Einladung des päpstlichen Familienrates zur Familienwallfahrt nach Rom
Papst Franziskus hat am Sonntag, 27. Oktober auf dem Petersplatz vor rund 100.000 Gläubigen einen Gottesdienst zum Abschluss eines großen zweitägigen Familientreffens im Vatikan gefeiert, das anlässlich des Jahres des Glaubens stattfand. Eingeladen hat dabei der päpstliche Familienrat. Ausgangspunkt der Papstpredigt war das Tagesevangelium nach Lukas (vgl. Lk 18, 9-14) zum 30. Sonntag im Jahreskreis: Einigen, die von ihrer eigenen Gerechtigkeit überzeugt waren und die anderen verachteten, erzählte Jesus dieses Beispiel: Zwei Männer gingen zum Tempel hinauf, um zu beten; der eine war ein Pharisäer, der andere ein Zöllner. Der Pharisäer stellte sich hin und sprach leise dieses Gebet: Gott, ich danke dir, dass ich nicht wie die anderen Menschen bin, die Räuber, Betrüger, Ehebrecher oder auch wie dieser Zöllner dort. Ich faste zweimal in der Woche und gebe dem Tempel den zehnten Teil meines ganzen Einkommens. Der Zöllner aber blieb ganz hinten stehen und wagte nicht einmal, seine Augen zum Himmel zu erheben, sondern schlug sich an die Brust und betete: Gott, sei mir Sünder gnädig! Ich sage euch: Dieser kehrte als Gerechter nach Hause zurück, der andere nicht. Denn wer sich selbst erhöht, wird erniedrigt, wer sich aber selbst erniedrigt, wird erhöht werden. Wort des lebendigen Gottes. Lob sei Dir Christus! Die folgende Papstpredigt setzt sich aus einer Kombination der Live-Übertragungen von Radio Vatikan (Video Player) und Radio Horeb (Podcast) und den Originaltext von Radio Vatikan zusammen.
Erstes Merkmal einer christlichen Familie: Die Familie betet!
Liebe Familien, liebe Brüder und Schwestern, die Lesungen dieses Sonntags laden uns ein, über einige grundlegende Merkmale der christlichen Familie nachzudenken. Das erste: die Familie, die betet. Der Abschnitt aus dem Evangelium stellt zwei Arten zu beten heraus, eine falsche – die des Pharisäers – und eine andere, echte – die des Zöllners. Der Pharisäer verkörpert eine Haltung, die nicht den Dank an Gott für seine Wohltaten und seine Barmherzigkeit, sondern vielmehr Selbstzufriedenheit ausdrückt. Der Pharisäer fühlt sich gerecht, er fühlt sich in Ordnung und verurteilt die anderen von der Höhe seines Podestes aus. Der Zöllner dagegen macht nicht viele Worte. Sein Gebet ist demütig, nüchtern, durchdrungen von dem Bewusstsein der eigenen Unwürdigkeit, der eigenen Schwächen: Dieser Mann bekennt, dass er der Vergebung Gottes bedarf.
Das Gebet des Zöllners ist das des Armen, es ist das Gebet, das Gott gefällt, es »dringt durch die Wolken«, wie die erste Lesung sagt (Sir 35, 21), während das des Pharisäers beschwert ist vom Ballast der Eitelkeit. Im Licht dieses Wortes möchte ich euch, liebe Familien, fragen: Betet ihr manchmal in der Familie? Einige ja, ich weiß es. Aber viele sagen mir: Wie kann man das tun? Das Gebet ist etwas Persönliches. Wie kann man das in der Familie tun? Dann gibt es nie einen passenden, ruhigen Moment dafür. Ja, das stimmt, doch es ist auch eine Frage der Demut zu bekennen, dass wir Gott brauchen, wie der Zöllner! Und alle Familien, wir alle, brauchen Gott. Wir brauchen seine Kraft und seinen Segen und seine Vergebung. Und es erfordert Einfachheit! Um in der Familie zu beten, braucht es Einfachheit. Gemeinsam am Tisch das „Vaterunser“ beten, das ist möglich. Und gemeinsam in der Familie den Rosenkranz beten, ist sehr schön und gibt viel Kraft! Und füreinander beten! Die Frau für den Mann, der Mann für die Frau, für die Kinder beten, für die Grosseltern. Das heisst: In der Familie beten.
