Bild: Kirche in Not

Die Menschen haben noch Angst vor der Rückkehr des IS

Trotz Vertreibung des IS aus Al Kariatain werden Christen nicht schnell zurückkehren

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Pater Jihad Youssed von der syrisch-katholischen Ordensgemeinschaft von Mar Musa

Nach der Vertreibung der dschihadistischen Terrormiliz Islamischer Staat (IS) aus der syrischen Stadt Al Kariatain (Al Qaryatayn) hat sich ein Mitglied der dort ansässigen katholischen Ordensgemeinschaft skeptisch bezüglich einer raschen Rückkehr der Christen des Ortes gezeigt. Pater Dschihad (Jihad) Jussef (Yousef) von der syrisch-katholischen Ordensgemeinschaft von Mar Musa sagte am Mittwoch, 6. April 2016, gegenüber dem internationalen Hilfswerk Kirche in Not:

„Die geflohenen Bewohner, Christen wie Moslems, haben Angst. Sie fürchten, dass der IS wieder zurückkommen kann. … Eine schnelle Rückkehr der Menschen hängt auch davon ab, wie lange das Stadtgebiet Militärzone bleibt. Außerdem ist die Infrastruktur wie Wasser und Elektrizität weitgehend zerstört. Und viele Bewohner leben ja gar nicht mehr in Syrien sondern sind ins Ausland geflohen.“

Der syrischen Armee war es zu Wochenbeginn gelungen, den Ort zu zurückzuerobern, nachdem er seit Anfang August vergangenen Jahres von der Terrormiliz besetzt gehalten worden war. Zahlreiche Bewohner waren geflohen. Zeitweise waren neben dem bereits im Mai entführten und im Oktober wieder freigekommenen Ordensmann Pater Jacques Mourad und einem Begleiter auch zahlreiche Christen aus Al Kariatain (Al Qaryatayn) in der Geiselhaft des IS. Das dort befindliche Mar Elian-Kloster der Gemeinschaft von Mar Musa war unmittelbar nach der Eroberung des Ortes in Teilen zerstört worden. Vom IS veröffentlichte Bilder zeigten Bulldozer, die die in Teilen auf das 5. Jahrhundert zurückgehende Anlage planierten. Pater Dschihad (Jihad) gegenüber Kirche in Not berichtete weiter:

„Der archäologische Teil ist vernichtet. Glücklicherweise ist aber nicht die ganze Gebäudeanlage zerstört. … Die Mauern der Kirche stehen noch, wenn auch das Dach nicht mehr da ist. Leider wurde der Altar zerstört. Außerdem haben sie den Sarkophag des heiligen Elian zertrümmert.“

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Eucharistiefeier der Mar Elian-Gemeinschaft, Syrien

Es sei aber ein Zeichen Gottes und ein großer Trost für die Gemeinschaft, so Pater Dschihad, dass die Gebeine nicht vernichtet oder entwendet worden seien sondern sich verstreut noch vor Ort befänden. Pater Dschihad (Jihad) zeigte sich zuversichtlich, den zertrümmerten Marmorsarkophag des Heiligen wieder restaurieren zu können:

„Die Christen verehren den heiligen Elian sehr. Auch Moslems sind früher an sein Grab gepilgert. Wir wollen die heiligen Reliquien einsammeln und ihnen wieder einen würdigen Platz geben. … Bis zu einer möglichen Wiederherstellung des Klosters könnten die Gebeine an einen anderen Ort gebracht werden.“

Entscheidend ist für den Ordensmann aber die geistliche Erneuerung. so Pater Dschihad, dessen Gemeinschaft sich besonders dem Dialog von Christen und Moslems widmet:

„Natürlich hängen wir an dem Kloster. Wir haben viel Arbeit investiert, es zu einem Ort des Gebets und Dialogs zu machen. Kirche in Not hat uns dabei entscheidend unterstützt. Aber wir hängen nicht an Steinen. Unser Jerusalem ist im Himmel. Und bei Gott verliert man nichts. Materie lässt sich wiederherstellen. Viel entscheidender als die Restauration von Steinen und die Widerherstellung des Klosters ist es, die Herzen zu versöhnen. … Wir sind den Wohltätern und Betern von Kirche in Not dankbar für ihre Hilfe beim Ausbau des Klosters vor einigen Jahren gewesen. Leider ist es jetzt schwer beschädigt. … Wir bitten die Beter deshalb jetzt für das Gebet für Syrien. Möge der Hass aus den Herzen weichen.“

Seit dem Ausbruch des Kriegs in Syrien hat Kirche in Not Hilfsgelder im Umfang von 11.5 Mio. Schweizer Franken zur Verfügung gestellt.