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Die katholische Lehre über Gott den Heiligen Geist

Aus dem Katechismus: Drittes Kapitel – Ich glaube an den Heiligen Geist

Die Lehre über den Heiligen Geist ist dem römisch-katholischen Katechismus, drittes Kapitel, Nr. 683-747, entnommen. Die Nummer zu Beginn eines Abschnitts referenziert also jeweils den Katechismus. Querverweisnummern wurden weggelassen. Lehre und Wissen dienen dazu, uns allen, Laien wie Fachleuten, die dritte göttliche Person des dreifaltigen Gottes so näher zu bringen und lieben zu lernen, dass wir IHM voll vertrauen und durch seine Hilfe an IHN glauben! Einen eigenen Katechismus zu besitzen, würde jeden Menschen guten Willens erbauen.
683 „Keiner kann sagen: ‚Jesus ist der Herr!‘, wenn er nicht aus dem Heiligen Geist redet“ (1 Korinther 12,3). Gott sandte „den Geist seines Sohnes in unser Herz, den Geist, der ruft: ‚Abba, Vater’“ (Galater 4,6). Diese Glaubenserkenntnis ist nur möglich im Heiligen Geist. Um mit Christus in Verbindung zu sein, muss man zuvor durch den Heiligen Geist berührt worden sein. Er kommt uns entgegen und erweckt in uns den Glauben. Durch das erste Sakrament des Glaubens, die Taufe, wird uns das Leben, das im Vater seinen Urgrund hat und uns im Sohn geschenkt wird, in der Kirche durch den Heiligen Geist ganz tief und persönlich weitergegeben:

«Die Taufe gewährt uns die Gnade, in Gott dem Vater durch den Sohn im Heiligen Geist wiedergeboren zu werden. Diejenigen nämlich, die den Geist Gottes haben, werden zum Wort, das heißt zum Sohn geführt; der Sohn aber stellt sie dem Vater vor, und der Vater verschafft ihnen die Unvergänglichkeit. Ohne den Geist ist es also nicht möglich, den Sohn Gottes zu sehen, und ohne den Sohn kann sich niemand dem Vater nähern, denn die Erkenntnis des Vaters ist der Sohn, und die Erkenntnis des Sohnes Gottes geschieht im Heiligen Geist» (Irenäus, dem. 7).

684 Durch seine Gnade ist der Heilige Geist der Erste bei der Weckung unseres Glaubens und beim Eintritt in das neue Leben. Dieses Leben besteht darin, den Vater „zu erkennen und Jesus Christus“, den er gesandt hat (Johannes 17,3). In der Offenbarung der Personen der heiligsten Dreifaltigkeit ist der Heilige Geist jedoch der zuletzt Geoffenbarte. Der hl. Gregor von Nazianz, „der Theologe“, erklärt diese Reihenfolge durch liebevolle göttliche Pädagogik:

«Das Alte Testament verkündete den Vater offen, den Sohn mehr dunkel. Das Neue [Testament] offenbarte den Sohn und ließ die Gottheit des Geistes erahnen. Jetzt wohnt der Geist unter uns und gewährt uns eine klarere Sicht von sich selbst. Als man noch nicht die Gottheit des Vaters bekannte, wäre es ja nicht klug gewesen, offen den Sohn zu verkünden, und als die Gottheit des Sohnes noch nicht angenommen war, den Heiligen Geist gleichsam als eine weitere Bürde hinzuzufügen, um einen ein wenig gewagten Ausdruck zu gebrauchen … Durch Fortschritte und Vordringen ‚von Herrlichkeit zu Herrlichkeit‘ wird das Licht der Dreifaltigkeit den schon mehr Erleuchteten aufstrahlen» (or. theol. 5, 26).

685 An den Heiligen Geist glauben heißt also bekennen, daß der Heilige Geist eine der Personen der heiligsten Dreifaltigkeit ist, eines Wesens mit dem Vater und dem Sohn, und daß er „mit dem Vater und dem Sohn angebetet und verherrlicht wird“ (Glaubensbekenntnis von Nizäa–Konstantinopel). Aus diesem Grund war vom göttlichen Geheimnis des Heiligen Geistes schon in der Trinitäts–„Theologie“ die Rede. Hier hingegen geht es um die Stellung des Heiligen Geistes in der Heils–„Ökonomie“.
686 Zusammen mit dem Vater und dem Sohn verwirklicht der Heilige Geist vom Anfang bis zur Vollendung den Ratschluß zu unserem Heil. Doch erst jetzt, in den „letzten Zeiten“, die mit der erlösenden Menschwerdung des Sohnes anheben, wird er als Person offenbart und erkannt, geschenkt und aufgenommen. Jetzt kann dieser göttliche Ratschluß, den Christus als „Erstgeborener“ und Haupt der neuen Schöpfung, vollzogen hat, durch den ausgegossenen Geist in der Menschheit Gestalt annehmen als die Kirche, die Gemeinschaft der Heiligen, die Vergebung der Sünden, die Auferstehung des Fleisches und das ewige Leben.
Artikel 8 aus dem Credo: “Ich glaube an den Heiligen Geist”
687 „Keiner erkennt Gott – nur der Geist Gottes“ (1 Korinther 2,11). Der Geist, der Gott offenbart, läßt uns Christus, sein lebendiges Wort erkennen; er spricht aber nicht von sich. Er, der „durch die Propheten gesprochen hat“, läßt uns das Wort des Vaters vernehmen. Ihn selbst aber hören wir nicht. Wir erkennen ihn nur darin, daß er uns das Wort offenbart und uns bereit macht, es im Glauben anzunehmen. Der Geist der Wahrheit, der uns Christus „enthüllt“, redet nicht „aus sich selbst heraus“ (Johannes16,13). Diese wahrlich göttliche Zurückhaltung erklärt, warum ihn „die Welt nicht empfangen kann, weil sie ihn nicht sieht und nicht kennt“, während die an Christus Glaubenden ihn kennen, weil er bei ihnen bleibt (Johannes 14,17).
688 Als lebendige Glaubensgemeinschaft, die den Glauben der Apostel weitergibt, ist die Kirche der Ort unserer Erkenntnis des Heiligen Geistes:

  • in den von ihm inspirierten Schriften;
  • in der Überlieferung, deren stets aktuelle Zeugen die Kirchenväter sind;
  • im Lehramt der Kirche, dem er beisteht;
  • in der sakramentalen Liturgie: durch ihre Worte und Sinnbilder, in denen uns der Heilige Geist mit Christus verbindet;
  • im Gebet, in dem er für uns eintritt
  • in den Charismen und Dienstämtern, durch die die Kirche aufgebaut wird;
  • im apostolischen und missionarischen Leben;
  • im Zeugnis der Heiligen, worin er seine Heiligkeit bekundet und das Heilswerk fortsetzt.

