Gewalt wird in Liebe umgewandelt und so Tod in Leben, die Kernspaltung im innersten des Seins

Exerzitien zur Fastenzeit Teil XI mit Benedikt XVI. aus acht Jahren Pontifikat

Bild: berlinertageszeitung.deLaudetur Jesus Christus! Hier ist Radio Vatikan. Radioexerzitien in der Fastenzeit. Willkommen zu unserer Sendung, ich bin P. Bernd Hagenkord. In dieser vorletzten Folge unserer Radioexerzitien mit Texten, Predigten und Ansprachen von Papst Benedikt XVI. nähern wir uns den heiligen Tagen. Wir hören heute Gedanken zur Hingabe Jesu, seine Hingabe in den Gaben von Brot und Wein und seine Hingabe am Kreuz. Wir nähern uns dem Leiden Christi, der heiligen Woche und damit der Feier von Kreuz und Auferstehung. Papst Benedikt hat immer wieder in seinen Katechesen und Predigten den inneren Zusammenhang all dieser Geheimnisse und Geschehnisse erläutert, besonders mit Bezug auf den Apostel Paulus, dem seine eigene Theologie viel verdankt. Mit einem solchen Verweis wollen wir diese Sendung beginnen. Im Kreuze Christi bündelt sich wie in einem Brennpunkt die Theologie des heiligen Paulus. Wenn der Apostel vom Kreuz spricht, gibt er die Erlösung insgesamt in den Blick, das vom Kreuzestod Christi ausgehende Heil ist Geschenk der Gnade, die unserem Tun vorausgeht. Im Kreuz offenbart sich die unentgeltliche und barmherzige Liebe Gottes zu den Menschen. Es ist das Herzstück der christlichen Botschaft.

Für die jüdischen Glaubensgenossen des heiligen Paulus hingegen war das Kreuz ein Ärgernis, ein Hindernis des Glaubens, das dem Wesen Gottes selbst zu widersprechen schien. Es forderte zu einer neuen Gottesbeziehung heraus. Für das griechische Denken seiner Zeit stand das Kreuz zudem im Widerspruch zur Vernunft: Es ist Torheit, eine Beleidigung des gesunden Menschenverstandes. Schon ein Gott, der Mensch wird und sich in Raum und Zeit eingrenzen lässt, ist für die Griechen unannehmbar und zu glauben, dass Gott am Kreuz enden könnte, erst recht unvorstellbar. Für Paulus aber ist das Kreuz Gottes Kraft und Weisheit. Der Gekreuzigte enthüllt, wer Gott wirklich ist und wie Gott wirklich ist. Nicht so wie wir ihn uns ausdenken, gewaltig, mächtig und dreinschlagend, sondern die Macht unerschöpflicher Liebe, die sich bis in den Tod hineingibt. Christus ist für alle und für jeden einzelnen gestorben, jeder kann sagen: «Er ist für mich gestorben.» Und zugleich wissen wir, dass er für alle es getan hat. Er hat Gott mit uns versöhnt. In der Schwachheit des Kreuzes entdecken wir die Kraft des Geistes Gottes, im Blick auf das Kreuz können wir unsere eigene Schwachheit annehmen und der unser Leben tragenden Liebe Christi gewiss werden. Getauft auf Christi Tod und Auferstehung wollen wir unser Leben unter das Geheimnis des Kreuzes, des Zeichens der Liebe Gottes stellen und mit Paulus sagen: Ich will mich allein des Kreuzes Jesu Christi, unseres Herrn, rühmen, durch das mir die Welt gekreuzigt ist und ich der Welt. Werden wir nicht müde, die Liebe des Gekreuzigten in Wort und Tat zu verkünden. Bitten wir den Herrn, dass er uns verstehen und lieben lehrt.

[4:23] Im Kreuz ist Liebe. Wir feiern in den Kar- und Ostertagen die wahre Verwandlung, die sich uns in der Gedächtnis- und Vergegenwärtigungsfeier der Eucharistie immer wieder neu zeigt.

