Fassungsloses Schweigen unter den im Apostolischen Palast versammelten Kardinälen

Papst Benedikt XVI. tritt zurück – Daten und Fakten

Em. Papst Benedikt XVI.
Benedikt XVI. Anno domini 2005

Papst Benedikt XVI. will zurücktreten. Das kündigte der 85-Jährige an diesem Montag überraschend bei einem Treffen mit Kardinälen an. Er sei „zur Gewißheit gelangt, dass meine Kräfte infolge des vorgerückten Alters nicht mehr geeignet sind, um in angemessener Weise den Petrusdienst auszuüben“, so der Papst wörtlich. Ab dem 28. Februar, 20.00 Uhr, ist der Bischofsstuhl von Rom damit vakant, und ein neues Konklave steht am Horizont. Es ist der erste angekündigte Rücktritt eines Papstes in der Neuzeit. Nach seiner Ankündigung herrschte für einen Moment fassungsloses Schweigen unter den im Apostolischen Palast versammelten Kardinälen. Benedikt XVI. kündigte seinen Rücktritt auf Latein an. Hier ist der volle Text auf Deutsch:
Liebe Mitbrüder!
Ich habe euch zu diesem Konsistorium nicht nur wegen drei Heiligsprechungen zusammengerufen, sondern auch um euch eine Entscheidung von großer Wichtigkeit für das Leben der Kirche mitzuteilen. Nachdem ich wiederholt mein Gewissen vor Gott geprüft habe, bin ich zur Gewißheit gelangt, daß meine Kräfte infolge des vorgerückten Alters nicht mehr geeignet sind, um in angemessener Weise den Petrusdienst auszuüben. Ich bin mir sehr bewußt, daß dieser Dienst wegen seines geistlichen Wesens nicht nur durch Taten und Worte ausgeübt werden darf, sondern nicht weniger durch Leiden und durch Gebet. Aber die Welt, die sich so schnell verändert, wird heute durch Fragen, die für das Leben des Glaubens von großer Bedeutung sind, hin- und hergeworfen. Um trotzdem das Schifflein Petri zu steuern und das Evangelium zu verkünden, ist sowohl die Kraft des Köpers als auch die Kraft des Geistes notwendig, eine Kraft, die in den vergangenen Monaten in mir derart abgenommen hat, daß ich mein Unvermögen erkennen muß, den mir anvertrauten Dienst weiter gut auszuführen. Im Bewußtsein des Ernstes dieses Aktes erkläre ich daher mit voller Freiheit, auf das Amt des Bischofs von Rom, des Nachfolgers Petri, das mir durch die Hand der Kardinäle am 19. April 2005 anvertraut wurde, zu verzichten, so daß ab dem 28. Februar 2013, um 20.00 Uhr, der Bischofssitz von Rom, der Stuhl des heiligen Petrus, vakant sein wird und von denen, in deren Zuständigkeit es fällt, das Konklave zur Wahl des neuen Papstes zusammengerufen werden muß.
Liebe Mitbrüder, ich danke euch von ganzem Herzen für alle Liebe und Arbeit, womit ihr mit mir die Last meines Amtes getragen habt, und ich bitte euch um Verzeihung für alle meine Fehler. Nun wollen wir die Heilige Kirche der Sorge des höchsten Hirten, unseres Herrn Jesus Christus, anempfehlen. Und bitten wir seine heilige Mutter Maria, damit sie den Kardinälen bei der Wahl des neuen Papstes mit ihrer mütterlichen Güte beistehe. Was mich selbst betrifft, so möchte ich auch in Zukunft der Heiligen Kirche Gottes mit ganzem Herzen durch ein Leben im Gebet dienen.
Aus dem Vatikan, 10. Februar 2013