I. Die gemeinsame Sendung des Sohnes und des Geistes

689 Der Geist des Sohnes [vgl. Galater 4,6], den der Vater in unsere Herzen gesandt hat, ist wirklich Gott. Mit dem Vater und dem Sohn eines Wesens, läßt er sich weder im inneren Leben der Dreifaltigkeit noch als Gabe der Liebe für die Welt von ihnen trennen. Die Kirche betet die lebendigmachende, wesensgleiche und untrennbare heiligste Dreifaltigkeit an; ihr Glaube bekennt jedoch auch, daß sich die Personen voneinander unterscheiden. Wenn der Vater sein Wort sendet, dann sendet er stets auch seinen Hauch – es ist eine gemeinsame Sendung, in der der Sohn und der Heilige Geist sich voneinander unterscheiden, aber nicht voneinander trennen lassen. Christus erscheint, das sichtbare Bild des unsichtbaren Gottes, aber es ist der Heilige Geist, der ihn offenbart.
690 Jesus ist der Christus, der „Gesalbte“, weil der Geist seine Salbung ist und alles, was von der Menschwerdung an geschieht, aus dieser Fülle fließt [vgl. Johannes 3,34]. Und wenn am Ende Christus verherrlicht wird [vgl. Johannes 7,39], kann er denen, die an ihn glauben, vom Vater her den Geist senden: Der Sohn teilt ihnen seine Herrlichkeit mit [vgl. Johannes 17,22], das heißt den Heiligen Geist, der ihn verherrlicht [vgl. Johannes 16,14]. Die gemeinsame Sendung entfaltet sich von da an in denen, die der Vater im mystischen Leib seines Sohnes als seine Kinder angenommen hat. Der Geist der Sohnschaft hat die Sendung, diese mit Christus zu vereinen und in ihm leben zu lassen.
„Der Begriff ‚Salbung‘ macht darauf aufmerksam…, daß zwischen dem Sohn und dem Geist keine Distanz besteht. Wie nämlich weder die Vernunft noch die Sinne irgendein Mittelding zwischen der Körperoberfläche und dem aufgetragenen Öl wahrnehmen, ist auch der Kontakt des Sohnes mit dem Geist so unmittelbar, daß, wer durch den Glauben mit dem Sohn in Kontakt treten will, dabei zunächst mit dem Öl in Kontakt tritt. Es gibt nämlich keinen Teil von ihm, der nicht vom Heiligen Geist bedeckt wäre. Darum geschieht das Bekenntnis des Herr–Seins des Sohnes im Heiligen Geist, da der Geist denen, die sieh im Glauben nähern, von überall her entgegenkommt“ (Gregor v. Nyssa, Spir. 16).

II. Name, Benennungen und Sinnbilder des Heiligen Geistes

Der Name des Heiligen Geistes

691 Der Ausdruck Geist gibt das hebräische Wort Ruach wieder, das zunächst Hauch, Luft, Wind bedeutet. Jesus gebraucht das eindrucksvolle Bild vom Wind, um Nikodemus das ganz Neue dessen verspüren zu lassen, der der Hauch Gottes, der göttliche Geist in Person ist [vgl. Johannes 3,5-8]. Andererseits sind Geist und heilig göttliche Eigenschaften, die den drei göttlichen Personen gemeinsam sind. Die Schrift, die Liturgie und die Sprache der Theologie verbinden beide Begriffe, um die nicht in Worte zu fassende Person des Heiligen Geistes zu bezeichnen, ohne daß eine Verwechslung mit den anderen Verwendungen der Begriffe Geist und heilig möglich ist.

Die Benennungen des Heiligen Geistes

692 Wenn Jesus das Kommen des Heiligen Geistes ankündigt und verheißt, nennt er ihn Paraklet, wörtlich: advocatus, den Herbeigerufenen [Johannes 14,16; Johannes 14,26; Johannes 15,26; Johannes 16,7]. Paraklet wird für gewöhnlich mit Tröster oder Beistand wiedergegeben, wobei aber Jesus der erste Beistand ist [vgl. 1 Johannes 2,1]. Der Herr selbst nennt den Heiligen Geist „Geist der Wahrheit“ (Johannes 16,13).
693 Neben dem Namen, der in der Apostelgeschichte und in den Briefen am meisten gebraucht wird, finden sich beim hl. Paulus die Bezeichnungen: der Geist der Verheißung (Galater 3,14; Epheser 1,13); der Geist der Sohnschaft (Römer 8,15; Galater 4,6); der Geist Christi (Römer 8,11); der Geist des Herrn (2 Korinther 3,17); der Geist Gottes [Römer 8,9; Römer 8,14; Römer 15,19; 1 Korinther 6,11; 1 Korinther 7,40], und beim hl. Petrus der Geist der Herrlichkeit (1 Petrus 4,14).