[4:36] In der Eucharistie soll Anbetung Vereinigung werden. Mit der Eucharistiefeier stehen wir in der Stunde Jesu, von der das Johannesevangelium spricht. Durch die Eucharistie wird diese seine Stunde unsere Stunde, Gegenwart unter uns. Mit den Jüngern feiert er das Paschamahl Israels, das Gedächtnis der befreienden Tat Gottes, die Israel aus der Knechtschaft ins Freie führte. Jesus folgt den Riten Israels, er spricht das Preis- und Segensgebet über das Brot. Aber nun geschieht Neues: Er dankt Gott nicht nur für die grossen Taten der Vergangenheit, er dankt ihm für seine Erhöhung, die im Kreuz und in der Auferstehung geschieht. Dabei spricht er auch zu den Jüngern mit Worten, die die Summe von Gesetz und Propheten in sich tragen: Dies ist mein Leib, der für euch hingegeben wird. Dieser Kelch ist der neue Bund in meinem Blut. Und so teilt er Brot und Kelch aus und trägt ihnen zugleich auf, das, was er jetzt sagt und tut, immer neu zu sagen und zu tun, zu seinem Gedächtnis.

[6:54] Was geschieht da? Wie kann Jesus seinen Leib austeilen und sein Blut? Indem er Brot zu seinem Leib und Wein zu seinem Blut macht und austeilt, nimmt er seinen Tod vorweg, nimmt er ihn von innen her an und verwandelt ihn in eine Tat der Liebe. Was von aussen her brutale Gewalt ist, die Kreuzigung, wird von innen her ein Akt der Liebe, die sich selber schenkt, ganz und gar. Dies ist die eigentliche Wandlung, die im Abendmahlsaal geschah und die dazu bestimmt war, einen Prozess der Verwandlungen in Gang zu bringen, dessen letztes Ziel die Verwandlung der Welt dahin ist, dass Gott alles in allem sei. Alle Menschen warten immer schon irgendwie in ihrem Herzen auf eine Veränderung und Verwandlung der Welt. Dies nun ist der zentrale Verwandlungsakt, der allein wirklich die Welt erneuern kann. Gewalt wird in Liebe umgewandelt und so Tod in Leben. Weil er den Tod in Liebe umformt, darum ist der Tod als solcher schon von innen her überwunden und Auferstehung schon in ihm da. Der Tod ist gleichsam von innen verwundet und kann nicht mehr das letzte Wort sein. Das ist sozusagen die Kernspaltung im innersten des Seins, der Sieg der Liebe über den Hass, der Sieg der Liebe über den Tod. Nur von dieser innersten Explosion des Guten her, die das Böse überwindet, kann dann die Kette der Verwandlungen ausgehen, die allmählich die Welt umformt. Alle anderen Veränderungen bleiben oberflächlich und retten nicht. Darum sprechen wir von Erlösung. Das zuinnerst Notwendige ist geschehen und wir können in diesen Vorgang hineintreten. Jesus kann seinen Leib austeilen, weil er wirklich sich selber gibt.

[10:36] Weil wir ein Brot sind, sind wir viele auch ein Leib, sagt der heilige Paulus. Er will damit sagen, weil wir den gleichen Herrn empfangen und er uns aufnimmt, in sich hineinzieht, sind wir auch untereinander eins. Aber das muss sich im Leben zeigen, es muss sich zeigen in der Fähigkeit des Vergebens, es muss sich zeigen in der Sensibilität für die Nöte des anderen, es muss sich zeigen in der Bereitschaft zu teilen, es muss sich zeigen im Einsatz für den Nächsten, den Nahen wie den äusserlich Fernen, der uns angeht. Heute gibt es Formen des Voluntariats, Gestalten des gegenseitigen Dienens, die gerade unsere Gesellschaft dringend braucht. Wir dürfen zum Beispiel die alten Menschen nicht ihrer Einsamkeit überlassen, an den Leiden nicht vorbeigehen. Wenn wir von Christus her denken und leben, dann gehen uns die Augen auf und dann leben wir nicht mehr für uns selber dahin, sondern dann sehen, wir wo und wie wir gebraucht werden. Wenn wir so leben und handeln, merken wir alsbald, dass es viel schöner gebraucht zu werden und für die anderen da zu sein, als nur nach den Bequemlichkeiten zu fragen, die uns angeboten werden.