Zweites Merkmal einer christlichen Familie: Die Familie bewahrt den Glauben!
Die zweite Lesung gibt uns eine weitere Anregung: Die Familie bewahrt den Glauben. Der Apostel Paulus zieht am Ende seines Lebens eine grundlegende Bilanz: »Ich habe den Glauben bewahrt« (2 Tim 4, 7). Aber wie hat er ihn bewahrt? Nicht in einem Tresor! Er hat ihn nicht in der Erde versteckt wie jener faule Knecht. Der heilige Paulus vergleicht sein Leben mit einem Kampf und einem Lauf. Er hat den Glauben bewahrt, weil er sich nicht darauf beschränkt hat, ihn zu verteidigen, sondern er hat ihn verkündet, ausgestrahlt, in die Ferne gebracht. Er hat sich entschieden denen widersetzt, die die Botschaft Christi innerhalb der Grenzen Palästinas bewahren, ihn „einbalsamieren“ wollten. Dafür hat er mutige Entscheidungen getroffen, ist in feindliche Gebiete gegangen, hat sich von den Fernstehenden, von anderen Kulturen provozieren lassen, hat freimütig ohne Angst gesprochen. Der heilige Paulus hat den Glauben bewahrt, weil er ihn, wie er ihn empfangen hatte, weitergegeben hat, indem er bis an die Peripherien vorgedrungen ist, ohne sich in Verteidigungspositionen zu verschanzen.
Auch hier können wir uns fragen: In welcher Weise bewahren wir den Glauben? In unseren Familien? Behalten wir ihn für uns, in der Familie, wie ein Privateigentum, oder verstehen wir, ihn zu teilen durch das Zeugnis, durch Aufnahmebereitschaft, durch die Öffnung gegenüber den anderen? Wir alle wissen, dass die Familien, besonders die jungen, oft in Eile, gleichsam im „Wettlauf“ mit der Zeit sind und sehr viel zu tun haben; aber denkt ihr auch manchmal daran, dass dieser „Wettlauf“ auch der des Glaubens sein kann? Gestern haben wir hier auf dem Petersplatz das Zeugnis vieler Familien gehört. Die christlichen Familien sind missionarische Familien im alltäglichen Leben, indem sie ihren Alltagsbeschäftigungen nachgehen und in alles das Salz und den Sauerteig des Glaubens hineingeben!
Drittes Merkmal einer christlichen Familie: Die Familie lebt die Freude!
Einen letzten Aspekt gewinnen wir aus dem Wort Gottes: die Familie, die die Freude lebt. Im Antwortpsalm heißt es: »Die Armen sollen es hören und sich freuen« (Ps 34,3). Dieser ganze Psalm ist ein Lobgesang an den Herrn, der Quelle der Freude und des Friedens. Und was ist der Grund dieser Freude? Es ist dieser: Der Herr ist nahe, er erhört das Rufen der Demütigen und befreit sie vom Bösen. Das schrieb auch der heilige Paulus: »Freut euch im Herrn zu jeder Zeit … der Herr ist nahe!« (Phil 4, 4-5).