Die Sinnbilder des Heiligen Geistes

694 Das Wasser. Bei der Taufe ist das Wasser ein Sinnbild des Wirkens des Heiligen Geistes, denn nach der Anrufung des Heiligen Geistes wird es zum wirksamen sakramentalen Zeichen der Wiedergeburt. So wie wir im Fruchtwasser unserer ersten Geburt entgegenwuchsen, ist das Taufwasser ein Zeichen dafür, daß unsere Geburt zum göttlichen Leben uns im Heiligen Geist geschenkt wird. In einem Geist getauft, sind wir auch mit dem einen Geist getränkt (1 Kor 12,13). Der Geist ist also in Person das lebendige Wasser, das aus dem gekreuzigten Christus quillt [vgl. Joh 19,34; 1 Joh 5,8] und uns das ewige Leben schenkt [vgl. Joh 4,10–14; 7,38; Ex 17,1–6; Jes 55,1; Sach 14,8; 1 Kor 10,4; Offb 21,6; 22,17].
695 Die Salbung. Ein Sinnbild des Heiligen Geistes ist auch die Salbung mit Öl und zwar sosehr, daß sie zu einem Synonym für ihn wird [vgl. 1 Joh 2,20.27; 2 Kor 1,21]. In der christlichen Initiation ist sie das sakramentale Zeichen der Firmung, die in den Ostkirchen deshalb Chrismation genannt wird. Um jedoch die ganze Bedeutungskraft dieses Sinnbildes zu erfassen, muß man auf die erste Salbung zurückkommen, die der Heilige Geist vorgenommen hat: die Salbung Jesu. Christus [hebräisch Messias] bedeutet der mit dem Geist Gottes Gesalbte. Schon im Alten Bund gab es Gesalbte des Herrn [vgl. Ex 30,22–32]; vor allem David war ein Gesalbter [vgl. 1 Sam 16,13]. Jesus ist aber der einzigartig von Gott Gesalbte: die menschliche Natur, die der Sohn annimmt, ist ganz vom Heiligen Geist gesalbt. Jesus wird durch den Heiligen Geist zum Christus [vgl. Lk 4,18–19; Jes 61,1]. Die Jungfrau Maria empfängt Christus durch den Heiligen Geist, der ihn durch den Engel schon bei seiner Geburt als Christus bekanntgibt [vgl. Lk 2,11] und der Simeon in den Tempel führt, damit dieser den Gesalbten des Herrn sehe [vgl. Lk 2,26–27]. Er ist es, der Christus erfüllt [vgl. Lk 4,1] und dessen Kraft von Christus ausgeht, wenn dieser Heilungen und Heilstaten vollbringt [vgl. Lk 6,19; 8,46]. Er endlich ist es, der Jesus von den Toten auferweckt [vgl. Röm 1,4; 8,11]. In seiner Menschennatur, die Siegerin ist über den Tod [vgl. Apg 2,36], voll und ganz zum Christus geworden, spendet Jesus überreichlich den Heiligen Geist, bis die Heiligen in ihrer Vereinigung mit der Menschennatur des Gottessohnes zum vollkommenen Menschen werden und „Christus in seiner vollendeten Gestalt darstellen“ (Eph 4,13): den ganzen Christus, wie der hl. Augustinus sagt.
696 Das Feuer. Während das Wasser die Geburt und die Fruchtbarkeit des Lebens versinnbildet, das im Heiligen Geist geschenkt wird, symbolisiert das Feuer die verwandelnde Kraft der Taten des Heiligen Geistes. Der Prophet Elija, der aufstand wie Feuer und dessen Wort wie ein flammender Ofen war (Sir 48,1), zieht durch sein Gebet auf das Opfer vom Berge Karmel Feuer vom Himmel herab [vgl. 1 Kön 18,38–39] – Sinnbild des Feuers des Heiligen Geistes, der, was er erfaßt, umwandelt. Johannes der Täufer, der mit dem Geist und mit der Kraft des Elija dem Herrn vorangeht (Lk 1,17), kündigt Christus als den an, der mit dem Heiligen Geist und mit Feuer tauft (Lk 3,16). Von diesem Geist wird Jesus sagen: Ich bin gekommen, um Feuer auf die Erde zu werfen. Wie froh wäre ich, es würde schon brennen! (Lk 12,49). In Zungen wie von Feuer kommt der Heilige Geist am Pfingstmorgen auf die Jünger herab und erfüllt sie (Apg 2,3–4). In der geistlichen Überlieferung bleibt diese Symbolik des Feuers eines der sprechendsten Sinnbilder des Wirkens des Heiligen Geistes [vgl. Johannes vom Kreuz, Ilama]. Löscht den Geist nicht aus! (1 Thess 5,19).
697 Die Wolke und das Licht. Diese beiden Sinnbilder sind stets miteinander vorhanden, wenn der Heilige Geist in Erscheinung tritt. Schon bei den Theophanien des Alten Testamentes offenbart die bald dunkle, bald lichte Wolke den lebendigen, rettenden Gott, indem sie seine überirdische Herrlichkeit verhüllt. So bei Mose auf dem Berg Sinai [vgl. Ex 24,15–18], im Offenbarungszelt [vgl. Ex 33,9–10] und während des Durchzugs durch die Wüste [vgl. Ex 40,36–38; 1 Kor 10,1–2]; bei Salomo bei der Tempelweihe [vgl. 1 Kön 8,10–12]. Diese Bilder sind durch Christus im Heiligen Geist in Erfüllung gegangen. Der Geist kommt auf die Jungfrau Maria herab und überschattet sie, damit sie Jesus empfängt und gebiert (Lk 1,35). Auf dem Berg der Verklärung kommt er in einer Wolke, wirft einen Schatten über Jesus, Mose und Elija, Petrus, Jakobus und Johannes, und eine Stimme aus der Wolke ruft: Das ist mein auserwählter Sohn, auf ihn sollt ihr hören (Lk 9,34–35). Die gleiche Wolke entzieht schließlich Jesus am Tag der Himmelfahrt den Blicken der Jünger (Apg 1,9); am Tag seines Kommens wird sie ihn als den Menschensohn in seiner Herrlichkeit offenbaren [vgl. Lk 21,27].
698 Das Siegel ist ein Sinnbild, das dem der Salbung nahesteht. Christus ist es ja, den der Vater mit seinem Siegel beglaubigt hat (Joh 6,27), und in ihm prägt der Vater auch uns sein Siegel ein [vgl. 2 Kor 1,22; Eph 1,13; 4,30]. Weil das Bild des Siegels [griechisch sphragis] bei den Sakramenten Taufe, Firmung und der Weihe die unauslöschliche Wirkung der Salbung des Heiligen Geistes andeutet, wurde es in einigen theologischen Traditionen gebraucht, um den unauslöschlichen Charakter, das Mal, zum Ausdruck zu bringen, das diese drei unwiederholbaren Sakramente einprägen.
699 Die Hand. Jesus heilt Kranke [vgl. Mk 6,5; 8,23] und segnet kleine Kinder [vgl. Mk 10,16], indem er ihnen die Hände auflegt. In seinem Namen tun die Apostel das gleiche [vgl. Mk 16,18; Apg 5,12; 14,3]. Durch die Auflegung der Hände der Apostel wird der Heilige Geist gespendet [vgl. Apg 8,17–19; 13,3; 19,6]. Der Hebräerbrief rechnet die Handauflegung zu den Grundelementen seiner Lehre [vgl. Hebr 6,2]. In ihren sakramentalen Epiklesen hat die Kirche dieses Zeichen der alles vermögenden Ausgießung des Heiligen Geistes bewahrt.
700 Der Finger. Durch den Finger Gottes treibt Jesus die Dämonen aus (Lk 11,20). Während das Gesetz Gottes vom Finger Gottes auf steinerne Tafeln geschrieben wurde (Ex 31,18), ist der von den Aposteln ausgefertigte Brief Christi… geschrieben… mit dem Geist des lebendigen Gottes, nicht auf Tafeln aus Stein, sondern – wie auf Tafeln – in Herzen von Fleisch (2 Kor 3,3). Der Hymnus Veni, Creator Spiritus ruft den Heiligen Geist an als den Finger der Rechten des Vaters.
701 Die Taube. Am Ende der Sintflut (die ein Sinnbild der Taufe ist) kehrte die Taube, die von Noach aus der Arche herausgelassen worden war, mit einem frischen Ölzweig im Schnabel zurück als Zeichen dafür, daß die Erde wieder bewohnbar war [vgl. Gen 8,8–12]. Als Christus aus dem Wasser seiner Taufe steigt, läßt sich der Heilige Geist wie eine Taube auf ihn nieder und ruht auf ihm [vgl. Mt 3,16 par]. Der Geist senkt sich in das gereinigte Herz der Getauften und ruht darin. In einzelnen Kirchen wird die heilige Eucharistie in einem taubenförmigen Metallbehälter [columbarium] aufbewahrt, der über dem Altar aufgehängt ist. Die Taube ist in der christlichen Ikonographie von jeher Sinnbild des Heiligen Geistes.