[12:59] Dank und Segen, Dank wird zu Segen, zur Hingabe Gottes. Noch einmal fasst Benedikt XVI. die Geheimnisse um den gewaltsamen Tod Jesu und seine freiwillige Hingabe für uns zusammen.

[13:11] Es ist, wie wir wissen, das Abschiedsmahl von seinen Jüngern. Vor seinem Leiden und Sterben, gibt der Herr etwas Neues: Er schenkt sich selbst als das wahre Lamm und stiftet so sein Pascha. Den Kern dieses Mahl bilden die Worte und Gesten Jesu: Das Brechen und Austeilen des Brotes sowie das Reichen des Kelches, zusammen mit dem Dankgebet und Lobpreis. Die beiden Begriffe, die uns das Neue Testament dafür überliefert, Danken und Segnen, verweist auf das grosse jüdische Dank- und Segensgebet der Bachra. Darin kommen zwei Richtungen zum Ausdruck: Es ist Dank für Gottes Gabe, der sozusagen von uns aufsteigt, und unser Dank kehrt dann als Segen von Gott her zurück. Dieser Zusammenhang der beiden Bewegungen, Dank und Segen, greifen die Einsetzungsworte der Eucharistie auf. In ihnen wird Dank zu Segen und zur Verwandlung. Wie aber kann der Herr sagen, das ist mein Leib, mein Blut, sich in Leib und Blut selber schenken, wenn er doch mitten unter seinen Jüngern steht? In diesen Gaben nimmt er sein Kreuz, seine Auferstehung vorweg, das Leben, das ihm am Kreuz entrissen wird, gibt er schon jetzt frei von sich aus hin. Und so wandelt er den gewaltsamen Tod in ein freies Opfer der Hingabe um, der Hingabe seiner selbst für Gott und für die anderen. Die Eucharistie ist wirklich Gegenwart des Herrn, Sakrament der Liebe, das uns zu seinem Gedächtnis aufgetragen ist. Der heilige Lukas hat uns noch eine spezifische Überlieferung über das Beten Jesu im letzten Abendmahl hinterlassen. Er sagt uns, dass er zu Petrus gesprochen hat, er werde für ihn beten, dass sein Glaube nicht erlösche und dass er bekehrt die Brüder stärken könne. Das Beten Jesu stützt die Jünger, stützt uns in der Schwachheit und im rechten Verständnis vom Kreuz und Auferstehung. Die Eucharistie ist auch für uns Stütze, und mehr als Stütze, ist Gemeinschaft mit dem Herrn und so mit dem lebendigen Gott. Durch die Eucharistie sind wir hineingenommen in das Beten Jesu, haben Teil am Leib und Blut des neuen Osterlammes. Bitten wir Christus, dass wir in Verbindung mit ihm auch unsere Mühsale, unser Leiden, unser Sein umwandeln dürfen in einen Akt der Liebe, der Hingabe an Gott und an den Nächsten. Der Herr begleite uns alle mit seinem Segen.

[16:32] Und damit endet diese elfte und vorletzte Folge der Radioexerzitien mit Texten und Ansprachen von Papst Benedikt XVI. Noch einmal möchte ich Sie auf die Möglichkeit hinweisen, dass wir Ihnen die gesamten Radioexerzitien auf CD zuschicken, wenn Sie uns eine kurze eMail schreiben: mailto:cd@radiovatikan.de. Ihnen alles Gute, wo immer Sie uns zuhören. Hier ist Radio Vatikan. Laudetur Jesus Christus!

Weitere Hinweise und Quellen

Nachweis der Audioausschnitte für die 11. Folge der Radioexerzitien von Radio Vatikan am 23. März 2013

  • Generalaudienzen am 29. Okt 2008 und 11. Jan 2012
  • Predigt 21. August 2005, Marienfeld bei Köln

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