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Gott achtet unsere Freiheit, zwingt uns nicht, wartet auf unser Ja und bettelt gleichsam darum

Exerzitien zur Fastenzeit Teil III mit Benedikt XVI. aus acht Jahren Pontifikat

Bild: berlinertageszeitung.deLaudetur Jesus Christus! Hier ist Radio Vatikan. Radioexerzitien in der Fastenzeit. Willkommen zu unserer Sendung, ich bin P. Bernd Hagenkord. Sie hören heute die dritte Folge unserer Radioexerzitien zur Fastenzeit gestaltet mit Texten, Ansprachen und Predigten von Papst Benedikt XVI., dessen Pontifikat in diesen Tagen zu Ende geht. «Wir heissen Kinder Gottes und wir sind es», sagt der Apostel Johannes [siehe 1 Johannes 3,1]. Unsere Antwort besteht darin, uns immer mehr auszustrecken auf die himmlische Wirklichkeit hin und zuerst das Reich Gottes und seine Gerechtigkeit zu suchen, denn dann wird uns alles andere dazugegeben [siehe Matthäus 6,33]. Leider ist uns in unserer Welt auch das Böse gegenwärtig. Es gibt eine Ablehnung Christi, die vom völligen Nein bis zur Gleichgültigkeit reicht.

Man stellt sich Jesus als postmodernen Weisheitslehrer vor und entblösst ihn seiner göttlichen Natur. Ihm halten wir die weihnachtliche Botschaft in ihrer ganzen Grösse entgegen. Jesus, wahrer Gott und wahrer Mensch besitzt, den Schlüssel zum Leben. Er bittet um Aufnahme in unsere Herzen, um uns mit der Fülle seiner Gaben zu beschenken.

2:17 In der vergangenen Folge unserer Radioexerzitien hatte Benedikt XVI. betont, dass wir unser Beten, vom Beten Jesu lernen, dass Jesus und seine Beziehung zum Vater auch uns in diese Beziehung hineinnehmen will. Wir heissen Kinder Gottes, aber wie finde ich Massstäbe für mein Leben, um es auch nach diesem Namen ausrichten zu können? Wir wollen uns in dieser dritten Folge unserer Radioexerzitien zur Fastenzeit mit Papst Benedikt XVI. dieser Frage zuwenden und hören, wie der Papst sie in einer längeren Meditation beantwortet.

3:09 Angesichts alles Schrecklichen, was in der Welt geschieht, gibt es heute Theologen, die sagen, Gott könne gar nicht allmächtig sein. Demgegenüber bekennen wir uns zu Gott dem Allmächtigen, dem Schöpfer des Himmels und der Erde. Und wir sind froh und dankbar, dass er allmächtig ist. Aber wir müssen zugleich uns bewusst werden, dass er seine Macht anders ausübt, als wir Menschen es zu tun pflegen. Er hat seiner Macht selbst eine Grenze gesetzt, indem er die Freiheit seiner Geschöpfe anerkennt. Wir sind froh und dankbar für die Gabe der Freiheit, aber wenn wir das Furchtbare sehen, das durch sie geschieht, dann erschrecken wir doch. Trauen wir Gott, dessen Macht sich vor allem im Erbarmen und Verzeihen zeigt, und seien wir sicher, liebe Gläubige, Gott sehnt sich nach dem Heil seines Volkes. Er sehnt sich nach unserem, nach meinem Heil, dem Heil eines jeden. Immer und vor allem in Zeiten der Not und des Umbruchs ist er uns nahe und schlägt sein Herz für uns, wendet er sich uns zu. Damit die Macht seines Erbarmens unsere Herzen anrühren kann, bedarf es der Offenheit für ihn, bedarf es der freien Bereitschaft, vom Bösen abzulassen, aus der Gleichgültigkeit aufzustehen und seinem Wort Raum zu geben. Gott achtet unsere Freiheit, er zwingt uns nicht, er wartet auf unser Ja und bettelt gleichsam darum.