III. Der Geist und das Wort Gottes in der Zeit der Verheißungen

702 Bis zur „Fülle der Zeit“ (Gal 4,4) bleibt die gemeinsame Sendung des Wortes und des Geistes des Vaters verborgen, ist aber schon von Anfang an am Werk. Der Geist Gottes bereitet auf den Messias vor. Ohne voll geoffenbart zu sein, sind beide schon verheißen, damit sie erwartet und bei ihrem Erscheinen aufgenommen werden. Deshalb forscht [vgl. Joh 5,39.46] die Kirche, wenn sie das Alte Testament liest [vgl. 2 Kor 3,14], nach dem, was der Geist, „der durch die Propheten gesprochen hat“, uns von Christus sagen will.
Unter „Propheten“ versteht der Glaube der Kirche hier diejenigen, die der Heilige Geist bei der lebendigen Verkündigung und bei der Abfassung der Heiligen Bücher des Alten wie des Neuen Testamentes inspiriert hat. Die jüdische Überlieferung unterscheidet das Gesetz (die fünf ersten Bücher, der sogenannte Pentateuch), die Propheten (unsere sogenannten geschichtlichen und prophetischen Bücher) und die Schriften (vor allem die Weisheitsbücher und insbesondere die Psalmen) [Vgl. Lk 22,44].

In der Schöpfung

703 Aus dem Wort und dem Hauch Gottes geht das Sein und das Leben jedes Geschöpfes hervor [vgl. Ps 33,6; 104,30; Gen 1,2; 2,7; Koh 3,20–21; Ez 37,10].

„Dem Heiligen Geist kommt es zu, zu herrschen, die Schöpfung zu heiligen und zu beseelen, denn er ist Gott dem Vater und dem Sohn wesensgleich … Ihm kommt die Macht über das Leben zu, denn, da er Gott ist, bewahrt er die Schöpfung durch den Sohn im Vater“ (Byzantinische Liturgie, Tropar der Metten an den Sonntagen des zweiten Tons).

704 „Den Menschen formte Gott mit seinen eigenen Händen [das heißt mit dem Sohn und dem Heiligen Geist] … und er prägte dem geformten Fleisch seine eigene Gestalt auf, sodaß selbst das Sichtbare die göttliche Gestalt trüge“ (Irenäus, dem. 11).

Der Geist der Verheißung

705 Obwohl durch die Sünde und den Tod verunstaltet, bleibt der Mensch „nach dem Bilde Gottes“, nach dem Bilde des Sohnes geschaffen, doch er hat „die Herrlichkeit Gottes verloren“ (Röm 3,23), ist der „Ähnlichkeit“ mit ihm beraubt. Mit der Verheißung, die an Abraham erging, beginnt die Heilsökonomie, an deren Ende der Sohn selbst „das Bild“ annimmt [vgl. Joh 1,14; Phil 2,7] und es in seiner „Ähnlichkeit“ mit dem Vater wiederherstellt, indem er ihm die Herrlichkeit wiedergibt, den Geist, „der Leben spendet“.
706 Entgegen aller menschlichen Hoffnung, verheißt Gott dem Abraham als Frucht des Glaubens und der Macht des Heiligen Geistes Nachkommenschaft [vgl. Gen 18,1–15; Lk 1,27–38.54–55; Joh 1,12–13; Röm 4,16–21]. In ihr werden alle Völker der Erde gesegnet [vgl. Gen 12,3]. Diese Nachkommenschaft ist Christus [vgl. Gal 3,16], in dem die Ausgießung des Heiligen Geistes die versprengten Kinder Gottes wieder sammelt [vgl. Joh 11,52]. Durch einen Schwur [vgl. Lk 1,73] verpflichtet sich Gott, seinen geliebten Sohn [vgl. Gen 22,17–19; Röm 8,32; Joh 3,16] und den „Geist der Verheißung“ zu schenken, der „der erste Anteil des Erbes“ ist, „das wir erhalten sollen: der Erlösung durch die wir Gottes Eigentum werden“ (Eph 1,13–14) [vgl. Gal 3,14].