Ich würde heute gern eine Frage stellen; jeder soll sie mit nach Hause, in seinem Herzen tragen und sich selbst darauf eine Antwort geben: Wie steht es mit der Freude in deiner eigenen Familie? In meiner Familie? Liebe Familien, ihr wisst das genau: Die wahre Freude, die man in der Familie genießt, ist nicht etwas Oberflächliches, kommt nicht von den Dingen, von günstigen Umständen. Die wahre Freude kommt aus einer tiefen Harmonie zwischen den Menschen, die alle im Herzen spüren und die uns die Schönheit des Zusammenseins, der gegenseitigen Unterstützung auf dem Weg des Lebens empfinden lässt. Doch das Fundament dieses Gefühls tiefer Freude ist die Gegenwart Gottes in der Familie, seine aufnahmebereite, barmherzige, respektvolle Liebe allen gegenüber. Die Geduld ist eine Tugend Gottes. In der Familie braucht es diese geduldige Liebe. Geduld mit uns haben, geduldige Liebe! Allein Gott weiß die Harmonie der Verschiedenheiten zu schaffen. Wenn die Liebe Gottes fehlt, verliert auch die Familie ihre Harmonie, setzen sich die Individualismen durch und erlischt die Freude. Die Familie, hingegen, welche die Freude des Glaubens lebt, gibt sie spontan weiter, ist Salz der Erde und Licht der Welt, ist Sauerteig für die Gesellschaft.
Liebe Familien, lebt stets im Glauben und in der Einfachheit wie die heilige Familie von Nazareth. Die Freude und der Friede des Herrn seien immer mit euch!
Gebet von Papst Franziskus an die Heilige Familie von Nazareth
Jesus, Maria und Josef,
auf euch, heilige Familie von Nazareth,
richten wir heute unseren Blick
mit Bewunderung und Zuversicht;
in euch betrachten wir
die Schönheit der Gemeinschaft in wahrer Liebe;
euch empfehlen wir alle unsere Familien an,
dass sich in ihnen das Wunder der Gnade erneuert.
Heilige Familie von Nazareth,
faszinierende Schule des Evangeliums:
lehre uns, deine Tugenden nachzuvollziehen
mit einer weisen geistlichen Ordnung,
schenke uns einen klaren Blick,
der uns das Werk der Vorsehung
in der alltäglichen Wirklichkeit
erkennen lässt.
Heilige Familie von Nazareth,
treuer Wahrer des Geheimnisses der Erlösung:
schenke uns neu das Wertschätzen der Stille,
mach unsere Familien zu Orten des Gebetes
und lass sie zu kleinen Hauskirchen werden,
erneuere das Verlangen nach Heiligkeit,
stütze uns in der edlen Anstrengung der Arbeit, in der Erziehung,
dem Zuhören, im gegenseitigen Verstehen und im Verzeihen.
Heilige Familie von Nazareth,
wecke in unserer Gesellschaft das Bewusstsein
des heiligen und unverletzlichen Charakters der Familie,
eines unschätzbaren und unersetzlichen Gutes.
Jede Familie sei ein gastfreundliches Heim der Güte und des Friedens
für die Kinder und für die Alten,
für die Kranken und die Einsamen,
für die Armen und Bedürftigen.
Jesus, Maria und Josef,
euch bitten wir voll Vertrauen, euch vertrauen wir uns mit Freude an.
Weitere Hinweise und Quellen
- Podcast von Radio Horeb (MP3-Audio): Familienwallfahrfahrt nach Rom – Predigt von Papst Franziskus
- Gudrun Sailer, Radio Vatikan (mit Text & Ton): Franziskus: „Glaube ist kein Privateigentum“
- Radio Vatikan (nur Text): Die Papstpredigt vom 27. Oktober 2013 im Volltext
- Radio Vatikan (mit Text und Ton): Gebet an die Heilige Familie von Nazareth
- Die Römische Kurie: Päpstlicher Rat für die Familie
- Mario Galgano, Radio Vatikan (mit Text & Ton): Papst an Familien: „Gott kennt die Lasten des Familienlebens“
- Radio Vatikan (mit Text & Ton): „Es ist nicht gut, dass die Familie alleine sei“: Familientreffen auf dem Petersplatz
2 thoughts on “Die Familie betet einfach zu Gott, bewahrt den Glauben an Gott und (er)lebt die wahre Freude Gottes”