5:42 Jesus greift dieses Grundthema der prophetischen Predigt auf. Er erzählt das Gleichnis von den beiden Söhnen, die vom Vater eingeladen werden, im Weinberg zu arbeiten. Der eine Sohn antwortet: «Ja, Herr.» Aber er ging nicht. Der andere sagt zum Vater: «Ich will nicht.» Später aber reute es ihn und er ging doch. Auf die Frage Jesu, wer von beiden den Willen des Vaters getan habe, antworten die Zuhörer zurecht: «Der Zweite.» [siehe Matthäus 21,28-31] Die Botschaft des Gleichnisses ist klar: Nicht auf das Reden, sondern auf das Tun kommt es an, auf die Taten der Umkehr und des Glaubens. Jesus richtet diese Botschaft an die Hohen Priester und die Ältesten des Volkes Israel, also an die religiösen Experten seines Volkes. Sie sagen zuerst Ja zu Gottes Willen, aber ihre Religiosität wird Routine und Gott beunruhigt sie nicht mehr. Die Botschaft Johannes des Täufers und die Botschaft Jesu empfinden sie darum als störend. So schliesst der Herr mit drastischen Worten sein Gleichnis: «Zöllner und Dirnen gelangen eher in das Reich Gottes als ihr. Denn Johannes ist gekommen, um euch den Weg der Gerechtigkeit zu zeigen und ihr habt ihm nicht geglaubt. Aber die Zöllner und Dirnen haben ihm geglaubt. Ihr habt es gesehen und doch habt ihr nicht bereut und ihm nicht geglaubt.» In die Sprache der Gegenwart übersetzt könnte das etwa so lauten: Agnostiker, die von der Frage nach Gott umgetrieben werden, Menschen, die unter ihrer Sünde leiden und Sehnsucht nach dem reinen Herzen haben, sind näher am Reich Gottes als kirchliche Routiniers, die in ihm nur noch den Apparat sehen, ohne dass ihr Herz davon berührt wäre vom Glauben. So muss das Wort alle uns sehr nachdenklich machen, ja uns erschüttern. Frage wir uns darum: «Wie steht es mit meiner persönlichen Gottesbeziehung?»

8:42 Im Evangelium ist von zwei Söhnen die Rede. Hinter ihnen steht aber geheimnisvoll ein dritter. Der erste Sohn sagt Ja, tut aber das Aufgetragene nicht. Der zweite Sohn sagt Nein, erfüllt jedoch den Willen des Vaters. Der dritte Sohn sagt Ja und tut auch, was ihm aufgetragen wird. Dieser dritte Sohn ist Gottes eingeborener Sohn Jesus Christus. Jesus sprach bei seinem Eintritt in die Welt: «Ja, ich komme um deinen Willen zu tun, o Gott.» Dieses Ja hat er nicht nur gesagt, sondern getan und durchgelitten bis in den Tod hinein. Es heisst im Christus-Hymnus: «Er war Gott gleich, hielt aber nicht daran fest, wie Gott zu sein, sondern er entäusserte sich und wurde wie ein Sklave und den Menschen gleich. Sein Leben war das eines Menschen. Er erniedrigte sich und war gehorsam bis zum Tod, bis zum Tod am Kreuz.» In Demut und Gehorsam hat Jesus den Willen des Vaters erfüllt, ist er für seine Brüder und Schwestern, für uns am Kreuz gestorben, hat uns von unserem Hochmut und Eigensinn erlöst. Danken wir ihm für seine Hingabe, beugen wir die Knie vor seinem Namen und bekennen wir mit den Jüngern der ersten Generation: Jesus Christus ist der Herr, in der Herrlichkeit Gottes des Vaters.