Die Theophanien und das Gesetz

707 Die Theophanien [Erscheinungen Gottes] erhellen den Weg der Verheißung, von den Patriarchen über Mose und Josua bis zu den Visionen, die die Sendung der großen Propheten eröffnen. Die christliche Überlieferung hat stets angenommen, daß in diesen Theophanien das Wort Gottes, in der Wolke des Heiligen Geistes zugleich offenbar und „schattenhaft“ zu erblicken und zu hören war.
708 Diese göttliche Pädagogik zeigt sich insbesondere in der Gabe des Gesetzes [vgl. Ex 19–20; Dtn 1–11;29–30]. Der Buchstabe des Gesetzes wurde gleichsam als „Zuchtmeister“ gegeben, um das Volk Christus entgegenzuführen (Gal 3,24). Da das Gesetz jedoch den der „Ähnlichkeit“ mit Gott beraubten Menschen nicht zu retten vermag und die Sünde schärfer erkennen läßt [vgl. Röm 3,20], wird das Verlangen nach dem Heiligen Geist geweckt, wie das die Klagerufe der Psalmen bezeugen.

Zur Zeit der Könige und im Exil

709 Als Zeichen der Verheißung und des Bundes hätte das Gesetz das Herz und die Einrichtungen des aus dem Glauben Abrahams hervorgegangenen Volkes bestimmen sollen. „Wenn ihr auf meine Stimme hört und meinen Bund haltet, … sollt ihr mir als ein Reich von Priestern und als ein heiliges Volk gehören“ (Ex 19, 5–6) [vgl. 1 Petr 2,9]. Nach David erliegt aber das Volk der Versuchung, ein Königreich wie die anderen Nationen zu errichten. Das David verheißene Reich [vgl. 2 Sam 7; Ps 89; Lk 1,32–33] wird jedoch das Werk des Heiligen Geistes sein; es wird den im Geiste Armen gehören.
710 Die Mißachtung des Gesetzes und die Untreue gegenüber dem Bund führen zum Tode. Es kommt zum Exil; die Verheißungen werden scheinbar zunichte gemacht. In Wirklichkeit zeigt sich darin die geheimnisvolle Treue des Rettergottes, und damit beginnt eine verheißene – aber dem Geist entsprechende – Wiederherstellung. Es war nötig, daß das Gottesvolk diese Läuterung durchmachte [vgl. Lk 24,26]. Gemäß dem Plane Gottes steht das Exil bereits im Schatten des Kreuzes, und der „heilige Rest“, der zurückkehrt, ist eines der deutlichsten Bilder der Kirche.

Die Erwartung des Messias und seines Geistes

711 „Seht her, nun mache ich etwas Neues“ (Jes 43,19). Zwei prophetische Linien zeichnen sich ab: die eine in Richtung der Messiaserwartung, die andere in Richtung der Ankündigung eines neuen Geistes. Beide laufen auf den kleinen Rest, das Volk der Armen, zu [vgl. Zef 2,3], das voll Hoffnung den „Trost Israels“ und die „Befreiung Jerusalems“ erwartet. (Weiter oben wurde gezeigt, wie in Jesus die ihn betreffenden Weissagungen in Erfüllung gehen. Hier beschränken wir uns auf die, in denen die Beziehung zwischen dem Messias und seinem Geist deutlicher hervortritt.)
712 In den Kapiteln über den Immanuel [vgl. Jes 6–12] („als Jesaja Jesu Herrlichkeit sah“: Joh 12,41), insbesondere in Jes 11,1–2 beginnen die Wesenszüge des erwarteten Messias aufzuscheinen:

„Aus dem Baumstumpf Isais wächst ein Reis hervor,
ein junger Trieb aus seinen Wurzeln bringt Frucht.
Der Geist des Herrn ruht auf ihm:
der Geist der Weisheit und der Einsicht,
der Geist des Rates und der Stärke,
der Geist der Erkenntnis und der Gottesfurcht, …“

713 Die Züge des Messias werden vor allem in den Liedern vom Gottesknecht enthüllt [vgl. Jes 42,1–9; Mt 12,18–21; Joh 1,32–34; sodann Jes 49,1–6; Mt 3,17; Lk 2,32; schließlich Jes 50,4–10 und 52,13–53,12]. Diese Lieder sagen den Sinn der Passion Jesu voraus und deuten so an, auf welche Weise dieser den Heiligen Geist spenden wird, um die vielen lebendig zu machen: nicht von außen her, sondern indem er sich unsere „Knechtsgestalt“ (Phil 2,7) zu eigen macht. Weil er unseren Tod auf sich nimmt, kann er uns seinen Geist des Lebens weitergeben.
714 Darum eröffnet Christus die Verkündigung der Frohbotschaft damit, daß er folgende Jesaja–Stelle (61,1–2) auf sich bezieht (Lk 4,18–19):

Der Geist des Herrn ruht auf mir;
denn der Herr hat mich gesalbt.
Er hat mich gesandt,
damit ich den Armen Frohbotschaft bringe;
damit ich den Gefangenen die Entlassung verkünde
und den Blinden das Augenlicht;
damit ich die Zerschlagenen in Freiheit setze
und ein Gnadenjahr des Herrn ausrufe.

715 Die Prophetentexte, welche die Sendung des Heiligen Geistes direkt betreffen, sind Weissagungen, in denen Gott in der Sprache der Verheißungen, im Ton der „Liebe und Treue“ zum Herzen seines Volkes spricht [vgl. Ez 11,19; 36,25–28; 37,1–14; Jer 31,31–34 und Joël 3,1–5; von der letztgenannten Stelle wird der hI, Petrus sagen, sie habe sich am Pfingstmorgen erfüllt: vgl. Apg 2,17]. Diesen Verheißungen gemäß wird der Geist des Herrn in den „letzten Zeiten“ die Herzen der Menschen erneuern, indem er ihnen ein neues Gesetz einprägt. Er wird die zersprengten und getrennten Völker sammeln und miteinander versöhnen; er wird die erste Schöpfung umgestalten, und Gott wird in ihr mit den Menschen im Frieden zusammenleben.
716 Im Volk der Armen [vgl. z.B. Zef 2,3; Ps 22,27; 34,3; Jes 49,13; 61,1], der demütigen und sanften Menschen, die sich ganz auf die geheimnisvollen Pläne ihres Gottes verlassen und Gerechtigkeit erwarten, aber nicht von den Menschen, sondern vom Messias, ist während der Zeit der Verheißungen der Heilige Geist in seiner verborgenen Sendung mächtig am Werk, um auf das Kommen Christi vorzubereiten. Ihr redliches, durch den Geist geläutertes und erhelltes Herz äußert sich in den Psalmen. In diesen Armen bereitet der Geist dem Herrn ein „williges Volk“ [vgl. Lk 1,17].