Papst Benedikt XVI.: Ein Pontifikat in Daten und Fakten

Papst Benedikt XVI. zieht sich von seinem Amt zurück. Hier die zentralen Stationen seines achtjährigen Pontifikates, zusammengefasst von der Katholischen Nachrichten-Agentur.
2005
19. April: In einem der kürzesten Konklave der Kirchengeschichte wird Kardinaldekan Joseph Ratzinger bereits im vierten Wahlgang gewählt. Der 265. Papst der Kirchengeschichte nennt sich Benedikt XVI., in Erinnerung an den Friedenspapst Benedikt XV. und an den Patron Europas und Ordensgründer Benedikt von Nursia.
13. Mai: Benedikt XVI. gibt überraschend grünes Licht für das Seligsprechungsverfahren seines Vorgängers Johannes Paul II.
9. Juni: Der Papst betont, er wolle die christlich-jüdischen Beziehungen weiter voranbringen.
18. bis 21. August: Bei seiner ersten Auslandsreise kommt der Papst zum Weltjugendtag nach Köln. Mit rund einer Million Menschen feiert er den meistbesuchten Gottesdienst auf deutschem Boden.
2006
25. Januar: Papst Benedikt XVI. legt mit «Deus caritas est» (Gott ist die Liebe) seine erste Enzyklika vor.
20. Februar: Der Papst verurteilt im sogenannten Karikaturenstreit die muslimischen Ausschreitungen in mehreren Ländern. Gewalt als Antwort auf Beleidigungen seien mit der Religion nicht vereinbar.
März: Der Papst verzichtet nach 1.500 Jahren auf den Titel eines «Patriarchen des Abendlandes», wohl als ökumenische Geste gegenüber der Orthodoxie.
24. bis 28. Mai: Seine zweite Auslandsreise führt Benedikt XVI. in die Heimat des Vorgängers Johannes Paul II. In Krakau feiert er mit rund einer Million Menschen eine Messe. Den Abschluss der Polen-Reise bildet im ehemaligen Konzentrationslager Auschwitz das symbolträchtige Gedenken des «deutschen Papstes» an die Opfer des Nationalsozialismus.
Juli: Messe mit mehr als einer Million Menschen beim Weltfamilientag in Valencia.
9. bis 14. September: Benedikt XVI. besucht seine bayerische Heimat. Stationen sind München, Altötting, Marktl, Regensburg und Freising. Ein Vortrag des Papstes in der Regensburger Universität löst einen mehrwöchigen weltweiten Disput aus. Muslime sehen durch ein historisches Zitat den Propheten Mohammed beleidigt. Der Vatikan startet eine umfassende Krisendiplomatie und eine Dialog-Offensive mit dem Islam.
28. November bis 1. Dezember: Benedikt XVI. reist unter höchsten Sicherheitsvorkehrungen in die Türkei. Weltweite Beachtung finden vor allem die Gespräche des Papstes mit Politikern und Muslim-Vertretern sowie seine Versöhnungsgesten gegenüber dem Islam, etwa sein Besuch in der Blauen Moschee in Istanbul.
2007
14. März: Die Glaubenskongregation verurteilt Thesen des Befreiungstheologen Jon Sobrino – die erste öffentliche Maßregelung unter Benedikt XVI.
16. April: Am 80. Geburtstag des Papstes erscheint sein neues Buch, ein theologisches Grundsatzwerk über «Jesus von Nazareth».
Mai: Benedikt XVI. eröffnet die Generalversammlung der Bischöfe Lateinamerikas und der Karibik in Aparecida/Brasilien.
Juni: Der Papst schreibt an die chinesischen Katholiken und verlangt volle Religionsfreiheit im Land. Der chinesischen Führung bietet er einen konstruktiven Dialog an.
Juli: Benedikt XVI. erleichtert die Feier der alten lateinischen Messe in der vorkonziliaren Form von 1962 als «außerordentliche Form der Liturgie der Kirche». Beobachter werten die Maßnahme als Zugeständnis an die Traditionalisten.
2008
Februar/März: Die Reform der Karfreitags-Fürbitte im vorkonziliaren Messritus von 1962 ruft Proteste und Verstimmung in der jüdischen Welt hervor.
April: Seine achte Auslandsreise führt den Papst in die USA. Höhepunkte sind Gespräche im Weißen Haus, eine Rede vor den Vereinten Nationen sowie ein Besuch am Ground Zero in New York. Juli: Besuch beim Weltjugendtag in Sydney.