11:00 Christliches Leben muss stets neu an Christus Mass nehmen. Seid untereinander so gesinnt, wie es dem Leben in Christus entspricht, schreibt Paulus in der Einleitung zum Christus-Hymnus. Einige Verse vorher schon ruft er uns auf: Wenn es Ermahnung in Christus gibt, Zuspruch aus Liebe, eine Gemeinschaft des Geistes, herzliche Zuneigung und Erbarmen, dann macht meine Freude dadurch vollkommen, dass ihr eines Sinnes seid, einander in Liebe verbunden, einmütig und einträchtig [Philipper 2,1-2]. Mit der Mahnung zur Einheit verbindet Paulus den Ruf zur Demut. Er sagt: «Tut nichts aus Ehrgeiz und nichts aus Prahlerei, sondern in Demut schätze einer den andern höher ein als sich selbst. Jeder achte nicht nur auf das eigene Wohl, sondern auch auf das der anderen.» [Philipper 2,3-4] Christliche Existenz heisst Proexistenz, dasein für den anderen, demütiger Einsatz für den Nächsten und für das Gemeinwohl. Demut ist eine Tugend, die in der Welt von heute, und überhaupt im der Welt und zu allen Zeiten nicht hoch im Kurs steht. Aber die Jünger des Herrn wissen, dass diese Tugend gleichsam das Öl ist, das Gesprächsprozesse fruchtbar, Zusammenarbeit möglich und Einheit herzlich macht. Homilitas, das lateinische Wort für Demut, hat mit Humus, mit Erdnähe zu tun. Demütige Menschen stehen mit beiden Beinen auf der Erde, vor allem aber hören sie auf Christus, auf Gottes Wort, das die Kirche und jedes Glied in ihr, unaufhörlich erneuert. Bitten wir Gott um den Mut und um die Demut, den Weg des Glaubens zu gehen, aus dem Reichtum seines Erbarmens zu schöpfen und den Blick unablässig auf Christus gerichtet zu halten, auf das Wort, das alles neu macht, das für uns der Weg und die Wahrheit und das Leben und unsere Zukunft ist.

13:54 Aber wie geht das? Wie mache ich das? Papst Benedikt XVI. verweist zurück, auf das, was am Anfang dieser Betrachtung schon einmal genannt wurde, das Geheimnis der Menschwerdung und er entwickelt seine Gedanken mit den Gedanken des Evangelisten Johannes.

14:13 In seinen Schriften befasst er sich vor allem mit dem Thema der Liebe, die das besondere Merkmal des christlichen Glaubens ist. Die Liebe, das zeigt uns, ist keine abstrakte Angelegenheit. Sie bezieht sich immer auf konkrete Personen. Und er sagt uns schliesslich den grossen Satz, der einzig in der Religionsgeschichte dasteht: Gott ist die Liebe, der Urgrund allen wahren Liebens. Gott hat diese Liebe nicht oben über uns schweben gelassen, sondern er hat sie konkret in die Geschichte hereingetragen, indem er selber in seinem Sohn Mensch wurde und der menschgewordene Sohn Gottes in der totalen Hingabe am Kreuz sich uns geschenkt hat. Christus, so sagt uns Johannes in seinem ersten Brief, ist die Sühne für unsere Sünden, aber nicht nur für die unsren sondern für die der ganzen Welt. Dieses Werk der Erlösung durch die göttliche Liebe wirkt durch die Zeiten fort. Aber es will Antwort. Es will, dass in uns das sich fortsetze. So hat Jesus uns das Gebot gegeben, das er das neue nennt: Wie ich euch geliebt habe, sollt ihr einander lieben. Der Massstab ist nicht mehr bloss der Nächsten, wie sich selbst, sondern die andern lieben, wie ER uns geliebt hat. Das ist das neue Christliche, das wir nie ganz zustande bringen, aber auf das wir wenigstens zugehen wollen.

16:30 Und damit endet die dritte Folge unserer Radioexerzitien. Ihnen alles Gute, wo immer Sie uns zuhören. Hier ist Radio Vatikan. Laudetur Jesus Christus!

Weitere Hinweise und Quellen

Nachweis der Audioausschnitte für die 3. Folge der Radioexerzitien von Radio Vatikan am 23. Februar 2013

  • Generalaudienz 3. Januar 2007, Predigt in Freiburg 25. Sept 2011 und Generalaudienz 9. August 2006

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