IV. Der Geist Christi in der Fülle der Zeit

Johannes – Vorläufer, Prophet und Täufer

717 „Es trat ein Mensch auf, der von Gott gesandt war; sein Name war Johannes“ (Joh 1,6). Johannes wurde „schon im Mutterleib vom Heiligen Geist erfüllt“ (Lk 1, 15) [vgl. Lk 1,41], und zwar durch Christus selbst, den die Jungfrau Maria kurz zuvor durch den Heiligen Geist empfangen hatte. Im „Besuch“ Marias bei Elisabet hat so Gott selbst „sein Volk besucht“ (Lk 1,68).
718 Johannes ist der „Elija“, der kommen soll [vgl. Mt 17,10–13]. Das Feuer des Heiligen Geistes glüht in ihm und läßt ihn dem Herrn, der im Kommen ist, als „Vorläufer“ vorausgehen. In Johannes, dem Vorläufer, vollendet der Heilige Geist sein Werk, „das Volk für den Herrn bereit zu machen“ (Lk 1,17).
719 Johannes ist „mehr als ein Prophet“ (Lk 7,26). In ihm vollendet der Heilige Geist sein „Sprechen durch die Propheten“. Johannes ist in der Reihe der Propheten, die mit Elija anhebt, der letzte [vgl. Mt 11,13–14]. Er kündigt an, daß der Trost Israels nahe sei; er ist die „Stimme“ des kommenden Trösters (Joh 1,23) [vgl. Jes 40,1–3]. Wie dies auch der Geist der Wahrheit tun wird, kommt er „als Zeuge, um Zeugnis abzulegen für das Licht“ (Joh 1,7) [vgl. Joh 15,26; 5,33]. Unter den Augen des Johannes erfüllt so der Geist, wonach die Propheten geforscht und die Engel verlangt haben [vgl. 1 Petr 1,10–12]: „Auf wen du den Geist herabkommen siehst und auf wem er bleibt, der ist es, der mit dem Heiligen Geist tauft. Das habe ich gesehen, und ich bezeuge: ‚Er ist der Sohn Gottes… Seht, das Lamm Gottes!‘“ (Joh 1,33–36).
720 Mit Johannes dem Täufer eröffnet der Heilige Geist das Werk, das er mit und in Christus vollbringen wird, indem er es vorausdeutet: die Wiederherstellung der „Ähnlichkeit“ Gottes im Menschen. Die Taufe des Johannes war eine Bußtaufe; die Taufe im Wasser und im Heiligen Geist wird eine Wiedergeburt bewirken [vgl. Joh 3,5].

„Freue dich, du Gnadenvolle!“

721 Maria, die ganz heilige, stets jungfräuliche Gottesmutter ist die Krönung der Sendung des Sohnes und des Geistes in der Fülle der Zeit. Weil der Geist sie vorbereitet hat, findet der Vater nach seinem Heilsratschluß zum ersten Mal die Wohnung, in der sein Sohn und sein Geist unter den Menschen bleiben können. In diesem Sinn hat die Uberlieferung der Kirche die schönsten Texte über die Weisheit [vgl. Spr 8,1–9,6; Sir 24] oft auf Maria bezogen. Maria wird in der Liturgie als „Thron der Weisheit“ besungen und dargestellt. In ihr beginnen die „großen Taten“ Gottes, die der Geist in Christus und in der Kirche vollbringen wird:
722 Der Heilige Geist hat Maria durch seine Gnade vorbereitet. Es geziemte sich, daß die Mutter dessen, in dem „die Fülle der Gottheit leibhaft“ wohnt (Kol 2,9), „voll der Gnade“ sei. Aus reiner Gnade wurde sie als das demütigste Geschöpf, das am fähigsten war, das unaussprechbare Geschenk des Allmächtigen entgegenzunehmen, ohne Sünde empfangen. Mit Recht grüßt sie der Engel Gabriel als die „Tochter Zion“ mit „Freue dich!“ [vgl. Zef 3,14; Sach 2,14]. Als sie den ewigen Sohn in sich trägt, läßt sie im Heiligen Geist die Danksagung des ganzen Gottesvolkes und somit der Kirche in ihrem Lobgesang zum Vater emporsteigen [vgl. Lk 1, 46–55].
723 In Maria verwirklicht der Heilige Geist den gnädigen Ratschluß des Vaters. Mit und durch den Heiligen Geist empfängt und gebiert die Jungfrau Maria den Sohn Gottes. Durch die Kraft des Geistes und des Glaubens wird ihre Jungfräulichkeit einzigartig fruchtbar [vgl. Lk 1,26–38; Röm 4,18–21; Gal 4,26–28].
724 In Maria offenbart der Heilige Geist den Sohn des Vaters, der nun auch zum Sohn der Jungfrau geworden ist. Sie ist der brennende Dornbusch der endgültigen Theophanie. Vom Heiligen Geist erfüllt, zeigt sie das Wort in der Demut seines Fleisches und gibt es den Armen [vgl. Lk 2,15–19] und den ersten Vertretern der Völker [vgl. Mt 2,11] zu erkennen.
725 Schließlich beginnt der Heilige Geist durch Maria, die Menschen, denen „die barmherzige Liebe Gottes“ [vgl. Lk 1,78] gilt, in Gemeinschaft mit Christus zu bringen. Die demütigen Menschen sind immer die ersten, die ihn aufnehmen: die Hirten, die Weisen, Simeon und Hanna, die Brautleute von Kana und die ersten Jünger.
726 Am Ende dieser Sendung des Geistes wird Maria zur „Frau“, zur neuen Eva, „zur Mutter der Lebendigen“, zur Mutter des „ganzen Christus“ [vgl. Joh 19,25–27]. Als solche ist sie, mit den Zwölfen „einmütig im Gebet“ verharrend (Apg 1,14), zugegen, als der Geist am Pfingstmorgen mit dem Offenbarwerden der Kirche die „letzten Zeiten“ anbrechen läßt.