2009
Januar: Zum 50. Jahrestag der Ankündigung des Zweiten Vatikanischen Konzils nimmt Benedikt XVI. die Exkommunikation für vier Bischöfe der traditionalistischen Priesterbruderschaft Pius X. aus dem Jahr 1988 zurück. Er erfüllt damit die letzte Bedingung der Traditionalisten, in einen offiziellen Dialog mit dem Vatikan einzutreten. Fast zeitgleich wird ein TV-Interview veröffentlicht, in dem einer der vier den Holocaust leugnet. Ein Proteststurm und eine monatelange Debatte, vor allem in Deutschland, folgen.
Benedikt XVI. erteilt allen Tendenzen von Antisemitismus und Relativierung der Schoah eine klare Absage. Im März räumt der Papst in einem Brief an die Bischöfe der Weltkirche Probleme in der internen Kommunikation ein und beklagt die auch kircheninterne Kritik an seinen Motiven, im Dienst der Kircheneinheit zu handeln. Im Juli wird die zuständige Vatikanbehörde «Ecclesia Dei» in die Glaubenskongregation eingegliedert.
Mai: Der Papst absolviert eine Pilgerfahrt ins Heilige Land. Die Reise nach Jordanien, Israel und in die Palästinensergebiete wird ein diplomatischer Erfolg.
Juli: Benedikt XVI. veröffentlicht seine erste Sozialenzyklika, «Caritas in veritate». Sie befasst sich unter anderem mit den ethischen Aspekten der Globalisierung und der weltweiten Finanz- und Wirtschaftskrise.
November: Benedikt XVI. ermöglicht mit einem Erlass kollektive Übertritte von Anglikanern zur katholischen Kirche unter weitgehender Beibehaltung ihrer Traditionen. Der Vatikan unterstreicht wiederholt, dass die neuen Strukturen in Form eines sogenannten Personalordinariates keine Belastung für den ökumenischen Dialog zwischen Katholiken und Anglikanern sein dürften. Man wolle Personen, die um Aufnahme nachsuchen, eine neue geistliche Heimat anbieten.
2010
Frühjahr: In einer neuen Welle erreicht der Missbrauchsskandal in der katholischen Kirche weitere Länder, darunter auch Deutschland und Österreich. Monatelange Debatten und eine Welle von Kirchenaustritten sind die Folge.
September: Die Reise Benedikts XVI. nach Schottland und England ist der erste Staatsbesuch eines Papstes in Großbritannien überhaupt. Er wird im Vorfeld von kritischer Medienberichterstattung und Demonstrationen überschattet. Mit seinen öffentlichen Auftritten und vor allem seiner Rede in Westminister Hall vor Vertretern von Politik und Zivilgesellschaft gelingt Benedikt XVI. jedoch eine Trendwende.
2011
März: Benedikt XVI. legt den zweiten Band seiner Trilogie «Jesus von Nazareth» vor. Er trägt den Untertitel «Vom Einzug in Jerusalem bis zur Auferstehung».
August: Besuch beim Weltjugendtag in Madrid.
September: Nach mehreren theologischen Verhandlungsrunden über fast zwei Jahre stellt der Vatikan der Piusbruderschaft Bedingungen für eine mögliche Aussöhnung und legt ihr eine «lehrmäßige Erklärung» zur Unterzeichnung vor.
22. bis 25. September: Die dritte Deutschlandreise des Papstes und zugleich der erste Staatsbesuch in seiner Heimat: Benedikt XVI. besucht Berlin und hält eine Rede im Deutschen Bundestag. Weitere Stationen sind Erfurt, der Wallfahrtsort Etzelsbach im thüringischen Eichsfeld sowie Freiburg.
2012
Frühjahr: Der Vatikan lehnt im März die Antwort der Piusbrüder ab und fordert erneut die Annahme der «lehrmäßigen Erklärung». Die Verhandlungen stecken in der Sackgasse.
23. bis 29. März: Die Reise nach Mexiko und Kuba wird als eine der wichtigsten dieses Pontifikates bezeichnet. Benedikt XVI. wendet sich in Mexiko gegen Drogenkriminalität und fordert auf Kuba mehr Freiheit für die Kirche ein.

Weitere Hinweise und Quellen

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