CERN trägt zu einer signifikanten Erkenntnis in der Diskussion um den Klimawandel bei

Amine tragen mehr zum Klimawandel bei als die kosmische Strahlung

Die CLOUD-Forscher am CERN in Genf haben am 6. Oktober in der Zeitschrift Nature einen Bericht veröffentlicht, der einen Schritt näher zur Lösung des Rätsels rund um den Klimawandel führt. Die Frage nämlich, wie Aerosole – kleine feste oder flüssige Partikelchen freischwebend in der Luft – in der Atmosphäre gebildet werden und welche Gase dafür verantwortlich sind, beschäftigt die Forschung schon seit längerer Zeit. Nun haben sie am CERN nachgewiesen, dass Amine einen weit grösseren Einfluss auf die Bildung von Aerosolen haben, als bisher angenommen. Ein andere Gruppe (Astrophysiker) von Wissenschaftlern hat bisher angenommen, dass die vier spiralförmigen Arme unserer Milchstrasse unsere Erdatmosphäre einer erhöhten kosmischen Strahlung aussetze würden, wenn unser Sonnensystem durch einen der Arme wandert, und so das Klima auf der Erde verändere. Aber auch diese Vermutung dieser Astrophysiker scheint mit den Ergebnissen der CLOUD-Forscher in den Hintergrund zu treten, weil offenbar die kosmische Strahlung auch nicht so grossen Einfluss hat, wie angenommen.

Was ist eigentlich der Hintergrund des CLOUD-Experiments?

Das CLOUD-Experiment am CERN geht eines der herausforderndsten und langwierigsten Probleme in der Atmosphärenforschung an, nämlich zu verstehen wie neue Aerosolpartikel in der Atmosphäre entstehen und welche Auswirkungen diese Partikel aufs Klima haben. Atmosphärische Aerosolpartikel kühlen das Klima ab, indem sie das Sonnenlicht reflektieren und indem sie kleinere aber zahlenmässig mehr Tröpfen in den Wolken heranbilden, die die Wolken heller und langlebiger machen. Die durch menschliche Aktivitäten verursachte Zunahme von Aerosol in der Atmosphäre wird zu einem grossen Teil durch Erwärmung kompensiert, die von Treibhausgasen herrühren. Aktuelle Schätzungen zeigen, dass etwa die Hälfte aller Tröpfen in den Wolken durch Aerosolpartikel gebildet werden, die eher durch kleine Konzentrationen von atmosphärischen Molekülen zu Bläschen gebildet werden («nucleated») als sie direkt von der Atmosphäre wie Partikel von Meerwassernebel emittiert werden. Bläschenbildung ist deshalb der wahrscheinlichere Schlüsselprozess im Klimawandel. Aber wie auch immer, der physikalische Mechanismus der Bläschenbildung ist noch nicht vollends erforscht. Wir verstehen auch nicht, welche Moleküle die Bläschenbildung bewirken, und ob sie von natürlichen Quellen herkommen oder durch menschliche Aktivitäten.
Bild: CERN

Was hat das CLOUD Experiment untersucht?

Im CLOUD Experiment wurde die Bildung von neuen atmosphärischen Partikeln in einer speziell konstruierten Kammer, wo unter Laborbedingungen Temperatur, Feuchtigkeit und  Konzentration von bläschenbildenden Dämpfen gut kontrollierbar sind. Die Wissenschaftler haben die Bildung von Partikeln gemessen, die durch Schwefelsäure und sehr kleinen Konzentrationen von ungefähr einem Molekül Dimethylamin auf eine Trillion (1012) Luftmoleküle gebildet werden. Amine sind atmosphärische Dämpfe, die mit Ammoniak eng verwandt sind und die von menschlichen Aktivitäten (hauptsächlich Tierhaltung) herrühren, aber auch von den Ozeanen, Verschmutzung und Verbrennung von Biomasse  Die Spezialisten untersuchten die Bildung der Partikel im Zusammenhang mit Aminen, weil die bekannt sind, dass sie stabile chemische Verbindungen mit Schwefelsäure eingehen, Ihr Präsenz mag erklären, warum Bläschenbildung oft in der tiefer gelegenen Atmosphäre beobachtet werden.

Was ist denn so speziell am CLOUD Experiment?

Indem das Knowhow aus der Teilchenforschung des CERN angewendet wird, wird in der CLOUD-Kammer eine viel kleinere Konzentration von Kontaminat (Verschmutzung) erreicht als dies bei früheren Experimenten der Fall war. Dies ermöglichte die Messung der Bläschenbildung aufgrund einer kontrollierten Menge von Spurengas ohne den unerwünschten Effekt von ungewollten Gasen. Die modernen Instrumente, die an die CLOUD-Kammer angeschlossen werden können, messen extrem tiefe Konzentrationen von atmosphärischem Dampf und die molekulare Bildung und Wachstum von neuartigen Molekularklümpchen, von einen einzelnen Molekül bis zu stabilen Aerosolpartikeln. Ein anderes vorzügliches Merkmal der CLOUD ist die Messung der Bläschenbildung in Kombination mit kosmischer Strahlung, erzeugt vom CERN Pion Beam, im Intensitätsbereich wie sie auf Meereshöhe üblich ist bis hinauf in atmosphärische Höhen. Oder man kann mit der Anlage auch den Effekt der Ionisation durch ein internes elektrisches Feld komplett unterdrücken.

Was wurde beim CLOUD-Experiment entdeckt und so wichtig für Klima?

Die Wissenschaftler haben zeigen können, dass Amine bei einer typischen atmosphärischen Konzentration von nur gerade einigen Molekülen pro Trillion Luftmoleküle, kombiniert mit Schwefelsäure, hochstabile Aerosolpartikel bilden, so wie sie in Natura in den unteren Atmosphären auftreten. Das ist das erste Mal, dass – sowohl im Labor als auch in der Atmosphäre – die Bildungsrate von atmosphärischen Aerosolpartikel reproduziert werden konnte oder mit Hilfe von Klümpchen identifiziert werden konnte, deren molekulare Zusammensetzung genau bekannt ist. Die genauen Messresultate haben die Forscher befähigt, ein Fundamentalmodell beim Bläschenbildungsprozess auf Stufe Moleküle zu erstellen, indem sie zeigen, dass sich experimentelle Messungen durch Quantum-chemische Berechnungen von Molekularklümpchen nachrechnen lassen. Die Resultate legen nahe, dass sowohl natürliche wie menschliche Quellen von Aminen das Klima auf der Erde beeinflussen können. Im Besonderen heisst das, dass «Amine Scrubbing» wahrscheinlich die dominante Technik für die CO2-Gewinnung von fossilen Brennstoffen sein wird, so dass menschliche Amin-Emissionen in Zukunft eher noch zunehmen werden. Die Ausbreitung dieser Amine in sonst unberührte Regionen könnte neue Partikel in der Atmosphäre verursachen und am Kühlungseffekt der Partikel am Klima teilhaben.
Die Forsche haben ausserdem gezeigt, dass die Ionisation durch kosmische Strahlen vernachlässigbar sind für die Bildung der Aerosolpartikel in der Atmosphäre. Ihre Messungen lassen aber die Möglichkeit offen, dass die Bläschenbildung von Schwefelsäurepartikel in den tieferen Atmosphärenschichten mit anderen Dämpfen reagieren, wo der Effekt der Ionisation mit kosmischen Strahlen anders ablaufen könnte.

Weitere Hinweise und Quellen

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