Jesus der Christus

727 Die ganze Sendung des Sohnes und des Heiligen Geistes in der Fülle der Zeit ist darin enthalten, daß der Sohn seit seiner Inkarnation der mit dem Geist des Vaters Gesalbte ist: Jesus ist der Christus, der Messias. (Das ganze zweite Kapitel des Glaubensbekenntnisses ist in diesem Licht zu lesen. Das ganze Werk Christi ist gemeinsame Sendung des Sohnes und des Heiligen Geistes. Hier wird nur das erwähnt, was die Verheißung des Heiligen Geistes durch Jesus und seine Spendung durch den verherrlichten Herrn betrifft.)
728 Solange Jesus selbst nicht durch seinen Tod und seine Auferstehung verherrlicht ist, offenbart er den Heiligen Geist nicht voll und ganz. Er spielt jedoch, selbst in seiner an die Menge gerichteten Lehre, nach und nach auf ihn an, wenn er offenbart, daß sein Fleisch zur Nahrung für das Leben der Welt werden wird [vgl. Joh 6,27.51.62–63]. Er deutet sein Wirken auch dem Nikodemus [vgl. Joh 3,5–8], der samaritischen Frau [vgl. Joh 4,10.14.23–24] und den Teilnehmern am Laubhüttenfest [vgl. Joh 7,37–39] an. Im Zusammenhang mit dem Gebet [vgl. Lk 11,13] und dem Zeugnis, das sie abzulegen haben werden [vgl. Mt 10,19–20], spricht er zu seinen Jüngern offen vom Heiligen Geist.
729 Erst als die Stunde seiner Verherrlichung gekommen ist, verheißt Jesus das Kommen des Heiligen Geistes, denn in seinem Tod und in seiner Auferstehung wird die an die Väter ergangene Verheißung in Erfüllung gehen [vgl. Joh 14,16–17.26; 15,26; 16,7–15; 17,26]: Der Geist der Wahrheit, der andere Paraklet, wird auf das Gebet Jesu hin vom Vater gegeben werden; er wird im Namen Jesu vom Vater gesandt werden; Jesus wird ihn vom Vater her senden, denn er ist vom Vater ausgegangen. Der Heilige Geist wird kommen; wir werden ihn erkennen; er wird für immer bei uns sein. Er wird uns unterweisen und an alles erinnern, was Christus uns gesagt hat, und für ihn Zeugnis ablegen; er wird uns der ganzen Wahrheit entgegenführen und Christus verherrlichen. Die Welt wird er der Sünde, der Gerechtigkeit und des Gerichtes überführen.
730 Für Jesus kommt nun seine Stunde [vgl. Joh 13,1; 17,1]: Als er durch seinen Tod den Tod besiegt, übergibt er seinen Geist in die Hände des Vaters [vgl. Lk 23,46; Joh 19,30]. Und als er „durch die Herrlichkeit des Vaters von den Toten auferweckt wurde“ (Röm 6,4), spendet er sogleich den Geist, indem er seine Jünger anhaucht [vgl. Joh 20,22]. Von dieser Stunde an wird die Sendung Christi und des Geistes zur Sendung der Kirche: „Wie mich der Vater gesandt hat, so sende ich euch“ (Joh 20,21) [vgl. Mt 28,19; Lk 24,47–48; Apg 1,8].

V. Der Geist und die Kirche in den Letzten Zeiten

Pfingsten

731 Am Pfingsttag (am Ende der sieben Osterwochen) vollendet sich das Pascha Christi in der Ausgießung des Heiligen Geistes. Dieser wird als göttliche Person offenbar, gegeben und mitgeteilt. Christus der Herr spendet den Geist in Überfülle [vgl. Apg 2,33].
732 An diesem Tag wird die heiligste Dreifaltigkeit voll und ganz geoffenbart. Seit diesem Tag steht das von Christus angekündigte Reich allen offen, die an ihn glauben. Obwohl Menschen aus Fleisch und Blut, haben sie im Glauben schon Anteil an der Gemeinschaft der heiligsten Dreifaltigkeit. Durch sein unaufhörliches Kommen läßt der Heilige Geist die Welt in die „letzten Zeiten“, die Zeit der Kirche eintreten: Das Reich Gottes wird schon als Erbe empfangen, ist aber noch nicht vollendet.

„Wir haben das wahre Licht geschaut, wir haben den himmlischen Geist erhalten, wir haben den wahren Glauben gefunden. Wir beten die unteilbare Dreifaltigkeit an, denn sie hat uns errettet“ (Byzantinische Liturgie, Tropar der Pfingstvesper; als Gesang nach der Kommunion in die Eucharistiefeier übernommen).

Der Heilige Geist – die Gabe Gottes

733 „Gott ist die Liebe“ (1 Joh 4,8.16), und die Liebe ist die erste Gabe; sie enthält alle weiteren Gaben. Diese Liebe hat Gott „ausgegossen in unsere Herzen durch den Heiligen Geist, der uns gegeben ist“ (Röm 5,5).
734 Weil wir durch die Sünde tot oder zumindest verwundet sind, ist die erste Wirkung der Liebe die Vergebung unserer Sünden. Die „Gemeinschaft des Heiligen Geistes“ (2 Kor 13,13) gibt in der Kirche den Getauften die durch die Sünde verlorene Ahnlichkeit mit Gott zurück.
735 Gott gibt uns das „Angeld“, die „Anzahlung“ für unser Erbe [vgl. Röm 8,23; 2 Kor 1,21]: das Leben der heiligsten Dreifaltigkeit, das darin besteht, zu lieben, wie er uns geliebt hat [vgl. 1 Joh 4,11–12]. Diese Liebe [vgl. 1 Kor 13] ist das Prinzip des neuen Lebens in Christus, das möglich geworden ist, weil wir „die Kraft des Heiligen Geistes empfangen“ haben (Apg 1,8).
736 Kraft dieser Macht des Geistes können die Kinder Gottes Frucht bringen. Er, der uns dem wahren Weinstock aufgepfropft hat, wird uns „die Frucht des Geistes“ tragen lassen: „Liebe, Freude, Friede, Langmut, Freundlichkeit, Güte, Treue, Sanftmut und Selbstbeherrschung“ (Gal 5,22–23). Der Geist ist unser Leben; je mehr wir unser eigenes Leben verlieren [vgl. Mt 16,24–26], desto mehr werden wir „dem Geist auch folgen“ (Gal 5,25).

