Nach dem Kirchenrecht kann ein Papst aus freiem Entschluss auf sein Amt verzichten. Ein Amtsverzicht führt – ebenso wie der Tod des Papstes – zur Vakanz – Unbesetztheit – des Apostolischen Stuhls. Im Canon 332 Paragraf 2 des kirchlichen Gesetzbuches „Codex Iuris Canonici“ (CIC) heißt es: „Falls der Papst auf sein Amt verzichten sollte, ist zur Gültigkeit verlangt, dass der Verzicht frei geschieht und hinreichend kundgemacht, nicht jedoch, dass er von irgendwem angenommen wird.“ Die Bedingungen, dass der Rücktritt aus freien Schritten erfolgen und hinreichend publik gemacht werden muss, wurden erst 1983 bei der Neufassung des Kirchenrechts unter Papst Johannes Paul II. ins Gesetz aufgenommen. Neben der Vakanz kennt das Kirchenrecht auch die Möglichkeit der „völligen Behinderung des römischen Bischofstuhls“. Dabei ist gemäß Canon 335 ebenso zu verfahren wie im Fall einer Vakanz. Der CIC schreibt nicht vor, von wem und in welchem Verfahren eine „völlige Behinderung“ festgestellt wird. Der spektakulärste Papst-Rücktritt ereignete sich 1294. Damals dankte der fünf Monate zuvor gewählte Papst Coelestin V. ab, weil er sich dem Amt nicht gewachsen fühlte. Er starb 1296 und wurde später heiliggesprochen. Mehrere Amtsverzichte von Päpsten und Gegenpäpsten gab es auch während des langen Schismas, das nach dem Rücktritt von Gregor XII. 1415 begann. In der Moderne haben Pius XII. (1939-1958), Paul VI. (1963-1978) und Johannes Paul II. (1978-2005) einen schriftlichen Amtsverzicht vorbereitet. Pius XII. wollte die Kirche damit angesichts einer drohenden Entführung durch Hitlers Truppen absichern. Paul VI. und Johannes Paul II. wollten verhindern, dass die Kirche im Fall von langer, schwerer Krankheit führungslos bliebe. Keines der geheim gehaltenen Amtsverzichtsschreiben kam zum Einsatz.
Quelle (Link vergriffen):
http://de.radiovaticana.va/news/2013/02/11/stichwort:_amtsverzicht_des_papstes/ted-663824
Interview mit P. Markus Graulich, Kirchenrechtler und Richter an der Rota
Benedikt XVI. hat als erster Papst in der neueren Kirchengeschichte von seinem Recht zurückzutreten Gebrauch gemacht. Das Kirchenrecht kennt diesen Schritt, und dennoch bleiben einige Fragen offen, etwa, welchen Status eigentlich ein zurückgetretener Papst in der Kirche hat. Dazu Pater Markus Graulich, Kirchenrechtler und Richter an der römischen Rota: „Ich denke, er ist der zurückgetretene Papst, der emeritierte Bischof von Rom, aber wie tritt er noch auf? Das ist ungeklärt. Ich wurde gestern etwa gefragt: Bleibt er unfehlbar? Das bleibt er nicht, denn das ist eine Sache, die nicht an die Person gebunden ist, sondern an das Amt; das Amt hat er nicht mehr inne, und so hat er auch nicht mehr dieses Charisma, diese Geistesgabe.“ Mit seiner Entscheidung zum Rücktritt hat Papst Benedikt XVI. eine Bresche geschlagen weiterlesen →
SRF-Interview mit P. von Gemmingen SJ über Rücktritt von Papst Benedikt XVI.
Papst Benedikt XVI. geht und gibt weiter zu reden. Pater Eberhard von Gemmingen SJ, ist Papstkenner, Papstversteher, Papststimme: «Wenn man immer sagt, ‹Wenn der Papst doch moderner wäre, würde es der Kirche in Europa besser gehen›, dann halte ich das für wahnsinnig oberflächlich» Warum das denn? Die Begründung im Tagesgespräch nach den Schlagzeilen dieses Mittags. … Er kann nicht mehr, er will nicht mehr, Papst Benedikt XVI. Was bedeutet dieser Rücktritt für die katholische Kirche? Wie gross sind die Chancen für eine Erneuerung und werden nun jüngere Päpste gewählt? Im Tagesgespräch von Radio SRF 1 ist Pater Eberhard von Gemmingen. Er ist Theologe, er kennt den Papst seit vielen Jahren und als ehemaliger Leiter des Dienstes von Radio Vatikan, war er so etwas wie die Stimme des Papstes. Der 76jährige ist heute Spendensammler der deutschen Jesuiten. Die Frage stellt Urs Siegrist. Hören Sie hier eine Aufzeichnung der Sendung Papst Benedikt XVI. Rücktritt – SRF-Interview mit P. von Gemmingen SJ. Ein sehr aufschlussreiches Interview vom ehemaligen Leiter der deutsprachigen Abteilung von Radio Vatikan.
Weitere Hinweise und Quellen
Schweizer Radio und Fernsehen SRF, Radio SRF1: Interview von Urs Siegrist mit P. von Gemmingen SJ (vom 12. Februar 2013)
Papst Benedikt XVI. tritt zurück – Daten und Fakten
Papst Benedikt XVI. will zurücktreten. Das kündigte der 85-Jährige an diesem Montag überraschend bei einem Treffen mit Kardinälen an. Er sei „zur Gewißheit gelangt, dass meine Kräfte infolge des vorgerückten Alters nicht mehr geeignet sind, um in angemessener Weise den Petrusdienst auszuüben“, so der Papst wörtlich. Ab dem 28. Februar, 20.00 Uhr, ist der Bischofsstuhl von Rom damit vakant, und ein neues Konklave steht am Horizont. Es ist der erste angekündigte Rücktritt eines Papstes in der Neuzeit. Nach seiner Ankündigung herrschte für einen Moment fassungsloses Schweigen unter den im Apostolischen Palast versammelten Kardinälen. Benedikt XVI. kündigte seinen Rücktritt auf Latein an. Fassungsloses Schweigen unter den im Apostolischen Palast versammelten Kardinälen weiterlesen →