenden und zusammengehörenden Aussagen aussprechen: in den Sätzen einer individuellen und in denen einer kosmischen Eschatologie. Dem Wesen des Menschen wird der moderne Versuch, durch Entmythologisierung eine bloß individualistische Eschatologie zu erreichen, nicht gerecht. Ebensowenig aber auch die Neigung, die sich z.B. in der reformatorischen Theologie vordrängt, eine individuell eschatologische Eschatologie zu überspringen zugunsten einer kosmischen Eschatologie, in der der Einzelne nur ein Moment an diesem Ereignis ist. Aber auch der Versuch ist nicht berechtigt, die materialen Momente der einen Vollendung des einen Menschen adäquat und eindeutig auf schlechthin zwei, durch einen Zeitabstand voneinander getrennte, untereinander beziehungslose Ereignisse zu verteilen. Denn die Vollendung des Menschen als kosmisches Wesen (z.B. «Auferstehung des Fleisches») ist auch ein Moment an der Vollendung seiner Jeeinmaligkeit (so daß er auch als Geist erst in jenem Ereignis schlechthin vollendet ist), und die Vollendung des einzelnen Menschen als je er selbst (z.B. «Anschauung Gottes») ist ein Moment an der kosmischen Weltgeschichte. Dieses grundsätzliche Verhältnis zwischen Verschiedenem und doch nicht adäquat Aufteilbarem in den Aussagen der allgemeinen und individuellen Eschatologie obwaltet auch zwischen allgemeinem und partikulärem Gericht – Die Aussagen des NT und des Lehramtes über das Gericht sind nicht dazu geeignet, als Instrument kirchlicher Drohungen zu dienen: gegenüber einem Gericht, bei dem Jesus Richter ist, kann sich feste Hoffnung darauf richten, daß die Gerechtigkeit Gottes durch sein Erbarmen erfüllt wird; auch die Rede vom Gericht ist Teil des Evangeliums. Die Aussagen vom Gericht und die damit volkstümlich verbundenen Vorstellungen von einer «ausgleichenden Gerechtigkeit» dispensieren den Christen nicht davon, mit allen Kräften schon jetzt die Gerechtigkeit und damit die Verheißung als verstehbare – zu realisieren.

III. Diese prinzipiellen theologischen Erwägungen vorausgesetzt, sind mit Sicherheit noch folgende neutestamentlichen Aussagen über das Gericht nicht bildhafte Einkleidung: Eine Vorausberechnung des Gerichtes ist unmöglich (Mt 24,43-51; Lk 17,20f). Maßstab des Gerichtes ist die Stellung zu Jesus Christus und die im Leben getätigte Liebe, insbesondere zu denen, mit denen sich Jesus identifizierte (Mt 25,31-46; 18,23-35). Der Christ kann dem Gericht mit Zuversicht entgegensehen (1 Thess 5,3; Gal 5,5; Kol 3,4; 1 Kor 6,1-5; Röm 8,1.31-39; 1 Petr 1,8f; Jo 5,24). Ein strenges Gericht haben die kirchlichen Amtsträger zu erwarten (Jak 3,1).

kthW

Aus dem Glaubensbekenntnis: Von dort wird er kommen, zu richten die Lebenden und die Toten

21. Katechese zum Jahr des Glaubens von Papst Franziskus

Bild: L'Osservatore RomanoDas Sprechen vom Jüngsten Gericht ist kein Grund, Angst zu haben oder zu machen. Mit diesem Gedanken erläuterte Papst Franziskus am Mittwoch, 24. April bei der Generalaudienz einen weiteren Vers des Glaubensbekenntnisses. Der Petersplatz war wieder übervoll, der Platz davor auch, und die Menschen standen bis weit in die breite Zugangsstraße, die Via della Conciliazione hinein, um den Papst zu hören und zu sehen. „Von dort wird er kommen, zu richten die Lebenden und die Toten“: Dieser Vers des Glaubensbekenntnisses war das Thema der Katechese des Papstes. Er drücke die Spannung aus, die in der Welt sei: Sie habe begonnen mit der Schöpfung des Menschen nach Gottes Antlitz und sie ende im jüngsten Gericht. „Die beiden Pole der Geschichte werden leicht vergessen, und vor allem der Glaube in die Wiederkunft Christi und das Gericht, er ist oft nicht klar und wird in den Herzen der Gläubigen übergangen. Jesus selber hat während seines öffentlichen Auftretens immer wieder von der Wirklichkeit seines Wiederkommens gesprochen.“

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