„Der Heilige Geist versetzt in das Paradies zurück; führt zum Himmelreich und zur Annahme an Kindes Statt; läßt voll Vertrauen Gott Vater nennen und an der Gnade Christi teilhaben, Kind des Lichtes genannt werden und die ewige Herrlichkeit mitbesitzen“ (Basilius, spir. 15,36).

Der Heilige Geist und die Kirche

737 Die Sendung Christi und des Heiligen Geistes vollzieht sich in der Kirche, dem Leib Christi und dem Tempel des Heiligen Geistes. Diese gemeinsame Sendung nimmt die Glaubenden in die Gemeinschaft Christi mit seinem Vater im Heiligen Geist hinein. Der Geist macht die Menschen bereit und kommt ihnen mit seiner Gnade zuvor, um sie zu Christus zu ziehen. Er offenbart ihnen den auferstandenen Herrn, erinnert sie an sein Wort und erschließt ihrem Geist den Sinn seines Todes und seiner Auferstehung. Er vergegenwärtigt ihnen das Mysterium Christi, vor allem in der Eucharistie, um sie mit Gott zu versöhnen, mit ihm zu vereinen und so „reiche Frucht“ bringen zu lassen (Joh 15,5.8) [vgl. Joh 15,16].
738 Die Sendung der Kirche kommt also nicht zu der Sendung Christi und des Heiligen Geistes hinzu, sondern ist deren Sakrament. Ihrem ganzen Wesen nach und in allen ihren Gliedern ist die Kirche gesandt, das Mysterium der Gemeinschaft der heiligsten Dreifaltigkeit zu verkünden und zu bezeugen, zu vergegenwärtigen und immer mehr auszubreiten (das wird das Thema des nächsten Artikels sein).

„Wir alle, die ein und denselben Geist, den Heiligen Geist, empfangen haben, sind miteinander und mit Gott verschmolzen. Obwohl wir nämlich einzeln viele sind und Christus seinen und des Vaters Geist in jedem von uns wohnen läßt, führt dieser eine, unteilbare Geist die voneinander Unterschiedenen durch sich zur Einheit … und macht, daß in ihm alle gleichsam ein und dasselbe bilden. Und so wie die Macht der heiligen Menschennatur Christi bewirkt, daß alle, in denen sie sich befindet, einen einzigen Leib bilden, so führt meines Erachtens der eine, unteilbare Geist Gottes, der in allen wohnt, alle zur geistigen Einheit“ (Cyrill v. Alexandrien, Jo. 11,11).

739 Weil der Heilige Geist die Salbung Christi ist, spendet ihn Christus, das Haupt des Leibes, seinen Gliedern, um sie zu nähren, zu heilen, in ihren wechselseitigen Funktionen aufeinander abzustimmen, sie zu beleben, Zeugnis ablegen zu lassen, an seiner Hingabe an den Vater und seiner Fürbitte für die ganze Welt zu beteiligen. Durch die Sakramente der Kirche teilt Christus den Gliedern seines Leibes seinen heiligenden Heiligen Geist mit (das wird das Thema des zweiten Teils des Katechismus sein).
740 Diese „großen Taten Gottes“, die den Gläubigen in den Sakramenten der Kirche angeboten werden, tragen ihre Früchte im neuen, dem Geist entsprechenden Leben in Christus (Thema des dritten Teils des Katechismus).
741 „So nimmt sich auch der Geist unserer Schwachheit an. Denn wir wissen nicht, worum wir in rechter Weise beten sollen; der Geist selber tritt jedoch für uns ein mit Seufzen, das wir nicht in Worte fassen können“ (Röm 8,26). Der Heilige Geist, der die Werke Gottes vollbringt, ist der Lehrmeister des Betens (Thema des vierten Teils des Katechismus).

Kurztexte

742 „Weil ihr Söhne seid, sandte Gott den Geist seines Sohnes in unser Herz, den Geist, der ruft: „Abba, Vater“ (Gal 4,6).
743 Wenn Gott seinen Sohn sendet, so sendet er – vom Anfang bis zum Ende der Zeit – stets auch seinen Geist; ihre Sendungen sind verbunden, sie lassen sich nicht trennen.
744 Als die „Fülle der Zeit“ gekommen war, vollendete der Heilige Geist alle Vorbereitungen auf das Kommen Christi, die er im Gottesvolk getroffen hatte, in Maria. Durch das Wirken des Heiligen Geistes gibt der Vater in Maria der Welt den Immanuel, den „Gott mit uns“ (Mt 1,23).
745 Der Sohn Gottes wird bei seiner Inkarnation durch die Salbung mit dem Heiligen Geist zum Christus [Messias] geweiht [vgl. Ps 2,6–7].
746 Durch seinen Tod und seine Auferstehung wird Jesus „zum Herr und Messias“ in der Herrlichkeit (Apg 2,36). Aus seiner Fülle gießt er den Heiligen Geist auf die Apostel und die Kirche aus.
747 Der Heilige Geist, den Christus, das Haupt, in seine Glieder strömen läßt, erbaut, beseelt und heiligt die Kirche. Diese ist das Sakrament der Gemeinschaft zwischen der heiligsten Dreifaltigkeit und den Menschen.

Weitere Hinweise und Quellen

Ecclesia Catholica: Katechismus der Katholischen Kirche, Nr. 683-747, Oldenburg 1993